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CHANGE MANAGEMENT
personalmagazin 01 / 09
Bei Fragen wenden Sie sich bit te an
mit der Unternehmenskultur, solche
Sachen. Die Krise ist die Zeit wahrhafter
und redlicher Kommunikation, in der
transparente Begründungen geliefert,
verständliche Unsicherheiten einge-
räumt und tatsächliche Begrenzungen
eingestanden werden dürfen. Ein
grundsätzlich optimistischer Tenor ist
aber nicht verboten, solange er nicht zur
Schönrednerei missrät. Wenn, ja wenn
die Verzerrungen und Schrägheiten vor
der Krise nicht bereits offenkundig wa-
ren und während der Krise noch weiter
verschärft werden, wird dies jeder ver-
nünftige Mensch verstehen. Ein Beispiel:
Wenn das Thema Gehalt ein Hygiene-
faktor ist, dann muss das Unternehmen
auch in der Krise dabei sauber bleiben.
Fehler aus der Vergangenheit bleiben
kleben wie Pech. Fehlende Einsicht in
einen dringenden Korrekturbedarf wird
sich nicht gleich in der Krise auswirken,
aber umso stärker danach. In der Krise
werden nämlich die Wechselkandidaten
der nächsten Boomphase produziert.
Führung fördern
Die Sandwich-Position der mittleren
Führungsebene in Krisenzeiten ist in-
zwischen hinlänglich beschrieben. Im
Dilemma des gleichzeitigen Drucks von
oben und von unten kann HR diesen
Führungskräften durchaus Hilfestel-
lungen bieten. Dies sei am Beispiel des
Retention Managements erläutert: Gute
Mitarbeiter werden weiterhin gefragt
sein und bleiben selbst während der Kri-
se in einer starken Position. Zwar wird
kurzfristig deren Wechselrisiko abneh-
men und die Fluktuationsrate sinken. In
Zeiten der Krise mag es auch weniger
Widerworte und mehr Duckmäuser ge-
ben. Fehler der Vorgesetzten, diese sind
heutzutage ohnehin fast nur noch kom-
munikativer Natur, fallen derzeit nicht
auf. Kopf-, Herz- und Bauchschmerzen
der Potenzial- und Kompetenzträger wer-
den nicht kurzfristig handlungsrelevant,
dafür aber oft bis zur nächsten Chance
zur Revanche geparkt. Denn aufgescho-
ben ist nicht aufgehoben. Die Krise ist
deshalb die Zeit des echten Performance
und Talentmanagements, nicht die
Schönwetterversion aus Boomphasen,
in der (fast) jeder als „super“ und begabt
gilt. Das Gute ist, die Instrumente wie
Zielvereinbarung, Führungsgespräch
und bewusste Förderung der Leistungs-
träger sind inzwischen in den meisten
Unternehmen implementiert; siemüssen
jetzt nur entsprechend differenzierend
angewendet werden. Menschlich schwie-
rig wird es erst, wenn den Mitarbeitern
ihr individuelles Ergebnis kommuniziert
wird und sich dies in differenzierende
Behandlung – angefangen vom schein-
bar so unwichtigen Gehalt über persön-
liche Wertschätzung und verbindliche
Perspektive bis hin zum gesamten Spek-
trum der Personalentwicklung – über-
setzt. Dabei kann der Personalbereich
die Führungskräfte entlasten, stützen
und coachen, also das, was von einem
Business-Partner eben erwartet wird.
Kopf über Wasser halten
Die Rolle der Personaler bei einem Ver-
änderungsprozess unter dem Vorzeichen
der Krise wird maßgeblich von den in gu-
ten Zeiten erarbeiteten Freiheitsgraden
bestimmt. Wenn erst in der Krise der
eigene Bereich in Ordnung gebracht wer-
den muss, wird für HR auf dem Terrain
des Gesamtunternehmens wenigmöglich
sein. Im HR-Barometer 2009 von Capge-
mini Consulting hat sich erneut gezeigt,
dass viele Personalbereiche – genau ge-
sagt zwei Drittel – beim Blick auf die Ef-
fizienz ihres eigenen Tuns nicht optimal
aufgestellt sind. Alle diese Personalbe-
reiche fallen in der Krise als Gestalter des
Wandels aus. Denn sie müssen sich ent-
weder mit den von anderen vorgegebenen
eigenen Optimierungszielen auseinan-
dersetzen oder sie verzetteln sich in den
Mühen einer Abwehr ungerechtfertigter
Forderungen. Dies mag zwar ab und an
gelingen, die Gestaltungskraft wird dabei
jedoch verwirkt. Der Freischwimmer-
scheinwird im ruhigenWasser erworben.
Bei starkemWellengang das Schwimmen
zu lernen gerät meistens zumCrash-Kurs,
mit der Gefahr zu ertrinken.
ist Vice President und
Leiter der HR- und Change-
Management-Beratung bei
Capgemini Consulting.
Martin Claßen
Zehn Aktionsfelder des Change Managements
Gerade in der Krise braucht man ein gutes Change Management.
Quel le: Capgemini Consulting
Erfolge
identifizieren und verankern
Situation und Umfeld
analysieren und verstehen
Ausrichtung und Alignment
forcieren
Strukturen und Monitoring
entwickeln und aufbauen
Mobilisierung und Commitment
sicherstellen
Organisation und Prozesse
erfassen und designen
Konflikte und Widerstände
reduzieren und vermeiden
Führung
fördern
Kultur
weiterentwickeln
Qualifizierung und Entwicklung
zielgruppenorientiert durchführen
Trans-
formations-
erfolg