Seite 60 - personalmagazin_2010_08

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URTEILSDIENST
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personalmagazin 08 / 10
... dies scheint derzeit eine „genervte“
Reaktion der BAG-Richter zu sein. Statt
immer abzuwarten, ob eine Rechtsfrage
vomEuGHwieder einmal anders als nach
nationalem Recht beurteilt wird, greift
ZUSAMMENFASSUNG
Eine tarifliche Verfallsvorschrift über Urlaub
erfasst auch den Abgeltungsanspruch für den gesetzlichen Mindest-
urlaub. Dieser Anspruch lebt nicht durch die Rechtsprechung zum
Nichtverfall des Urlaubs bei Langzeiterkrankung wieder auf.
RELEVANZ
Das Urteil befasst sich mit der Streitfrage, ob tarifliche
Ausschlussfristen auch den Anspruch auf gesetzlichen Mindesturlaub
blockieren können. Wichtig für die Praxis ist dabei: Ausdrücklich geht
das Landesarbeitsgericht dabei auf die „Schultz-Hoff-Entscheidung“
des EuGH ein und stellt fest, dass in den Fällen einer Beendigung
des Arbeitsverhältnisses, mit Ausschlussfristen die endgültige Klä-
rung aller mit dem Urlaub zusammenhängenden Fragen beabsichtigt
wird. Dies gelte auch für Abgeltungsansprüche, die nicht den tarif-
lichen, sondern den gesetzlichen Mindesturlaub beträfen. Das Ge-
meinschaftsrecht schütze „nur den Arbeitnehmer, der gehindert ist,
seine Ansprüche zu realisieren, nicht aber den, der untätig bleibt.“
Quelle
LAG Düsseldorf, Urteil vom 23.4.2010, 10 Sa 203/10
Zum Thema ...
Personalmagazin 6/2009, Seite 74
Ausschlussfrist schlägt Bundesurlaubsgesetz
Quelle
LAG Köln, Urteil vom 4.3.2010, 6 Sa 117/10
Zum Thema ...
Personalmagazin 10/2008, Seite 86
Verzugslohn und Arbeitsangebot
ZUSAMMENFASSUNG
Wird einem Arbeitnehmer gekündigt, weil er
seinen Arbeitgeber „angezeigt“ hat, so ist dies zwar ein Kündigungs-
grund „an sich“. Entscheidend ist jedoch, ob dem Arbeitnehmer ein
vorheriges innerbetriebliches Vorgehen zumutbar war.
RELEVANZ
Das Urteil zeigt wieder einmal, dass Leitsätze, die einen
Sachverhalt als Kündigungsgrund „an sich“ bezeichnen, stets auf
den Einzelfall bezogen, zu hinterfragen sind. Die Tatsache, dass sich
das LAG München mit dem konkreten Sachverhalt über 18 Seiten be-
schäftigt hat, zeigt, wie diffizil und letztendlich auch risikobehaftet
ein solcher Kündigungsschutzprozess für den Arbeitgeber sein kann.
Dies ist dann nicht anzunehmen, wenn sich der Arbeitnehmer in
erster Linie primär in vertraulicher Absicht an einen Polizeibeamten
wendet, diesem „sein Herz ausschüttet“ und einen „Kollateralscha-
den“ insoweit gegen den Arbeitgeber als Folge auslöst.
Quelle
LAG München, Urteil vom 1.4.2010, 4 Sa 391/09
Zum Thema ...
Personalmagazin 7/2008, Seite 75
ZUSAMMENFASSUNG
Sind Bonuszahlungen von Zielvereinbarungen
abhängig und wird über diese Ziele nicht verhandelt, so kann daraus
eine Schadensersatzforderung des Arbeitnehmers resultieren.
RELEVANZ
Dies kommt in der Praxis häufig vor: Neben der Zahlung
eines Grundgehalts wird vereinbart, dass auch leistungsbedingte Bo-
nuszahlungen erfolgen. Aus unterschiedlichen Gründen kann es dann
dazu kommen, dass derartige Klauseln „brachliegen“. Hier macht das
Landesarbeitsgericht deutlich: „Hat der Arbeitgeber schuldhaft kein
Gespräch mit dem Arbeitnehmer über eine Zielvereinbarung geführt,
ist der für den Fall der Zielerreichung zugesagte Bonus Grundlage
für die Ermittlung des dem Arbeit-
nehmer zu ersetzenden Schadens.“
Dem kann der Arbeitgeber nur ein-
geschränkt „tatsächliches Zahlen-
material“ entgegensetzen, da, so
das LAG, grundsätzlich davon aus-
zugehen ist, dass ein Arbeitnehmer
vereinbarte Ziele erreicht hätte,
wenn nicht besondere Umstände
diese Annahme ausschließen.
Quell
LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 14.10.2009,
13 Sa 33/09
Zum Thema ...
Personalmagazin 3/2006, Seite 60
man jetzt zu einemMittel, das bisher nur
bei besonders eifrigen Untergerichten zu
sehen war. Man legt dem EuGH schlicht
und einfach vorsorglich eine Rechts-
frage vor. Eine negative Folge könnte
Den Spieß umdrehen ...
sein: Die Verfahrenswege beim EuGH
werden wegen Überlastung immer län-
ger und länger. Vielleicht ist dies aber
eine Methode, die europäische Bürokra-
tie zum Umdenken zu zwingen.
ZUSAMMENFASSUNG
Auch im ungekündigten Arbeitsverhältnis kann
ein Arbeitsangebot für die Begründung des Annahmeverzugs aus-
nahmsweise entbehrlich sein.
RELEVANZ
Das Urteil ist insbesondere für Arbeitgeber wichtig, die
Aushilfskräfte mit flexiblen Arbeitszeiten beschäftigen. Kommt
es hier durch den Arbeitgeber zu ständig unterschiedlichen Ein-
teilungen, kann sich der Arbeitnehmer unter Umständen darauf
berufen vergeblich „auf eine Einteilung gewartet zu haben“.
Ziele müssen erkennbar sein.
Anschwärzen als Kündigungsgrund
Schadensersatz aufgrund von Zielvorgaben