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AUFHEBUNGSVERTRÄGE
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personalmagazin 01 / 10
Gestalten mit Interessenausgleich
SERIE. Ein Interessenausgleich ist kein zwingendes, aber oft geeignetes
Instrument zur praxisgerechten Abwicklung von Betriebsänderungen.
I
nfolge der Wirtschaftskrise sehen
sich viele Unternehmen gezwungen,
Kapazitätsanpassungen vorzuneh-
men oder ihre Geschäftsprozesse
umzustrukturieren. Damit einher geht
oft die Notwendigkeit zu einem Personal-
abbau, der im Regelfall im Rahmen eines
Interessenausgleichs- und Sozialplanver-
fahrens mit den Betriebsratsgremien zu
besprechen ist.
Die Pflicht zum Interessenausgleich
In Unternehmen mit regelmäßig mehr
als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern
ist der Arbeitgeber verpflichtet, den Be-
triebsrat über geplante Betriebsände-
rungen rechtzeitig und umfassend zu
unterrichten, diese mit ihm zu beraten
und über einen Interessenausgleich zu
verhandeln, §§ 111 S. 1, 112 Abs. 1 S.
1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).
Die Durchführung der Maßnahme – und
damit insbesondere der Ausspruch der
Kündigungen – wird in der Regel erst
nach ordnungsgemäßer Durchführung
dieses Verfahrens erfolgen. Denn an-
dernfalls riskiert der Arbeitgeber eine
einstweilige Verfügung auf Unterlas-
sung der Betriebsänderung seitens des
Betriebsrats, Nachteilsausgleichsan-
sprüche seitens der Arbeitnehmer (§
113 Abs. 1, 3 BetrVG) und die praxis-
ferne Verhängung eines Bußgelds
(§ 121 BetrVG).
Der Arbeitgeber hat im Rahmen der
Verhandlungen alle Möglichkeiten einer
Einigung auszuschöpfen. Er ist auch ver-
pflichtet, die Einigungsstelle anzurufen,
soweit keine Einigung erzielt werden
kann. Eine Pflicht zum Abschluss eines
Interessenausgleichs besteht aber nicht.
Nicht selten scheitern die Verhand-
lungen und es wird „nur“ ein Sozialplan
abgeschlossen.
Inhalt des Interessenausgleichs
Wird jedoch ein Interessenausgleich
abgeschlossen, regelt er das „ob, wann
und wie“ einer Betriebsänderung. ImGe-
gensatz dazu regelt der Sozialplan den
Ausgleich der wirtschaftlichen Nach-
teile, die die im Interessenausgleich
niedergelegte Betriebsänderung für
die betroffenen Arbeitnehmer mit sich
bringt. Zum Beispiel in Form von Abfin-
dungen für gekündigte Mitarbeiter oder
Mobilitätsausgleich für Mitarbeiter, die
versetzt werden.
Im Grundsatz stellt der Interessenaus-
gleich – anders als der Sozialplan – keine
Betriebsvereinbarung dar. Arbeitneh-
mer können daher nur dann individu-
elle Rechte aus dem Interessenausgleich
herleiten, wenn er ausdrücklich als Be-
triebsvereinbarung abgeschlossen wird.
Ein Interessenausgleich ist schriftlich
niederzulegen und vom Arbeitgeber
sowie vom zuständigen Betriebsrat zu
unterschreiben. Die für Arbeitgeber und
Betriebsrat unterzeichnenden Personen
müssen dabei natürlich auch zur Vertre-
tung berechtigt sein. Andernfalls ist die
Vereinbarung unwirksam.
Welches Gremium ist zuständig?
Oft stellt sich hier die Frage, welches
Betriebsratsgremium eigentlich für
Verhandlung und Abschluss des Inte-
ressenausgleichs zuständig ist. Die Ant-
wort auf die Frage nach dem „richtigen“
Verhandlungspartner ist vor allem für
den Arbeitgeber wichtig. Fände die Ver-
handlung nicht mit dem zuständigen
Gremium statt, so ist das Verfahren
nicht ordnungsgemäß durchgeführt wor-
den. In diesem Fall kann das zuständige
Betriebsratsgremium sein Beteiligungs-
recht einfordern und die Durchführung
der Betriebsänderung (über eine Unter-
lassungsverfügung) verhindern. Im Er-
gebnis müsste der Arbeitgeber müsste
neu verhandeln und hätte wertvolle Zeit
verloren.
Von
Andreas Ege
und
Hendrik Kornbichler
SERIE
SERIE: PERSONALABBAU
Teil 1
Aufhebungs- und
Abwicklungsangebote
Teil 2
Interessenausgleich
mit Namenslisten
Teil 3
Externes
Sozialplanmanagement
Auf Unterlassungsverfügungen des Betriebsrats
kann sich der Arbeitgeber vorbereiten.