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A&O-PSYCHOLOGIE
MANAGEMENT
08 / 10 personalmagazin
Wenig überrascht, dass bis heute noch
keine einzige „wahre“ Theorie oder „bes-
te“ Typologie gefunden wurde. Vermutlich
wird sie auch niemals gefunden. Bei je-
dem Modell, bei jeder Typologie handelt
es sich nur um eine von vielen möglichen
Betrachtungsweisen eines Menschen, die
lediglich als Hilfe bei der Einschätzung
von Menschen nützlich sein kann. Die Su-
che nach einfach zu bedienenden Check-
listen oder einem Geheimsystem, mit
dem man den Charakter und die „wah-
ren“ Fähigkeiten eines Menschen sofort
erkennen kann, wird also ergebnislos
verlaufen. Menschen sind immer reicher
als die Generalisierungen, die über sie ge-
macht werden. Letzteres ist auch für den
Umgang miteinander eine sehr mensch-
liche und nützliche Vorannahme.
Psychologie bietet Systematik
Die wissenschaftliche Disziplin, die ei-
nen systematischen Ansatz bietet, um
Menschen möglichst nachvollziehbar
und objektiv beurteilen zu können, ist
die Psychologie. Sie befasst sich mit dem
individuellen Erleben und Verhalten so-
wie den zwischenmenschlichen Interak-
tionen. Die Psychologie bietet damit weit
mehr, als eine reine Professionalisierung
der Menschenkenntnis.
Das Problem: Dem (Quer-)Einsteiger in
die Psychologie begegnet meist zunächst
eine verwirrende Vielfalt unterschied-
licher, teilweise konkurrierender Schulen,
Modelle und Theorien. In vielen Bereichen
der angewandten Psychologie ist es üblich
und legitim, einem eklektischen Ansatz
zu folgen – nach dem Motto: „Richtig ist,
was hilft.“ In dieser Serie werden verschie-
dene Bereiche der Arbeits- und Organisa-
tionspsychologie (kurz: A&O-Psychologie)
vorgestellt, damit Sie als Personaler einige
grundlegende Kenntnisse in Ihre tägliche
Praxis einbringen können.
Die Arbeitspsychologie im engeren
Sinne beschäftigt sich mit der Frage,
wie sich Arbeitsbedingungen auf den
arbeitenden Menschen auswirken und
wie der Mensch seinerseits auf die Ar-
beitsbedingungen einwirkt. Zum Bei-
spiel werden die positiven und negativen
Auswirkungen der Arbeit auf die Ar-
beitszufriedenheit und Arbeitsmotiva-
tion untersucht (positiv: interessanter
Arbeitsinhalt, anspruchsvolle Tätigkeit,
Entwicklungsmöglichkeiten und anderes;
negativ: Belastung, Stress und Weiteres)
und welche Maßnahmen zur Arbeits-
gestaltung sich daraus ableiten lassen.
Die Organisationspsychologie beschäf-
tigt sich mit den Wechselbeziehungen
zwischen Individuum und Organisation.
Wichtige Themen sind hier unter ande-
rem Personalauswahl und -entwicklung,
Mitarbeiterführung, Kooperation und
Konflikte in Organisationen, Un-
ternehmenskultur, Betriebsklima
und Organisationsentwicklung.
Unterschiedliche Einflüsse
In die A&O-Psychologie fließen
wiederumErkenntnisse verschie-
dener Teildisziplinen ein. So geht
die Sozialpsychologie der Frage
nach „Wie beeinflussen sich
Personen gegenseitig?“. Die psy-
chologische Methodenlehre und
Diagnostik befasst sich mit dem
Werkzeug des psychologischen
Erkenntnisgewinns, wie Statistik
oder Versuchsplanung. Die All-
gemeine Psychologie erforscht
Gesetzmäßigkeiten in grundle-
genden psychischen Funktions-
bereichen wie Denken, Sprache
oder Motivation. Die differenti-
elle und Persönlichkeitspsycho-
logie schließlich fragt „Wie und
worin unterscheiden sich Personen in
den oben genannten Bereichen?“.
In der Serie, die Sie in den nächsten
vier Ausgaben des Personalmagazins le-
sen können, werden einzelne Bereiche
der A&O-Psychologie vorgestellt. Dabei
behandelt die Serie die beiden Ebenen,
die das Individuum selbst (Personenbe-
urteilung und Motivation) und die Inter-
aktion (Gruppenarbeit) betreffen.
ist Trainerin der Haufe Akademie. Sie
bietet unter anderem das Seminar
„Psychologie für Personaler“ an.
Bettina von Lovenberg
Anderen Menschen in den Kopf sehen können Psychologen nicht. Mehr als Menschenkenner sind sie aber.