PERSONALquarterly 4/2016 - page 9

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puter zu geben, hat er sozusagen auch eine gesellschaftliche
Mission. Warum bezeichnen wir Microsoft also nicht als
Sozialunternehmen? Ich mache dann einen Common-Sense-
Test für Sozialunternehmer: Wenn nun jemand auftaucht,
der eine bessere Lösung anbietet, wäre Bill Gates glücklich?
Bill Gates würde sagen, dass er unzufrieden wäre, Apple an
der Spitze zu sehen.
Ein Sozialunternehmer hingegen würde positiv auf Kon-
kurrenz reagieren. Wenn der Sozialunternehmer sich das
Ziel setzt, Obdachlosen eine Einkommensmöglichkeit zu
schaffen, ist er zufrieden, wenn jemand anderes eine bes-
sere Lösung findet. Das Problem ist gelöst. Der Sozialunter-
nehmer hat sein Ziel erreicht. Dennoch muss ich anmerken,
dass Sozialunternehmen ähnlichem Druck ausgeliefert sein
können wie traditionelle Unternehmen, wenn sie bereits am
Markt bestehen. Sobald Sozialunternehmen eine größere
Belegschaft haben, muss auch diese monatlich von einem
Gehalt leben können.
PERSONALquarterly:
Sozialunternehmen eröffnen also die Mög-
lichkeit, starkes Sense-Making und -Giving durch die soziale
Mission mit der eigenen beruflichen Tätigkeit zu verbinden.
Denken Sie, dass Sozialunternehmen deshalb eine Gefahr
für traditionelle Unternehmen im Kampf um qualifiziertes
und talentiertes Personal darstellen?
Kai Hockerts:
Grundsätzlich gibt es derzeit noch so wenige
Sozialunternehmen, dass es unwahrscheinlich ist, dass es
zu beachtlicher Konkurrenz für große Konzerne kommt. Ich
würde Sozialunternehmen eher als Chance begreifen. Ers­
tens können bestehende Unternehmen von dem Verantwor-
tungs- und Unternehmergeist der Bewerber profitieren, die
sich mit Sozialunternehmertum im Studium oder der eigenen
Gründung beschäftigt haben. Zweitens können traditionelle
Unternehmen mit Blick auf das Prinzip von Sozialunterneh-
men neue Märkte erschließen und gleichzeitig talentiertes
und gesellschaftlich motiviertes Personal anziehen. Rand-
stad hat beispielsweise gezeigt, dass Zeitarbeit ebenfalls
einen gesellschaftlichen Zweck erfüllen kann. Das Unter-
nehmen hat einen freiwilligen Auslandsdienst eingerichtet
und vermittelt nun Angestellte für drei bis sechs Monate für
einen Freiwilligendienst ins Ausland. Soziale Auslandsein-
sätze waren in der Vergangenheit vor allem ein Betätigungs-
feld für Lehrer und Krankenschwestern, die an Schulen und
Krankenhäusern in Entwicklungsländern aushalfen. Heute
werden beispielsweise auch Programmierer oder Manager
freiwillig nach Vietnam entsandt, um ein Geschäftskonzept
für einen Fischereibetrieb zu entwickeln. Dieses Modell hat
deutlich zur Stärkung der Purpose Mission und damit dem
gemeinsamen Sinn von Randstad beigetragen. Randstad
wird damit nicht zum Sozialunternehmen, aber es hat ein
gesellschaftliches Problem als Chance ergriffen.
Definition von Social Unternehmertum/
Social Entrepreneurship
„The definition of social entrepreneurship […] is based on an understan-
ding of entrepreneurship as put forward by Schumpeter (1962 [1934]),
Stevenson and Gumpert (1985), Drucker (1986), and Shane and Venkata-
raman (2000). Entrepreneurship is thus concerned with […] the discovery
and profitable exploitation of business opportunities by generating market
disequilibria. These allow the generation of entrepreneurial rents. However,
as Schumpeter (1962 [1934]) points out entrepreneurial profits are only
temporary. Once an entrepreneurial venture has been successful, other
market players are likely to follow the example, thereby competing away
the entrepreneurial profit. At this point most entrepreneurial enterprises
become merely „optimizing firms” (Schumpeter, 1962 [1934]: 133), unless
they can identify a new entrepreneurial opportunity and exploit it. Within
this view it is the entrepreneurial opportunity (its identification, selection,
and implementation) that is at the heart of entrepreneurship research.
[I] accordingly [understand] social entrepreneurship as the discovery of op-
portunities to generate social impact and the identification of a mechanism
to do so in a financially sustainable way. Typically, social ventures will ac-
tually not extract the entrepreneurial rents they obtain but instead reinvest
them so create even more social impact. However, as their activities are
observed by market and non-market players their idea will be emulated.
The consequence is two types of transformation processes. On the one
hand non-market players (i.e. charities, NGOs, governments) are likely to
emulate behavior of the social venture aiming to improve their social im-
pact. On the other hand for-profit firms will attempt to capture part of the
economic rent created by the social venture. In adopting certain practices
of the social venture both market and non-market players propagate the
innovation and increase the social impact generated. From this results the
following definition […]: Social entrepreneurship generates market and
non-market disequilibria through the discovery of opportunities to generate
social impact.”
Hockerts, Kai (2010): Social Entrepreneurship between Market and Missi-
on. International Review of Entrepreneurship, 8(2): 177-198.
Zitierte Referenzen:
Drucker, P. F. (1986): Innovation and Entrepreneurship. New York: Harper
Business.
Schumpeter, J. A. (1962 [1934]): The Theory of Economic Development.
New York: Oxford University Press.
Shane, S./Venkataraman, S. (2000): The Promise of Entrepreneurship as
a Field of Research. Academy of Management Review, 25(1): 217-227.
Stevenson, H. H./Gumpert, D. E. (1985): The Heart of Entrepreneurship.
Harvard Business Review, 63(2): 85-95.
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