Seite 68 - personalmagazin_10_2011

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b das Recht besteht, einen Arbeitsplatz mit einer Videokamera zu
überwachen, ist arbeitsrechtlich umstritten. Unabhängig davon stellt
sich die Frage, ob eine Aufzeichnung in einem Gerichtsprozess als
zulässiges Beweismittel eingesetzt werden kann. Dies hatte der Inhaber eines
Brauhauses vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf gefordert. Er wollte mit der
heimlichen Aufnahme beweisen, dass die ausgeschenkten Biere nicht korrekt
abgerechnet wurden. Das Arbeitsgericht lehnte den Beweisantrag ab, denn
nicht jeder pauschale Verdacht auf Unterschlagung von Getränken rechtfertige
eine heimliche Videoüberwa-
chung. Einem solchen Antrag
sei nur nachzugehen, wenn der
Arbeitgeber aufgrund tatsäch-
licher und nachprüfbarer An-
haltspunkte seinen Verdacht
konkretisieren könne. Da dies
nicht der Fall war, unterlägen
die gewonnenen Daten einem
Beweisverwertungsverbot. Die
Aufnahmen müssten daher
im arbeitsrechtlichen Prozess
ignoriert werden, selbst wenn
aus der Videoaufzeichnung ein-
deutig hervorginge, dass falsch
eingeschenkt wurde (Arbeits-
gericht Düsseldorf, Urteil vom
9.5.2011, Az. 11 Ca 7326/10).
RECHT
NEWS
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an thomas.muschiol@personalmagazin.de
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NACHRICHTEN
Absage an fleißige Beamte
Sofern es Beamte geben sollte, die
auf ein Weiterarbeiten jenseits des
65. Lebensjahres bestehen, haben
diese schlechte Karten. Der EuGH hat
entschieden, dass die Regelaltersgrenze
von 65 Jahren für Beamte europarecht-
lich nicht zu beanstanden ist.
EuGH, Urteil vom 21.7.2011, Az. C-159/10t
Zusatzbeiträge der DAK
Jetzt hat es auch die Deutsche Ange-
stellten Krankenkasse (DAK) erwischt.
Das Sozialgericht Berlin hat am 10.
August 2011 entschieden, dass Zusatz-
beiträge zu Unrecht erhoben wurden.
Die Krankenkasse habe ihre Mitglieder
nicht ausreichend auf ihr Sonderkündi-
gungsrecht hingewiesen.
SG Berlin, Az. S 73 Kr 2306/10
Lebenspartnerschaften
Das Sozialgericht München hat mit
einem Urteil vom 22. Juli 2011 die
Gleichstellung Homosexueller gestärkt.
Danach haben diese grundsätzlich
das Recht auf die sofortige Zahlung
von Arbeitslosengeld, wenn sie ihren
Arbeitsplatz aufgeben, um zum Partner
in eine andere Stadt zu ziehen
SG München, Az. AL 816/08
Streit um Ein-Euro-Jobs
In seltener Einmütigkeit äußern
sich der Gewerkschaftsbund und die
Bundesvereinigung der Deutschen
Arbeitgeberverbände zum Einsatz von
Ein-Euro-Jobbern. Sie fordern ein echtes
Mitspracherecht über die Fragen von
Einsatzfeldern geförderter Beschäfti-
gungsmaßnahmen. Konkret solle dies
mit einem Vetorecht seitens BDA und
DGB verbunden sein. Nur so könnten
Wettbewerbsbeeinträchtigungen durch
öffentliche Beschäftigung vermieden
werden.
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AKTUELLES
Kosten der Berufsausbildung sind
nachträglich steuerlich abzusetzen
M
it einem von Fachleuten
als sensationell beurteil-
ten Richterspruch erlitt die
Steuerverwaltung eine herbe Nieder-
lage. Diese lehnte es bisher rigoros
ab, dass Berufsanfänger Kosten ihrer
Ausbildung nachträglich steuerlich
geltend machen können. Insbeson-
dere bei teuren Spezialausbildungen
könnte dieses Urteil bei zahlreichen
Berufsanfängern dazu führen, dass
sie in den ersten Jahren nur ver-
hältnismäßig wenig, in Einzelfällen
sogar gar keine Steuern zahlen müs-
sen. Wenn diese Rechtsprechung von
der Fachwelt meist im Konjunktiv
beschrieben wird, so hat dies einen
Grund: Niemand glaubt daran, dass
die Finanzverwaltung die Entschei-
dung kampflos akzeptiert. Vielmehr
ist damit zu rechnen, dass sich die
Finanzämter darauf berufen, dass
dieses Urteil lediglich einen Einzelfall
regelt, nur die klagenden Parteien be-
günstigt und daher auch in Zukunft
jeder Einzelfall geprüft werden müs-
se. Um sich aber alle Rechte vorsorg-
lich zu sichern, ist Berufsanfängern
zu raten, ihre Ausbildungskosten
fristwahrend geltend zu machen.
Mitarbeiter wurden beim Bierzapfen gefilmt.
Videobeweis kann wertlos werden