Seite 63 - personalmagazin_2009_09

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SOZIALE NETZWERKE
SPEZIAL
ZUKUNFT PERSONAL
63
Das Interview führte
Daniela Furkel.
Prozess kurz vor meinem ersten Tag
und wie ist der Prozess einige Wochen
nach Arbeitsbeginn? Soziale Netzwerke
können helfen, die neuen Mitarbeiter
schneller produktiv zu machen. Diese
können schon vor Arbeitsbeginn eine
Verbindung zum neuen Chef und den
neuen Kollegen herstellen. Auch für
globale Firmen bieten sich soziale
Netzwerke an: So können Mitarbeiter
zusammenarbeiten und sich kennen-
lernen, wenn sie keine Möglichkeit
haben, Face-to-Face zusammenzukom-
men. Auch im E-Learning ist der Ein-
satz von sozialen Netzwerken möglich.
Es gibt Anbieter, die Social Networking
in den E-Learning-Prozess einbinden:
Die Teilnehmer von Trainings können
in sozialen Netzwerken Fragen stellen
und Kontakte zum Lehrer aufbauen.
personalmagazin:
Gibt es schon Lösungen,
mit denen man Daten aus sozialen Netz-
werken in die HR-IT übernehmen kann?
Otter:
Das ist nicht so einfach. Zunächst
ist eine Zusammenarbeit mit dem so-
zialen Netzwerk nötig, um diese Daten
übernehmen zu können. Zudem ist es
eine Frage des Datenschutzes. Aber
das Wichtigste ist: Wenn ich die Daten
aus dem sozialen Netzwerk in mein
HR-System übernehme, ist das nicht
der klügste Weg, damit zu arbeiten.
Viel wichtiger für Personaler wäre eine
Oberfläche, die all diese Informationen
aus Xing, LinkedIn, Facebook und ande-
ren, auch firmeninternen Netzwerken
zusammenbringt. Eine neue Welle von
Anwendungen wird sich mit der Frage
befassen, wie man diese verschiedenen
Welten zusammenbringt.
personalmagazin:
Das heißt also: Soziale
Netzwerke für die Personalarbeit zu
nutzen, ist keine bloße Spielerei, son-
dern wird sich auch durchsetzen?
Otter:
Soziale Netzwerke werden die
HR-Systeme nicht ablösen. Sondern es
wird eine Mischung geben aus den bis-
herigen und den neuen Anwendungen.
Momentan sind die sozialen Netzwerke
noch „nice to have“, aber in zehn Jahren
werden sie sich flächendeckend verbrei-
tet haben. Ähnlich wie bei „Employee
Self Services“: Diese waren schon vor
15 Jahren technisch nutzbar, aber erst
durch den Erfolg von Amazon und Ebay
konnten sie zu Standardprozessen in
den Unternehmen werden.
personalmagazin:
Ist das auch eine Frage
des Alters der Mitarbeiter?
Otter:
Nicht unbedingt des Alters, als
vielmehr der Mentalität. Auch ältere
Mitarbeiter wollen mit dem Internet
arbeiten. Und soziale Netzwerke stellen
die nächste Welle dar, wie man mit dem
Internet arbeiten kann. Konzepte dafür
sind schon seit einer Weile vorhanden.
Jetzt gilt es für die Personalabteilungen,
die Vor- und Nachteile dieser Tools
kennenzulernen und zu überlegen, wie
sie diese nutzen können. Aber es ist
auch wichtig, dass sie eine Leitlinie für
die Nutzung von Blogs und sozialen
Netzwerken erarbeiten. Und dass sie
auf ihre Arbeitgebermarke achten: Wie
wird die Firma auf Facebook und in an-
deren sozialen Netzwerken dargestellt?
personalmagazin:
Gibt es hierfür schon
zitierfähige Beispiele?
Otter:
Ein Vorreiter ist IBM. Das
Unternehmen hat eine „Social Soft-
ware-Policy“, die aus einer „Blogging-
Policy“ weiterentwickelt wurde. Hierfür
wurden die Mitarbeiter gefragt: Welche
„Policy“ wollt ihr haben? Die Mitarbei-
ter haben in einem Wiki die „Policy“
geschrieben. Diese wurde dann von der
Rechtsabteilung geprüft und ist schließ-
lich in Kraft getreten. Der Vorteil: Da
die Mitarbeiter selbst die „Policy“ er-
stellt haben, wachen sie auch über sie.
personalmagazin:
Nochmals zum Rec-
ruiting: Wie hoch sind die Kosten der
Personalsuche über soziale Netzwerke?
Otter:
Da kann ich das Beratungshaus
Deloitte nennen, das Facebook und
ein Prämienmodell nutzt: Mitarbeiter
können offene Stellen bekannt geben:
„Willst du mit mir arbeiten?“ Wenn
jemand darauf eingestellt wird, erhält
der Mitarbeiter eine Prämie. Der Vorteil
dabei ist: Arbeitet ein Unternehmen mit
einem solchen Empfehlungsmanage-
ment, kostet die Stellenbesetzung nur
noch ein Drittel der normalen Rekru-
tierungskosten. Zudem ist die Qualität
der neuen Mitarbeiter viel besser.
Empfehlungen sind die zuverlässigste
Art, neue Mitarbeiter zu finden. In den
USA gibt es inzwischen eine neue Welle
von Anwendungen für Empfehlungs-
management. Ich glaube zwar nicht,
dass Jobboards und Stelleninserate in
Zeitungen verschwinden werden. Aber
Empfehlungsmanagement ist ein neuer
Weg, um gute Mitarbeiter zu finden.
personalmagazin:
Was ist Ihr persönliches
Fazit zum Thema Social Networking?
Otter:
Social Networking passiert mit
oder ohne HR. Die Personalabteilung
kann entscheiden, ob sie da mitmachen
will oder nicht. Aber sie kann nicht
darüber entscheiden, ob Social Networ-
king überhaupt stattfindet oder nicht.
Wenn sie nicht mitspielen will, spielt ei-
ne andere Abteilung des Unternehmens
mit. Meiner Meinung nach ist es wich-
tig, dass das Personalwesen zusammen
mit IT, Marketing, der Rechtsabteilung
und der Unternehmenskommunikation
über eine Strategie diskutiert.
„Soziale Netzwerke können helfen, neue Mitarbei-
ter schneller produktiv zu machen. Und sie können
den E-Learning-Prozess effektiv unterstützen.“