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BEFRISTUNG
Personal- und Nachwuchsplanung und
eine ausgewogene Altersstruktur ermög-
lichen.“
Arbeitsvertragliche Altersbefristungen
Nicht abschließend geklärt ist die Frage,
ob arbeitsvertraglich in Bezug genom-
mene Altersbefristungen in Tarifverträ-
gen europarechtskonform sind. Zwar
dürfte nach Auffassung des Autors ei-
ne Inbezugnahme zumindest bei tarif-
gebundenen Arbeitgebern ausreichend
sein, da durch die Inbezugnahme nur ei-
ne Gleichstellung von tarifgebundenen
Mitarbeitern zu nicht tarifgebundenen
Mitarbeitern bewirkt wird und die Ar-
gumentation des Europäischen Gerichts-
hofs (EuGH), die Tarifvertragsparteien
könnten die Notwendigkeit einer Alters-
befristung am besten beurteilen, auch
hier gilt. Bei nicht tarifgebundenen Ar-
beitgebernwärensolcheVereinbarungen
hingegen eher wie arbeitsvertragliche
Altersbefristungen zu beurteilen, zu de-
nen eine abschließende Entscheidung
durch den EuGH noch aussteht.
Da aber eine Inbezugnahme auch dem
Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4
TzBfG nicht genügt (wie dies zum Bei-
spiel Ulrich Preis in „Der Arbeitsver-
trag“, II A 20 Rn. 2, vertritt) und bereits
deshalb unwirksam sein könnte, emp-
fiehlt es sich in jedem Fall, eine Alters-
befristung vorsorglich explizit in den
Arbeitsvertrag aufzunehmen.
Das Bundesarbeitsgericht hält ar-
beitsvertragliche Altersbefristungen für
zulässig, wenn der Arbeitnehmer nach
der Vertragsdauer eine gesetzliche Al-
tersrente erwerben kann oder bereits
erworben hat (Urteil vom 27.7.2005, 7
AZR 443/04). Da der Europäische Ge-
richtshof maßgeblich auf die Kompe-
tenz der Tarifvertragsparteien abstellt,
die Situation der jeweiligen Branche
zu beurteilen, lässt sich nicht sicher
vorhersagen, wie er arbeitsvertragliche
Altersbefristungen beurteilen würde.
Allerdings dürfte angesichts der großen
Anzahl von Arbeitnehmern, die über das
Erreichen der Regelaltersgrenze hinaus
weiterarbeiten möchte, ein überwie-
gendes arbeits- und sozialpolitisches In-
teresse bestehen, Altersbefristungen für
zulässig zu erachten, da ansonsten der
Arbeitsmarkt für junge Arbeitnehmer
noch schwerer zugänglich würde.
Da befristete Verträge ordentlich nur
kündbar sind, wenn das Recht dazu vor-
behalten wird, ist bei der Gestaltung des
Arbeitsvertrags darauf zu achten, dass
ein entsprechendes Kündigungsrecht
vorgesehen wird.
Altersbefristungen
in Betriebsvereinbarungen
Nach den dargestellten Rahmenbedin-
gungen sind grundsätzlich auch Alters-
befristungen in Betriebsvereinbarungen
zulässig. Aber Achtung: Eine betriebs-
verfassungsrechtlich vereinbarte Al-
tersbefristung ist gegenüber solchen
Arbeitnehmern nicht durchsetzbar, mit
denen vor Abschluss der Betriebsverein-
barung ein unbefristeter Arbeitsvertrag
geschlossen wurde. Denn in diesem Fall
gilt aus Arbeitnehmersicht das Günstig-
keitsprinzip. Der Arbeitnehmer darf
sich auf die Regelung berufen, die für
ihn günstiger ist. Das ist in diesem Fall
der vor der Betriebsvereinbarung abge-
schlossene unbefristete Arbeitsvertrag.
Altersbefristung vor
Erreichen der Regelaltersgrenze
Altersbefristungen auf ein Alter vor Er-
reichen der Regelaltersgrenze hält das
BAG für zulässig, wenn das Erreichen
eines bestimmten Lebensalters wegen
der Tätigkeit zu einer Gefährdung wich-
tiger Rechtsgüter führen kann. Dies sei
Bei bloßer Inbezugnahme auf eine tarifliche
Altersbefristung steht eine abschließende
Entscheidung durch den EuGH noch aus.
RECHTSGRUNDLAGEN
Gesetze, die bei Altersbefristungen zu beachten sind (Auszüge)
§ 14 Abs. 4 TzBfG
Die Befristung eines Arbeitsvertrags ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen
Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn [...] in der
Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen.
§ 41 SGB VI
Der Anspruch des Versicherten auf eine Rente wegen Alters ist nicht als ein Grund
anzusehen, der die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber nach
dem Kündigungsschutzgesetz bedingen kann. Eine Vereinbarung, die die Beendigung
des Arbeitsverhältnisses eines Arbeitnehmers ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vor-
sieht, zu dem der Arbeitnehmer vor Erreichen der Regelaltersgrenze eine Rente wegen
Alters beantragen kann, gilt dem Arbeitnehmer gegenüber als auf das Erreichen der
Regelaltersgrenze abgeschlossen, es sei denn, dass die Vereinbarung innerhalb der
letzten drei Jahre vor diesem Zeitpunkt abgeschlossen oder von dem Arbeitnehmer
innerhalb der letzten drei Jahre vor diesem Zeitpunkt bestätigt worden ist.