personalmagazin 01 / 10
Interessenausgleich ausdrücklich auf
die Anlage Bezug zu nehmen. Zudem
muss der Anhang mit dem Interessen-
ausgleich fest verbunden sein. Wird die
Namensliste getrennt von dem Interes-
senausgleich erstellt, haben sie von die
Betriebsparteien zu unterzeichnen und in
ihr oder im Interessenausgleich auf sie
Bezug genommen werden.
Eine erst nach Abschluss des Interes-
senausgleichs erfolgte Einigung auf die
Namensliste ist nach der neuesten BAG-
Rechtsprechung nur zulässig, wenn
zwischen Namensliste und Interessen-
ausgleich in inhaltlicher und zeitlicher
Hinsicht ein hinreichender Bezug besteht.
Die absolute zeitliche Grenze für die Ver-
einbarung einer solchen nachträglichen
Namensliste bildet der Ausspruch der
Kündigungen. Ob eine Namensliste, die
die zu kündigenden Arbeitnehmer nur
teilweise benennt (sogenannte Teilna-
mensliste) geeignet ist, den beschränkten
Prüfungsmaßstab auszulösen, ist bislang
nicht höchstrichterlich entschieden. Das
Bundesarbeitsgericht hat jedoch ange-
deutet, dass dies regelmäßig nur bei einer
abschließenden Aufzählung aller von der
Betriebsänderung beziehungsweise von
Kündigungen betroffenen Mitarbeiter
der Fall sein soll. Ausnahmen sind nur
bei abgegrenzten Regelungskomplexen
denkbar. Keinesfalls dürfen solche Arbeit-
nehmer in die Namensliste aufgenommen
werden, die nur „bei Gelegenheit der Be-
triebsänderung“ freiwillig ausscheiden.
Ob und inwieweit der Interessenaus-
gleich zur rechtlichen Absicherung der
Sozialauswahl genutzt werden kann,
hängt vor allem von der Verhandlungssi-
tuation ab.Wenn die Betriebsratsgremien
dem Arbeitgeber insoweit entgegen-
kommen, werden sie hierfür auch eine
Gegenleistung verlangen. Häufig wird
in derartigen Fällen das Sozialplanvolu-
men höher ausfallen. Es hängt somit von
vielen Faktoren ab, ob der Arbeitgeber
bereit ist, diesen Preis zu zahlen.
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AUFHEBUNGSVERTRÄGE
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
HINWEIS
Im Rahmen der Sozialauswahl besteht die Möglichkeit, Arbeitneh-
mer nicht einzubeziehen, die der Arbeitgeber unbedingt halten will
(sogenannte Herausnahme von „Leistungsträgern“, § 1 Abs. 3 S. 2 Alt.
1 KSchG). Bei einer Nichteinbeziehung ist zu bedenken, dass sie die
(absolute) Ausnahme darstellt. Denn für jeden dieser Leistungsträger
muss ein konkretes betriebliches Interesse an dessen Weiterbeschäf-
tigung vorliegen, das sodann mit den Interessen der sozial schutzwür-
digeren Arbeitnehmer abzuwägen ist – und sich hiergegen durchsetzt.
Ob die im Gesetz genannten Kriterien eines Leistungsträgers erfüllt
sind, kann in der Praxis sehr gut mit folgenden drei Prüffragen abge-
klärt werden (die jedoch nicht alle kumulativ mit „ja“ beantwortet
werden müssen).
●
Hat der Mitarbeiter Kenntnisse, die zu einer (erheblichen) Erwei-
terung seines Einsatzspektrums führen (im Vergleich zu Arbeit-
nehmern, die vergleichbare Tätigkeiten ausführen)?
●
Gibt es so beachtliche Leistungsunterschiede zu den Arbeitnehmern,
die vergleichbare Tätigkeiten ausüben, dass auf den Mitarbeiter im
Interesse eines ordnungsgemäßen Betriebsablaufs künftig keines-
falls verzichtet werden kann?
Fallstricke bei der Herausnahme von Leistungsträgern
●
Hat der Mitarbeiter sonstige besondere Fähigkeiten/persönliche
Qualifikationen, die für das Unternehmen unverzichtbar sind?
Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Herausnahme von „Leistungs-
trägern“ sind vor allem folgende Aspekte zu berücksichtigen.
●
Das betriebliche Interesse des Arbeitgebers an der Herausnahme
muss „berechtigt“ sein. Ob dies der Fall ist, ist durch eine Abwä-
gung mit den gegenläufigen Interessen des sozial schwächeren
Arbeitnehmers festzustellen.
●
Für ein berechtigtes betriebliches Interesse kann sich der Arbeit-
geber nicht auf die „Nachteile“ des zu kündigenden und sozial
schutzwürdigeren Arbeitnehmers berufen (zum Beispiel erhöhte
Krankheitsanfälligkeit; keine Negativauswahl).
●
Es spricht grundsätzlich eine Vermutung dafür, dass soziale
Gesichtspunkte nicht ausreichend berücksichtigt wurden, wenn der
Arbeitgeber eine Vielzahl der betroffenen Arbeitnehmer von der So-
zialauswahl ausnimmt und die Sozialauswahl auf den verbleibenden
Rest beschränkt.
●
Der Arbeitgeber trägt für das Vorliegen des berechtigten betrieb-
lichen Interesses die Darlegungs- und Beweislast.
Rechtsanwalt und
Partner Lovells LLP
(München)
Andreas Ege
Rechtsanwalt und
Partner Lovells LLP
(München)
Dr. Hendrik Kornbichler
Namenslisten sind ein wertvolles Instrument,
sie haben aber ihren Preis.