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Interim Manager agieren häufig in undurchsichtigen Markt-
lagen, nähere wettbewerbliche Umfelder sind meist nicht
eindeutig auszumachen. Damit wird klar, dass hinreichend be-
gründete Bezugspunkte fehlen, um ein eindeutiges Geschäfts-
modell als Interim Manager zu errichten.
Ressourcen- und marktorientierte Ansätze
Aus theoretischer Perspektive erscheint es deshalb sinnvoll,
auf zwei etablierte Ansätze des strategischen Managements,
den ressourcenorientierten und den marktorientierten An-
satz, zurückzugreifen und diese spezifisch im Hinblick auf
die Positionierung als Interim Manager zu interpretieren. Die
gleichzeitige und integrative Verwendung beider Ansätze lässt
sich dabei wie folgt begründen: Interim Manager müssen sich,
um sich langfristig beschäftigungsfähig zu halten, zu perma-
nenten Perspektivwechseln zwingen. So wurde aus den In-
terviewdaten beispielsweise ersichtlich, dass sich bei Interim
Managern Phasen der nach innen gerichteten, intensiveren
Ressourcenpflege mit nach außen gerichteten, marktbezo-
genen Phasen intensiverer Akquisitionsarbeit abwechseln.
Die theoretischen Überlegungen und Aussagen der Intervie-
wpartner sprechen also dafür, dass dieses Spannungsfeld zwi-
schen ressourcen- und wettbewerbsorientierten Ansätzen zur
Bestimmung der strategischen Positionierung eines Interim
Managers genutzt werden kann.
Zentrale Ressourcen und Wettbewerbsfaktoren
Basierend auf theoretischen Grundlagen der ressourcenorien-
tierten Perspektive, insbesondere aber auch durch eine Spe-
zifizierung im Rahmen der geführten Interviews, lassen sich
im Folgenden fünf zentrale Ressourcen von Interim Managern
nennen. Die erste zentrale Ressource des Interim Managers
ist Wissen aus formalen Qualifikationen. Es ist ein „Wissen
um Was“ und manifestiert sich explizit in Grundlagenaus-
bildungen (Diplom-, Master-Studiengänge etc.) sowie in wei-
terführenden Qualifikationen (Certified Public Accountant,
Steuerberater-/Wirtschaftsprüferexamen, Branchenwissen
etc.). Zweite wesentliche Ressource ist das auf Berufserfahrung
basierende, implizite Können. Es ist ein „Wissen um das Wie“
und äußert sich in Begriffen wie Implementierungsfähigkeit,
effektives Handeln und Routine. Dieses weitgehend implizite
Wissen ist nicht von Dritten zu erwerben, sondern basiert auf
eigenem Erfahrungslernen. Es zeigt sich eher in der Ausübung
von Effektivität als von Effizienz, mit anderen Worten darin,
„die richtigen Dinge zu tun“ anstatt „die Dinge richtig zu tun“.
Dritte Ressource ist das Verhalten eines Interim Managers.
Führungsaufgaben stellen externe Führungskräfte vor beson-
dere Probleme, weil InterimManagement per se zeitlich befris­
tet ist. Daraus resultierende wechselnde Anforderungen an
Verhalten und Rollenreflexion werden dabei umso wichtiger,
je mehr kollektive Leistungen zu organisieren sind. Ein breites
Spektrum an Führungs- und Rollenmustern vereinfacht nach
Aussagen der Interviewpartner daher die zweckgerichtete
Steuerung von Mitarbeitern. Vierte essenzielle Ressource ist
das Sozialkapital des Interim Managers. Es zeigt sich in der
Reichweite und Anzahl seiner Beziehungen sowie in deren
Reziprozität und Qualität. Größere und losere Netzwerke mit
eher schwachen Beziehungen eröffnen ihm weiterführende
Kontakte. Mit Finanzkapital ist schließlich die fünfte und ma-
teriellste Ressource benannt. Sie ermöglicht es dem Interim
Manager, Mandate nicht ausschließlich des Honorars wegen
anzunehmen. Er kann insoweit auf seine Autonomie verweisen
und künftigen Klienten eine weniger opportunistische Ausfüh-
rung ihres Mandats signalisieren. Finanzkapital eröffnet ihm
darüber hinaus sämtliche Aktivitäten als Entrepreneur, Start-
up-Helfer, Business Angel oder Venture-Capital-Geber.
Im Hinblick auf die Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit
spielen neben den intern verfügbaren Ressourcen des Inte-
rim Managers fünf Wettbewerbsfaktoren eine wichtige Rolle,
die hier entsprechend der Aussagen unser Interviewpartner
identifiziert, geordnet und skizziert werden: Erstens die Qua-
lität seiner Dienstleistung, die sich an Güte​siegeln und Refe-
renzen festmachen lässt, insbesondere vor dem Hintergrund
niedriger Markteintrittsbarrieren. Zweitens die Formulierung
eines Kerngeschäfts, das sich zwischen notwendiger Diversi-
fizierung und lukrativer Nischensuche bewegen kann. Drit-
tens die Vermarktung seiner Dienstleistung, welche von einer
Markenbildung bis hin zu mehr Eigenvertrieb und weniger
Fremdakquise mittels Intermediären reicht. Viertens eine Ori-
entierung am Lebenszyklus der Klientenunternehmens, da
ABSTRACT
Forschungsfrage:
Wie können sich Interim Manager für ihre strategische Positionierung
langfristig beschäftigungsfähig halten und welche Implikationen ergeben sich hieraus für das
Personalmanagement?
Methodik:
Theoretische Analyse und Experteninterviews zur Überprüfung der Befunde.
Praktische Implikationen:
Interim Manager positionieren sich über eigene Ressourcen,
bedienen unterschiedliche Märkte und lassen sich differenziert vergüten. Das Personal­
management kann dies berücksichtigen und zur Auswahl von und Zusammenarbeit mit
Interim Managern beitragen.