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BETRIEBSVERFASSUNGSRECHT
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RECHT
unterfällt eine solche Drohung dem Ver-
bot der zweiten Handlungsalternative.
Die Gewährung von Vorteilen setzt
voraus, spiegelbildlich zum Zufügen
eines Nachteils, dass ein tatsächlicher
Vorteil eintritt. So hat in einem der we-
nigen zu § 20 BetrVG entschiedenen
Fälle das Bundesarbeitsgericht (BAG)
festgestellt, dass die Herstellung von
Wahlfotos und Informationsbroschüren
für eine bestimmte Wahlliste durch die
PR-Abteilung des Unternehmens auf
Kosten des Unternehmens eine unzuläs-
sige Vorteilsgewährung in diesem Sinne
ist (BAG, Beschluss vom 4.12.1986,
6 ABR 48/85).
Das Versprechen eines Vorteils setzt
schließlich voraus, wiederum spiegel-
bildlich zum Androhen eines Nachteils,
dass der Versprechende glaubt, den Vor-
teil tatsächlich verschaffen zu können.
Beispiel hierfür ist das Versprechen des
Arbeitgebers, ein Arbeitnehmer werde
befördert, wenn er sich zur Wahl des Be-
triebsrats stellt.
Eine tatsächliche Beeinflussung der
Wahl braucht bei keiner der Handlungs-
alternativen einzutreten (BAG, ebenda).
Ausreichend ist, wenn die Handlungen
geeignet sind, die Wahl zu beeinflussen
(andere Ansicht: LAG Köln, Beschluss
vom 15.10.1993, 13 TaBV 36/93).
Rechtliche Grauzone: Nur für Arbeit-
geber mit Mut zur Konfrontation
Problematisch ist, dass es zahlreiche
denkbare Handlungen eines Arbeitge-
bers gibt, die nicht so eindeutig wie die
genannten Beispiele sind. Die Entschei-
dung, ob sie noch zulässig oder bereits
unzulässig sind, ist im Einzelfall schwie-
rig. Eine Rechtsprechung anhand derer
eine Abgrenzung erfolgen könnte, liegt
kaum vor. In der Literatur wird kaum
differenziert.
Erwägt ein Arbeitgeber ein entspre-
chendes Vorgehen, muss er sich deshalb
auf „Gegenwind“ von den Kandidaten, die
sich benachteiligt fühlen, einstellen. Den-
noch kann davon ausgegangen werden,
dass bestimmte Handlungen nicht den
oben geschilderten Verboten unterliegen.
Lässt ein Arbeitgeber seine Beleg-
schaft zum Beispiel bei passender
Gelegenheit wissen, er erwarte, die Zu-
sammenarbeit mit einer bestimmten
Liste oder mit bestimmten Kandidaten
sei Erfolg versprechender als die Zu-
sammenarbeit mit einer anderen Liste
oder Kandidaten, droht er damit weder
konkrete Nachteile an noch verspricht
er konkrete Vorteile. Bei einer solchen
Aussage gibt der Arbeitgeber auch nicht
vor, den Nachteil beziehungsweise den
Vorteil einer erfolgreicheren Zusam-
menarbeit beeinflussen zu können. Er
äußert lediglich eine Prognose über die
weitere Zusammenarbeit. Eine Prognose
jedoch stellt keine Androhung oder ein
Versprechen dar.
Ermunterung zur Kandidatur ist möglich
Fragt ein Arbeitgeber einen Mitarbei-
ter, den er für einen verständigen und
komplexen betriebswirtschaftlichen Zu-
Konstruktive Gespräche mit dem Betriebsrat. Entscheidend dafür ist die Besetzung des Gremiums, das 2010 neu gewählt werden muss.