PERSONALquarterly 4/2016 - page 7

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04/16 PERSONALquarterly
kannt, dass dieser Sinn innerhalb unserer Institution unter-
schiedlich aufgefasst wird und sich über die Zeit verändert.
PERSONALquarterly:
Sie haben jetzt von Beispielen aus dem
Hochschulkontext gesprochen. Ist Bottom-up-Sense-Making
und -Giving im Unternehmen genauso möglich?
Kai Hockerts:
Der Sense-Making- und Sense-Giving-Prozess
kann im Unternehmen genauso aussehen. Dazu muss das
Top-Management realisieren, dass Top-down-Sense-Making
und -Giving nur begrenzt funktioniert. Das Unternehmen
muss es den Mitarbeitern ermöglichen, Sinn aus dem ei-
genen Umfeld zu schöpfen. Mitarbeiter müssen einen Sinn
finden, warum sie als Mitarbeiter innerhalb einer Unterneh-
mung existieren. Dieser Sinn unterscheidet sich – wie im
Hochschulkontext – zwischen den einzelnen Abteilungen.
An der Hochschule gibt es den Finanz- und Sprachbereich,
im Unternehmen grenzen sich Sense-Making und Sense-
Giving der Buchhaltung vom Personalwesen und vom Mar-
keting ab.
Welche Konsequenzen unterschiedliche Konzeptionen
von Sinn innerhalb einer Unternehmung haben können,
möchte ich anhand des Beispiels eines Automobilherstellers
veranschaulichen. Mitarbeiter eines Automobilherstellers
werden je nach Abteilung und Tätigkeitsfeld sehr unter-
schiedliche Einstellungen zum Sinn des Unternehmens ha-
ben. Die Ingenieure werden sagen, dass ihr Unternehmen
für herausragende Technik steht und es ihre Aufgabe ist,
diese weiterzuentwickeln. Die Designer werden sagen, dass
die Kunden das Auto aufgrund der Farbe, dem Gefühl des
Leders oder dem „Sound“ der Türen wählen. Das Unter-
nehmen steht für sie für herausragendes Design. Darüber
hinaus wird es noch viele weitere Zielsetzungen innerhalb
des Unternehmens geben, wenn man an das Controlling
oder die Händler denkt.
In der Unternehmenswelt gibt es also ebenso viele Sinn-
perspektiven, welche zunächst als gegeben akzeptiert wer-
den müssen. Erst dann sollte ein Weg identifiziert werden,
wie diese unterschiedlichen Interpretationen koexistieren
und sich gegenseitig helfen können. Natürlich müssen Kom-
promisse gefunden und Widersprüche angegangen werden.
PROF. DR. KAI HOCKERTS
Copenhagen Business School
Email:
Seit 2005 ist Kai Hockerts Professor für Social Entrepreneurship an
der Copenhagen Business School (CBS) in Dänemark. In seiner Funk-
tion als Academic Director of Responsibility Management Education
leitet er außerdem den hochschulweiten Prozess, der verantwor-
tungsvolles Management in das Currikulum aller Bachelorstudien-
gänge der CBS verankern soll. Seine Forschungsschwerpunkte sind
Social Entrepreneurship, Social Innovation und Corporate Sustaina-
bility. Kai Hockerts promovierte im Bereich Management an der
Uniersity St. Gallen in der Schweiz. Vor seiner Berufung an die CBS
arbeitete Kai Hockerts als Adjunct Professor an der Business School
INSEAD in Frankreich. Seine Forschungsergebnisse veröffentlichte
er in einschlägigen internationalen wissenschaftlichen Zeitschriften
wie dem Journal of Business Venturing, Journal of Entrepreneurship
& Practice und dem Journal of Business Ethics.
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