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ARBEITSKAMPF
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personalmagazin 01 / 09
Flashmob als legaler Arbeitskampf?
STREIKRECHT. Mit dem Flashmob hat Ver.di ein neues Kampfmittel entwickelt,
das nun auch noch vom LAG Berlin-Brandenburg abgesegnet wurde.
G
erade dort, wo es der Gewerk-
schaft nicht gelingt, ausrei-
chend Mitglieder für einen
Streik zu mobilisieren oder
wo die Streikfolgen durch den Einsatz
Dritter (etwa Leiharbeitnehmer) ab-
gemildert werden können, ist künftig
mit dem zusätzlichen Einsatz von sog-
genannten Flasmobs, dem organisierten,
nur scheinbar spontanen Menschenauf-
lauf, zu rechnen. Unternehmen müssen
sich hierauf einstellen und bereits im
Vorfeld künftiger Arbeitskämpfe Ab-
wehrstrategien entwickeln. Wer nun
erwartete, dass solche Boykott- und Blo-
ckadeaktivitätenvonderRechtsprechung
einhellig als rechtswidrige Eingriffe in
den Gewerbebetrieb erkannt und dem-
entsprechend verboten würden, wurde
zunächst von den erstinstanzlichen Ge-
richten bestätigt. Bald setzte jedoch bei
der Berliner Arbeitsgerichtsbarkeit ein
verhängnisvoller Sinneswandel ein.
Hin und her bei den Eingangsinstanzen
Im Fall „Reichelt“ (siehe Kasten Seite 67)
hatte die 2. Kammer des Arbeitsgerichts
Berlin im Eilverfahren mit Urteil vom 23.
Juni 2008 (2 Ga 9993/08) entschieden,
dass der gewerkschaftliche Aufruf, Fili-
alen „dichtzumachen“ oder das dortige
Telefon zu blockieren und die Mitarbei-
ter von der Arbeit abzuhalten, nicht von
dem Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG
gedeckt sei. Das Gericht sah eine erheb-
liche, von der Gewerkschaft möglicher-
weise nicht mehr beherrschbare Gefahr,
dass durch Aktionen Dritter, die selbst
überhaupt nicht von der Tarifauseinan-
dersetzung betroffen seien, rechts-
widrige Eingriffe in durch Art. 9 Abs.
3 sowie Art. 12 und 14 GG geschützte
Rechtsgüter vorgenommen würden.
Von
Thomas Ubber
Echte Käufer oder Flashmob-Teilnehmer, die ein neues Arbeitskampfmittel ausprobieren?
© JÖRN WOLTER , VARIO IMAGES