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PERSONALquarterly 01 / 15
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STATE OF THE ART
_BURN-OUT-SYNDROM
D
as Bewusstsein für die Bedeutsamkeit des psychi­
schen Wohlbefindens am Arbeitsplatz ist gestiegen.
Dazu haben die wachsende Forschungslandschaft
sowie die mediale Aufmerksamkeit beigetragen.
Auch politische Initiativen setzen sich verstärkt mit dem The­
ma auseinander. Ende des letzten Jahres verabschiedeten das
Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), die Bun­
desregierung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und
der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) eine gemeinsame
Erklärung zur psychischen Gesundheit in der Arbeitswelt.
Die drei Institutionen bekannten sich zur Reduzierung von
psychischen Belastungen, zur Prävention von psychischen
Erkrankungen sowie zur Wiedereingliederung psychisch er­
krankter Beschäftigter am Arbeitsplatz. Bundesarbeitsminis­
terin Andrea Nahles kündigte zudem im März dieses Jahres
ein Forschungsvorhaben in Kooperation mit der Bundesanstalt
für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin an mit dem Ziel, eine
systematische Übersicht über psychische Belastungsfaktoren
in der Arbeitswelt zu erstellen. Auch konkrete Handlungs­
empfehlungen für die Bereiche Arbeitsschutz, betriebliche Ge­
sundheitsförderung und betriebliche Mitbestimmung sollen
entwickelt werden.
Burn-out: Eine kurze Beschreibung
Ein viel beforschter Indikator für mangelndes psychisches
Wohlbefinden am Arbeitsplatz ist das Burn-out-Syndrom. Die
Gefühle dauerhaften Stresserlebens, mangelnder Energie,
emotionaler Gleichgültigkeit sowie geminderter Leistungs­
fähigkeit im Beruf beschreiben Burn-out und wurden in den
letzten vierzig Jahren in vielen Berufssektoren systematisch
untersucht.
Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Burn-out am Ar­
beitsplatz sowohl das Risiko für weitere gesundheitliche
Beeinträchtigungen erhöht als auch Absentismus, Arbeitsbin­
dung, Arbeitszufriedenheit und Leistung negativ beeinflusst.
Aber was können Unternehmen tun, um das Burn-out-Risiko
bei den eigenen Mitarbeitern gering zu halten? Im Folgenden
werden wir empirische Befunde zu möglichen Ursachen dar­
legen und Ansätze zur Prävention für die Personalpraxis dar­
stellen.
Frühe systematische Untersuchungen zeigten, dass Ärzte
und Krankenpfleger in der klinischen Arbeit mit Patienten,
aber auch Lehrer in der Arbeit mit Schülern oftmals an dauer­
hafter Müdigkeit leiden und ihre beruflichen Ideale verlieren.
Im Laufe der Jahre wurde die Konzeptualisierung des Burnout-
Syndroms erweitert und auch bei Beschäftigten in anderen
Berufssektoren empirisch belegt (Fusilier/Manning, 2005).
Das Burn-out-Syndrom wird darin als Konsequenz dauer­
haften Stresserlebens am Arbeitsplatz definiert (Maslach/
Jackson, 1984) und überwiegend anhand der drei Hauptdi­
mensionen emotionale Erschöpfung, Depersonalisation und
Ineffizienz am Arbeitsplatz gemessen (Maslach/Jackson/Lei­
ter, 1996). Emotionale Erschöpfung beschreibt das individuelle
Stresserleben und umfasst Gefühle negativen Affekts, Energie­
verlust sowie die Wahrnehmung aufgebrauchter emotionaler
Ressourcen. Die Dimension der Depersonalisation bezieht
sich auf den zwischenmenschlichen Umgang am Arbeitsplatz
und beinhaltet emotionale Gleichgültigkeit gegenüber Kolle­
gen oder Klienten. Depersonalisation beschreibt den Versuch,
durch die Schaffung von Distanz Stress besser bewältigen zu
können. Die Dimension der Ineffizienz bezieht sich auf die ne­
gative Selbstevaluation. So nimmt das Individuum eine gemin­
derte berufliche Selbstwirksamkeit wahr, die auch mit einer
tatsächlichen geminderten beruflichen Leistung einhergehen
kann (Maslach et al., 1996).
Das Erleben von Burn-out am Arbeitsplatz ist ein wichtiger
Indikator für ein gemindertes Mitarbeiterwohlbefinden, das
sowohl mit negativen gesundheitlichen als auch organisations­
bezogenenKonsequenzen einhergeht. Studienbefunde belegen,
dass das Erleben von Burn-out das Risiko an Herzkreislaufstö­
rungen und Schlafstörungen zu erkranken erhöht. Befunde von
Metaanalysen zeigen, dass emotionale Erschöpfung, Deperso­
nalisation und Ineffizienz mit einem geringeren Ausmaß an
Arbeitszufriedenheit, Arbeitsbindung und Leistung einherge­
hen sowie mit einem größeren Ausmaß an Absentismus und
Intentionen, das Unternehmen zu wechseln (Alarcon, 2011;
Lee/Ashforth, 1996; Swider/Zimmerman, 2010).
Während anfängliche Studien Eigenschaften des Arbeitsum­
felds zur Erklärung von Burn-out heranzogen, wurden in neu­
eren Studien auch Persönlichkeitseigenschaften untersucht.
Das Burn-out-Syndrom –
Ausgebrannt am Arbeitsplatz
Von
Dipl.-Psych. Armita Atabaki
(Universität Mannheim)