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nnovationen sind erfolgskritisch für Organisationen, um sich
an dynamische wirtschaftliche Rahmenbedingungen anzupas-
sen. Bruce Curran und Scott Walsworth stellen daher die Frage:
Können InnovationendurchentsprechendeVergütunggefördert
werden? Siegehen ihrer Forschungsfrageempirischauf Basisdes „Ca-
nadian Workplace and Employee Surveys“ (1999-2006) nach, indem
sie den Einfluss verschiedener Vergütungspraktiken auf die Häufig-
keit und Bedeutsamkeit von Innovationen auf Ebene von Betriebsstät-
ten testen. Hierfür kont­rollieren sie organisationale Charakteristika
(z.B. Umsatz pro Mitarbeiter, Branche) und innovationsförderliche
Faktoren (z.B. Ausgaben fürWeiterbildung). Sie zeigen, dass die Höhe
des (Basis-)Gehaltswedermit derHäufigkeit nochmit der Bedeutsam-
keit von Produkt- oder Produktionsprozess­innovationen assoziiert ist.
Dies unterstützt die Sichtweise, dass Arbeitnehmer mit einer Präfe-
renz für kreative, intrinsisch belohnende Arbeit geringere Gehälter
akzeptieren, um in innovativen Firmen arbeiten zu können. Zudem
könnten hohe Basisgehälter, wenn sie mit einem geringen Anteil va-
riabler Vergütung einhergehen, die für Innovationen notwendige un-
ternehmerische Einstellung verdrängen. Wie frühere Studien bereits
gezeigt haben, sind individuelle leis­tungsbezogene Vergütungskom-
ponenten ebenfalls nicht signifikant mit der Häufigkeit und Bedeut-
samkeit von Innovationen assoziiert. Dies spricht zum einen für eine
Verdrängung intrinsischer Motivation durch extrinsische monetäre
Anreize und zum anderen für den Kontrollcharakter individueller
leistungsbezogener Vergütung in Hinsicht auf innovationsförderndes
Verhalten („Exploration“) von Arbeitnehmern. Erstaunlicherweise
konnte kein Zusammenhang zwischen humankapitalbezogenen Ver-
gütungskomponentenund Innovationennachgewiesenwerden–hier
ist weitere Forschung nötig. Im Gegensatz hierzu weisen Betriebs-
stätten mit variabler gruppenbezogener Vergütungskomponente, Er-
folgsbeteiligung oder überdurchschnittlichen Sozialleistungen eine
größere Chance auf, Innovationen hervorzubringen. Da sich individu-
eller Misserfolg nur mittelbar auf gruppenbezogene Vergütung und
Erfolgsbeteiligung auswirkt, könnte für diesen Befund „Risk Sharing“
bei explorativem Verhalten verantwortlich sein. Sozialleistungen
hingegen sind zugleich Stimulus und Gegenleistung für affektives
Commitment, das als essenziell für innovationsförderndes Arbeit-
nehmerverhalten betrachtet werden kann. Curran und Walsworth
können anhand ihrer Daten nicht die konkreten Mechanismen
aufdecken, die für diese Zusammenhänge verantwortlich sind. Die
Befunde legen jedoch nahe, dass die Forschungsfrage zumindest
vorläufig bejaht werden kann: Innovationen können durch gezielte
Vergütung gefördert werden. Erfolg versprechende Stellschrauben
sind hierbei Sozialleis­tungen sowie variable gruppen- und organi-
sationsbezogene Vergütungskomponenten.
Besprochen von
Benjamin P. Krebs
, Lehrstuhl International
Business, Universität Paderborn
Pay for Innovation?
Bruce Curran
(University of Toronto) &
Scott Walsworth
(Uni-
versity of Saskatchewan): „Can you pay employees to innovate?
Evidence from the Canadian private sector.” Human Resource
Management Journal, 2014, Vol. 24, No. 3, pp. 290–306.
D
er große Gehaltsvergleich“ oder „Wer verdient wie
viel?“ sind wiederkehrende Schlagzeilen. Viele Men-
schen möchten wissen, was die Kollegen verdienen.
Auch Forderungen nach mehr Transparenz von Ma-
nagergehältern werden immer wieder laut. Die Forscher stellen
die Frage, inwieweit sich das Wissen über unterschiedliche Löh-
ne auf die Leistungsbereitschaft der Arbeitnehmer auswirkt.
Im Laborexperiment teilten die Forscher zwei Gruppen ein:
Eine erhielt einen hohen, die andere einen niedrigen Stücklohn.
Dabei gab es zwei unterschiedliche Versuchsbedingungen. In
der ersten Bedingung erfuhren die Teilnehmer nicht von den
Lohn und Arbeitseinsatz
Anat Bracha
(Federal Reserve Bank of Boston),
Uri Gneezy
(Uni­ver­sity San Diego) and
George Loewenstein
(Carnegie
Mellon Uni­versity)
: „
Relative Pay and Labor Supply.“ Journal of
Labor Economics, 2015, 33 (2).
zwei unterschiedlichen Stücklöhnen. In der zweiten wurde al-
len mitgeteilt, dass es einen hohen und einen niedrigen Stück-
lohn gibt und dieser zufällig zugeteilt wird. In der Bedingung
ohne Information über die unterschiedlichen Stücklöhne beo-
bachteten die Forscher keinen Unterschied im Arbeitseinsatz
zwischen den Teilnehmern. Wenn die Teilnehmer Bescheid
wussten, wurden Unterschiede im Verhalten deutlich: Die Teil-
nehmer mit geringem Stücklohn reduzierten ihren Arbeits-
einsatz drastisch, während die Teilnehmer mit hohem Lohn
keine Änderung im Verhalten zeigten. Dies unterstreicht die
Hypothese, dass soziale Vergleiche den Arbeitseinsatz negativ
beeinflussen können. Die Ergebnisse der Studie legen nahe,
dass Unternehmen vielleicht mit gutem Grund individuelle
Gehaltsunterschiede nicht offenlegen, da Mitarbeiter mit nied-
rigen Gehältern darauf sehr wahrscheinlich mit einer Reduk­
tion ihrer Leistung reagieren werden.
Besprochen von
Rainer Michael Rilke
, Seminar für ABWL, Unter-
nehmensentwicklung und Wirtschaftsethik, Universität zu Köln