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FÜHRUNG
personalmagazin 09 / 09
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
nehmen müsse deshalb einen Rahmen
schaffen, der dieses Erfahrungslernen
ermöglicht. Aus der Resilienz-Forschung
kennt man jedoch auch genetisch be-
dingte „innere Antriebskräfte“ und
Fähigkeiten, die in Abhängigkeit des so-
zialen Umfelds bereits in der Kindheit
ausgeprägt werden – und die ein solches
„Erfahrungslernen“ begünstigen.
Schlüsselfaktoren für den Erwerb
von Führungskompetenzen
Die auf Seite 38 definierten Schlüssel-
faktoren zum Erwerb von Führungskom-
petenzen basieren auf der Lerntheorie
von McCall und auf den Erkenntnissen
der Resilienz-Forschung. Sie sind aus
unserer Sicht für den Erfolg in einer
späteren Führungstätigkeit maßgebend.
Diese Schlüsselfaktoren sind im Erwach-
senenalter durch gezielte Trainingsmaß-
nahmen nur bedingt veränderbar.
Wenn bei jemandem diese Schlüs-
selfaktoren überdurchschnittlich aus-
geprägt sind, so heißt dies nicht, dass
er automatisch über Führungskompe-
tenzen verfügt. Er verfügt jedoch über
das Potenzial, sich die erforderlichen
Führungs- und Managementkompe-
tenzen anzueignen. Sind diese Schlüs-
selfaktoren bei einer (angehenden)
Führungskraft jedochunterdurchschnitt-
lich vorhanden, so ist anzunehmen, dass
die Lernfähigkeit und der Antrieb, sich
Führungskompetenzen anzueignen,
sehr eingeschränkt ist.
Grenzaufgaben und ihre Bedeutung
für die Potenzialanalyse
McCall stellt die Bedeutung von Experi-
mentierfeldern für die Entwicklung von
Führungskräften dar. Einerseits kann
aus Erfahrungs-„Experimenten“, das
heißt aus Grenzsituationen, am meis-
ten gelernt werden, andererseits lässt
sich aus der Bewältigung von Grenz-
situationen ein mögliches Potenzial für
weiterführende Tätigkeiten ableiten.
Grenzsituationen sind demnach sowohl
für die Förderung und Entwicklung als
auch für die Auswahl von Führungskräf-
ten interessant.
Eine besondere Rolle können unerwar-
tete Extremsituationen spielen (Nassim
Nicholas Taleb: The Black Swan, 2007).
Nach Talebs Auffassung kann man einen
Menschen nicht in seinem alltäglichen
Arbeitsumfeld beurteilen. Es gibt viele
Beispiele, in denen Menschen erst in Kri-
sensituationen zu ihrer Höchstform fin-
den (so zum Beispiel Altkanzler Schmidt
während der Hochwasserkatastrophe
1962). Aber auch schon aus dem Alltag
herausragende Aufgabenstellungen er-
weitern die Beurteilungsmöglichkeiten.
Je größer die Gestaltungsspielräume sind
(zum Beispiel durch Übernahme einer
Projektaufgabe), desto stärker kommen
Persönlichkeitsmerkmale, hier beschrie-
ben durch die Schlüsselfaktoren, zum
Tragen. Was zeichnet solche Grenzsitu-
ationen aus? Grenzsituationen
haben einen hohen Gestaltungsspiel-
raum,
konfrontieren mit einer neuen, vor-
her nicht bekannten Situation und
Herausforderungen, die zu bewälti-
gen sind,
erfordern neue Verhaltensweisen,
erfordern eine Reflexion der bishe-
rigen Ziele und Vorgehensweisen und
gegebenenfalls auch eine Änderung,
führen in Extremfällen zu einer Re-
flexion der bisherigen Lebenseinstel-
lungen und der Lebensführung.
Erst diese Grenzerfahrungen und die
Bewertung der Schlüsselfaktoren, er-
lauben eine Prognose über das Füh-
rungspotenzial, das heißt darüber, ob
ein Mitarbeiter tatsächlich weiterge-
hende Führungsaufgaben übernehmen
kann. Grenzsituationen sollen dabei
auf das Anforderungsprofil der künf-
tigen Führungsebene ausgerichtet sein.
Grenzerfahrungen können in Potenzial-
Bausteine für ein Instrument zur Potenzialbeurteilung
Schlüsselfaktoren
Beispiele von Grenzerfahrungen
Welche Kriterien lassen auf weiterführendes
Potenzial schließen?
In welchen persönlichen Eigenschaften,
Einstellungen und Verhaltensweisen zeigen
sich diese Kriterien?
Worin können außergewöhnliche
Herausforderungen bestanden haben?
Welche Krisen waren zu bewältigen, was führte
zu neuen Sichtweisen, was musste verlernt und
neu gelernt werden?
Welche Grenzerfahrungen können bewusst
herbeigeführt werden?
Prozessablauf
Beobachtungsinventar für ein Mini-AC
Was eignet sich als Beurteilungsraster?
Was kann der Vorgesetzte tun, um zu Poten-
zialaussagen zu kommen?
Wie sieht der weitere Prozess zur Auswahl
und Förderung von Potenzialträgern aus?
Was fördert die Resilienz, was fördert die
Lernfähigkeit?
Was lässt sich konkret beobachten?
Auf was kann man achten, in welcher konkreten
Situation?
Wie lassen sich Beobachtungssituationen
herbeiführen?
Welche Fragen geben Aufschluss?
Leitfragen für die Konzeption eines Potenzialanalyseinstruments.
Quel le: Strategie-Wirkstatt
Eine Arbeitshilfe mit Leitfragen
für ein Potenzialanalysegespräch
finden Sie zum Download auf
unserem Internet-Portal, Stichwort
„Leitfragen Potenzialgespräch“.
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