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AUSBILDUNG
personalmagazin 08 / 10
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
Wichtige Botschaft an die Eltern
PRAXIS. Wenn sie Azubis suchen, vergessen Firmen oft die Sekundärzielgruppe
der Eltern und Lehrer. Doch diese entscheidet meist über die Berufswahl.
Das ist auch die Erkenntnis von An-
dreas Thierig, der unterstützt vom baye-
rischen Kultusministerium Konzepte für
ein besseres Ausbildungsmarketing er-
arbeitet, unter anderem das „BauCamp“
für den Bayerischen Bauindustriever-
band. „Der grundlegende Fehler der
meisten Maßnahmen ist, dass gegenüber
einem sehr langfristigen, einem extrem
trägen undmit einemextremguten Lang-
zeitgedächtnis ausgestattetem Markt
kurzfristig, schnell und unzuverlässig
gehandelt wird. Der Ausbildungsmarkt
funktioniert allerhöchstens regional,
normalerweise aber lokal“, so Thierig.
Die Fehler beim Azubi-Marketing
Typische Mängel sind seiner Erfahrung
nach zu kurzfristige Maßnahmen und
eine reine Informationsschlacht mit aus-
ufernden Worten oder viel gedrucktem
Papier. Selbst Videos bringen selten die
erhoffte Aufmerksamkeit. „Berufsinfor-
mationen, egal in welcher Form, sind für
die Zielgruppe meist langweilig. Zu viele
fachliche Details, wo es eigentlich darum
ginge, Faszination oder Begeisterung zu
wecken“, erklärt er und zitiert einBonmot
von Antoine de Saint-Exupéry: „Wenn Du
ein Schiff bauen willst, so trommle nicht
Männer zusammen, um Holz zu beschaf-
fen, Werkzeuge vorzubereiten, Aufgaben
zu vergeben und die Arbeit einzuteilen,
sondern lehre die Männer die Sehnsucht
nach dem weiten endlosen Meer.“
Vertrauen als Arbeitgeber gewinnen
Weitere Fehler in klassischen Azubi-
Marketingkampagnen sind, dass diese
keine Verbindung zu den lokalen Ausbil-
dungsbetrieben knüpfen. Zum Beispiel,
wenn ein Verband an der Schule nur über
den Beruf informiert, aber keine Prakti-
ka oder Schnuppertage beim Bäcker oder
Metallunternehmen vor Ort anbietet. Und
letztlich führen laut Thierig auch Aus-
bildungsplatzbörsen im Internet nicht
dazu, dass sich mehr Schüler für einen
bestimmten Beruf interessieren. Sein Fa-
zit: „Vor allem für die Ausbildungsberufe,
die außerhalb der Wahrnehmung durch
Jugendliche und Multiplikatoren stehen,
sind solche Stellenmärkte wirkungslos.
Außerdem vermeiden Multiplikatoren
meist die Arbeit mit Ausbildungsplatz-
börsen, weil diese zu zahlhreich, zu unü-
bersichtlich und zu unverbindlich sind.“
Mit dem Begriff „Multiplikatoren“
meint er die Zielgruppe der Eltern, Leh-
rer und sonstigen Personen, die beim
Übergang von Schule zu Beruf helfen.
Nach seiner Erfahrung sind es vor allem
diese Personen, deren Vertrauen es zu
gewinnen gilt. „Ist ein Unternehmen in
den Augen der Erwachsenen glaubwür-
dig und verlässlich, dann empfehlen
sie dieses Unternehmen an die Jugend-
lichen“, so Thierig. Deshalb rät er zu Un-
ternehmensevents, mit denen sowohl die
Begeisterung der Jugendlichen (im Sinne
von Saint-Exupéry) als auch das Informa-
tionsbedürfnis der Erwachsenen geweckt
Von
Daniela Furkel
(Red.)
D
er Rat und die Meinung von
Freunden und Familie sind für
Jugendliche das wichtigste Ent-
scheidungskriterium bei der
Wahl einer Ausbildung. Das zeigt eine
Repräsentativumfrage der Bertelsmann-
Stiftung, die zwar aus dem Jahr 2005 ist,
aber deren Aussagekraft auch aktuell
nicht anzuzweifeln ist: Die Berufswahl
ist laut der Studie einer der wenigen Be-
reiche, in dem Jugendliche ihre Eltern
noch um Rat fragen und in dem sie ihnen
noch Kompetenz einräumen.
Informationsquellen, die keinen so na-
hen persönlichen und keinen so individu-
ellen Kontakt ermöglichen, sind weniger
beeinflussend. So sind Berater der Agen-
tur für Arbeit (39 Prozent) und Mitarbei-
ter von Unternehmen, die in die Schule
kommen (31 Prozent) deutlich weniger
wichtig. Freunde (27 Prozent) und Lehrer
(29 Prozent) fallen ins hintere Feld, wobei
die Meinungen der Lehrer als erwachsene
Ratgeber noch wichtiger genommen wer-
den als die der Freunde. So gut wie keinen
Einfluss weist die Studie Werbespots und
Werbeplakaten zu: „Sie machen vielleicht
aufmerksam, aber als wichtige Einfluss-
größe auf die eigene Berufsentscheidung
werden sie nicht gesehen.“
Die Berufswahl ist einer der wenigen Bereiche, in
dem Jugendliche ihre Eltern noch um Rat fragen
und in dem sie ihnen noch Kompetenz einräumen.