Seite 61 - personalmagazin_2009_01

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RECHTSPRECHUNGSWENDE
AGB-KONTROLLE
„Im Zweifel ist eine Gleichstellungsabrede als
dynamische Bezugnahmeklausel auszulegen.“ Mit dieser spekta-
kulären Rechtsprechungswende hat das Bundesarbeitsgericht schon
vor Jahren vielen Unternehmen Kummer bereitet. Dies immer dann,
wenn nach Wegfall einer Tarifbindung die Frage diskutiert wurde, ob
sich aufgrund von Bezugnahmeklauseln der Arbeitgeber weiterhin
an Lohnerhöhungen des nicht mehr für ihn geltenden Tarifvertrags
halten muss. Dass er dies „im Zweifel“ tun muss, wurde vom BAG
in einer aktuellen Entscheidung wieder einmal bestätigt.
Wichtig für die Praxis ist aber: Diese Vermutung ist widerlegbar. Lie-
gen Vereinbarungen oder eindeutige Umstände vor, die gegen eine
dynamische Verweisung sprechen, so braucht sich der Arbeitgeber
nicht auf die oben angeführte Automatik einer Tariferhöhung mehr
einlassen. Das hat das BAG auch in seiner jüngsten Entscheidung
ausdrücklich betont.
Ein solcher Fall liegt nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts
Düsseldorf dann vor, wenn der Arbeitgeber, als er noch tarifgebun-
den war, die entsprechenden Entgelterhöhungen auch „nebenher“
an Arbeitnehmer weitergegeben hat, die außerhalb des räumlichen
Geltungsbereichs des Tarifvertrags beschäftigt waren.
Diese freiwillige Weitergabe kann, so das Landesarbeitsgericht,
regelmäßig nur als Gleichstellungsabrede verstanden werden. Der
Arbeitgeber genieße in diesem Sonderfall Vertrauensschutz.
Quelle
LAG Hamm, Urteil vom 4.11.2008, 14 Sa 157/08
Zum Thema ...
Personalmagazin 3/2006, Seite 34
Privatverhalten als Kündigungsgrund
Quellen
BAG, Urteil vom 22.10.2008, 4 AZR 793/07
LAG Düsseldorf, Urteil vom 17.10.2008, 10 Sa 631/08
ZUSAMMENFASSUNG
Erfüllt ein Arbeitnehmer auch repräsentative
Funktionen in der Öffentlichkeit gegenüber anderen gesellschaft-
lichen Institutionen, so kann sein außerdienstliches Verhalten Grund
für eine außerordentliche Kündigung sein.
RELEVANZ
Der Kläger hatte in seinem Privatleben des Öfteren
rechtsextremistische Positionen vertreten. Da er auch beruflich
Stellungnahmen in der Öffentlichkeit abgeben musste, seien diese
Äußerungen nicht von seinen privaten politischen Äußerungen zu
trennen.
Quelle
BAG, Urteil vom 11.11.2008, 1 AZR 475/07
Zum Thema ...
Personalmagazin 6/2005, Seite 42
ZUSAMMENFASSUNG
Haben Arbeitnehmer Anspruch auf eine vor-
gezogene Altersrente, so kann dies ein rechtfertigender Grund
sein, in einem Sozialplan für diesen Personenkreis geringere Abfin-
dungsansprüche als für jüngere Arbeitnehmer vorzusehen. Dies gilt
auch dann, wenn der vorzeitige Rentenbezug mit Abschlägen ver-
bunden ist.
RELEVANZ
Das Urteil ist deswegen für die Praxis besonders wichtig,
weil das Bundesarbeitsgericht es auch unter der Berücksichtigung
der Allgemeinen Gleichbehandlungsgebote beziehungsweise der
Europäischen Diskriminierungsrichtlinien betrachtet hat.
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URTEILSDIENST
RECHT
Urteile zur Gleichstellungsabrede
und zu Bezugnahme auf Tarifverträge
Sozialplanabfindung im Lichte des AGG
3. – 5. Februar 2009
Messe Karlsruhe
www.learntec.de
17. Internationaler Kongress und Fachmesse für
Bildungs- und Informationstechnologie
Bildung ist Nährboden
für die Zukunft.