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BETRIEBSVERFASSUNG
Das kann Betriebsratsarbeit kosten
ÜBERBLICK. Eine aktuelles Urteil hat deutlich gemacht, dass der Begriff der
„Erforderlichkeit“ von Betriebsratskosten mitunter weit zu fassen ist.
Ein Unternehmen wurde zur Über-
nahme von Kinderbetreuungskosten
verpflichtet. Die waren angefallen, weil
eine alleinerziehende Mutter als Be-
triebsratsvorsitzende an Sitzungen des
Gesamtbetriebsrats und einer Betriebs-
räteversammlung teilgenommen hatte.
Da diese Sitzungen weit entfernt von
ihrem Wohnort stattfanden, ließ die Mit-
arbeiterin ihre beiden minderjährigen
Kinder (elf und zwölf Jahre) von einer
Tagesmutter betreuen, die auch bei den
Kindern übernachtete. Insgesamt ent-
standen hierdurch Kosten in Höhe von
600 Euro. Das BAG hat nun – im Gegen-
satz zur Vorinstanz – die Kostenübernah-
mepflicht des Arbeitgebers bestätigt.
Die Entscheidung zeigt: Auch private
Kosten müssen also unter Umständen
vom Arbeitgeber übernommen werden,
wenn sie durch Betriebsratstätigkeit ver-
ursacht sind. Die Grenzen werden durch
den Begriff der „Erforderlichkeit“ gezo-
gen, ein Kriterium, das der Überprüfung
durch die Arbeitsgerichte zugänglich ist.
Der Betriebsrat oder das einzelne Gremi-
umsmitglied können nur die Erstattung
von Kosten verlangen, die objektiv für
notwendig gehalten werden.
Kosten eines Rechtsanwalts
Notwendige Kosten können auch Rechts-
anwaltshonorare sein. Dies gilt zunächst
für Streitigkeiten über Inhalt und Umfang
von Mitbestimmungs- und Beteiligungs-
rechten. Tritt ein Anwalt imBeschlussver-
fahren vor dem Arbeitsgericht auf, sind
seine Gebühren regelmäßig vom Arbeit-
geber zu tragen. Der Arbeitgeber muss
die Kosten allerdings nicht übernehmen,
wenn es dem Betriebsrat zumutbar ist,
den Streit anderweitig zu klären. Die
Anwaltsbeauftragung kann also auf ein
Musterverfahren zu beschränken sein.
Anwaltskosten müssen auch nicht über-
nommen werden, wenn ein Rechtsstreit
offensichtlich erfolglos oder mutwillig ist.
Als mutwillig kann die Einleitung eines
gerichtlichen Verfahrens angesehen wer-
den, wenn vorher kein Einigungsversuch
mit der Arbeitgeberseite stattgefunden
hat. Mutwillig kann auch der Antrag auf
Erlass einer Einstweiligen Verfügung
sein, wenn dieser Antrag viel zu spät und
zudem noch mit unvollständigen Unterla-
gen gestellt wurde.
Sachverständigenkosten
Der Betriebsrat ist berechtigt, zur Erfül-
lung seiner Aufgaben gemäß § 80 Abs.3
Von
Norbert Pflüger
D
ie Kosten für den Betriebsrat
werden häufig nur unter dem
Aspekt „Freistellung“ kalku-
liert. Tatsächlich kann es aber
zu diversen weiteren Kosten kommen,
denn der Gesetzgeber hat dazu einen „of-
fenen Tatbestand“ formuliert, der in § 40
Abs. 1 BetrVG wie folgt lautet: „Die durch
die Tätigkeit des Betriebsrats entstehen-
den Kosten trägt der Arbeitgeber.“ Diese
Grundregel wird durch spezielle Normen
ergänzt (§§ 76a, 80 Abs. 3 BetrVG).
Der Kinderbetreuungsfall
Eine aktuelle Entscheidung des BAG
zeigt, wie weit diese Kostenersatzvor-
schrift auszulegen ist (BAG, Beschluss
vom 23.6.2010, 7 ABR 103/08).
Babysitter im Einsatz: Die Kosten können unter Umständen dem Arbeitgeber auferlegt werden.
© PANTHERMEDIA .NET, ROBERT KNESCHKE