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DEMOGRAFIE
Kreativität statt Schubladendenken
WEITERBILDUNG. Ältere Mitarbeiter zum Lernen zu motivieren, ist nicht leicht.
Die Sick AG hat es mit lebensphasenorientierter Personalentwicklung geschafft.
F
ür Rudolf Kast wurde der Bau
eines neuen Logistikzentrums
zurNagelprobe.AlsLeiterHuman
Resources der Sick AGmit Sitz in
Waldkirch im Breisgau ist er auch für die
berufliche Weiterbildung der Mitarbeiter
verantwortlich. Das Unternehmen pro-
duziert Sensoren und Sensorlösungen
für industrielle Anwendungen und zählt
mit rund 5.000 Mitarbeitern in über 40
Ländern zu den weltweiten Technologie-
und Marktführern in der Fabrik- und
Prozessautomation. „Völlig neue logis-
tische Abläufe wurden hier eingeführt“,
erläutert er. „Außerdem mussten unsere
Mitarbeiter Englisch lernen und sich in-
tensiv mit SAP beschäftigen, eine außer-
ordentliche Herausforderung gerade für
die vielen älteren Mitarbeiter hier.“
Rudolf Kast nimmt das Ergebnis vor-
weg: „Wir haben keinen einzigen Mitar-
beiter dabei verloren.“ Das Geheimnis
dieses längst nicht selbstverständlichen
Erfolgs sieht der Personalchef nicht in
speziell auf ältere Arbeitnehmer zuge-
schnittenen Qualifizierungslösungen.
Lebensphasenorientierte Weiterbildung
„Nicht das Alter selbst“, sagt er, „sondern
der Prozess des Alterns steht bei der
Personalpolitik unseres Unternehmens
im Vordergrund.“ Personalentwicklung
erfolge lebenslauforientiert und nicht
in Form statistisch gegliederter Alters-
Schubkästen. Berufliche Weiterbildung
hat in der Sick AG Tradition und wird
durch ein konsequentes Prinzip der
lebensphasenorientierten Arbeitszeit
zum Erfolgskonzept. So wurden fünf
unterschiedliche Module für die Basis-
qualifikation erarbeitet, streng auf die
praktischen Erfordernisse am Arbeits-
platz ausgerichtet.
Nach und nach wurden alle Mitarbei-
ter in diesem System fortgebildet. Posi-
tive Motivation ergänzt die Lernkultur
des Unternehmens. „Jeder Mitarbeiter
weiß“, sagt Rudolf Kast, „dass bei uns
das Lernergebnis an erster Stelle steht.
Wir gehen nicht an sein Gehalt heran.“
Im Umkehrschluss wird allerdings
auch keine Lernverweigerung akzep-
tiert. Fehlende Weiterbildung bedeutet
im Zusammenhang mit der jährlichen
Leistungsbewertung jedes Mitarbei-
ters einen Punktabzug. Dann sinkt die
Leistungszulage. Das Konzept geht auf.
Exakt 49 Prozent aller 50- bis 64jährigen
Arbeitnehmer der Sick AG qualifizieren
sich in irgendeiner Art und Weise. Das
ist ein Spitzenwert in deutschen Unter-
nehmen, wo die Weiterbildungsquote
dieser Jahrgänge bei 27 Prozent liegt.
Im November erhielt Sick den in-
ternationalen AARP-Award. Der Preis
wird von der „American Association of
Retired Persons“ vergeben, Amerikas
größter Organisation, die sich für die
„Generation 50plus“ in der Wirtschaft
einsetzt. Er zeichnet herausragende per-
sonalpolitische Innovationen unter dem
besonderen Aspekt altersorientierter
Unternehmensführung aus.
Know-how im Unternehmen halten
Das Weiterbildungskonzept der Sick
AG hat aus Sicht von Rudolf Kast viele
Vorteile. „Wir sparen Vorruhestands-
und Abfindungskosten und investieren
stattdessen in das lebenslange Lernen“,
Von
Reinhard Myritz
Weiterbildungsquote
Nur ein Fünftel der Beschäftigten über 55 Jahre nehmen hierzulande an betrieblicher Weiter-
bildung teil. Damit liegt Deutschland im EU-Vergleich auf Platz 16.
Quel le: Eurostat , 2008
Italien
Schweden
54,0 %
37,0 %
EU
Tschechien
24,0 %
22,0 %
Deutschland
Polen
Griechenland
21,0 %
18,0 %
7,0 %