Seite 26 - PERSONALquarterly_2015_01

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PERSONALquarterly 01 / 15
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SCHWERPUNKT
_WORK-LIFE-BALANCE
ABSTRACT
Forschungsfrage:
Der Beitrag beschäftigt sich mit dem Zusammenhang von Ressourcen
und Spillover-Effekten von der Arbeit auf das Familienleben.
Methodik:
Ergebnisse einer Onlinestudie zeigen, dass Führungskräfte weniger negativen
Spillover und tendenziell stärker positiven Spillover berichten als Mitarbeiter. Es bestehen
Zusammenhänge von Spillover mit sozialen und individuellen Ressourcen.
Praktische Implikationen:
Betriebliche Gesundheitsförderung sollte an der Ressourcen-
stärkung ansetzen, um Mitarbeiter bei einer gelungenen Work-Life-Balance zu unterstützen.
schaftszufriedenheit einhergehen (Grzywacz/Butler, 2005). Bei-
de Prozesse sind dabei unabhängig voneinander zu betrachten
und können gleichzeitig nebeneinander existieren. Zum Beispiel
kann eine berufliche Tätigkeit das Familienleben dadurch belas­
ten, dass eine hohe Anzahl von Überstunden anfällt (negativer
Spillover), gleichzeitig jedoch das erwirtschaftete Einkommen
der Familie ein hohes Maß an finanzieller Sicherheit vermittelt
(positiver Spillover) (Grzywacz/Butler, 2005).
Arbeitsbezogene Ressourcen und Work-to-Family Spillover
Aus der Perspektive betrieblicher Gesundheitsförderung geht
es bei der Frage nach einer gelungenenWork-Life-Balance nicht
nur um den Abbau von Belastungen, indem beispielsweise eine
Teilzeitstelle eingerichtet wird, sondern auch um die Stärkung
von Ressourcen, die dem Erhalt und dem Aufbau gesundheits-
förderlicher Kompetenzen und Arbeitsbedingungen zuträglich
sind. Ressourcen sind Kompensations- und Schutzfaktoren,
die es erlauben, eigene Ziele zu verfolgen und unangenehme
Einflüsse zu reduzieren (Richter/Hacker, 2014). Grzywacz und
Butler (2005) konnten zeigen, dass arbeitsbezogene Ressour-
cen dazu dienen, eine Person in die Lage zu versetzen, durch
eigenes Handeln negative Work-to-Family-Spillover-Effekte zu
minimieren und positive Work-to-Family-Spillover-Effekte zu
maximieren.
Gemäß des ökosystemischen Ansatzes von Bronfenbrenner
(1992) können die Bereiche Arbeit und Familienleben als zwei
Systeme verstanden werden, deren Grenzen durchlässig sind
und deren Zusammenwirken durch Prozess-, Person-, Kon-
text- und Zeitfaktoren beeinflusst wird. Nach Bronfenbrenner
be­nötigt menschliches Wachstum das Zusammenspiel aus Sys-
temen, die grundsätzlich miteinander vereinbar sind. So kön-
nen funktionale Erfahrungen und Verhaltensweisen aus einem
System auf das Handeln in anderen Systemen übertragen wer-
den. Dazu benötigt ein Individuum Ressourcen als wichtigste
Kontextvariable, wie beispielsweise Handlungsspielräume
oder emotionale Unterstützung von anderen, die entweder im
Arbeits- oder im Familienbereich durch interpersonelle Aktivi-
täten erworben werden und dann auf andere Lebensbereiche
gewinnbringend angewendet und ausgeweitet werden. Per-
sonen, die über mehr Ressourcen verfügen, sollten besser als
andere in der Lage sein, diese Ressourcen auch zumWohl ihrer
Familien einzusetzen und zu vermehren.
Aus einer praxisorientierten Perspektive heraus ist es sinn-
voll, sich mit solchen Ressourcen auseinanderzusetzen, die
prinzipiell veränderbar sind. Die hier vorgestellte Studie bezieht
sich auf vier Ressourcen, die direkt oder indirekt beeinflussbar
sind: familiäre Ressourcen und individuelle Ressourcen der
erwerbstätigen Person.
Soziale Unterstützung durch Familienmitglieder als soziale
Ressource
Soziale Unterstützung bezeichnet soziale Interaktionen oder
Beziehungen, die das Individuum mit tatsächlicher Hilfestel-
lung versorgen oder ihm/ihr ein Gefühl der Bindung an eine
Person oder Gruppe vermitteln, die als umsorgend oder liebend
wahrgenommen werden (Hobfoll et al., 1990). Emotionale Un-
terstützung bezieht sich auf Verhaltensweisen wie Ermuti-
gung, Verständnis und Aufmerksamkeit für die arbeitende
Person sowie deren Beratung bei der Lösung von Problemen.
Instrumentelle Unterstützung hingegen meint Verhaltens-
weisen und Einstellungen, die mit Erleichterungen bei tag-
täglichen familiären Aufgaben und Haushaltsverpflichtungen
verbunden sind (King et al., 1995). Metaanalysen weisen auf
die zentrale Bedeutung sozialer Unterstützung durch Famili-
enmitglieder für das Auftreten von Work-Life-Konflikten hin.
Selbstkontrollkapazität beschreibt die Fähigkeit, sich selbst
steuern, auch „disziplinieren“ zu können, um attraktive Hand-
lungen zugunsten momentan weniger attraktiven, aber lang-
fristig positiveren Handlungen zu unterdrücken (Bertrams/
Dickhäuser, 2009). Dazu gehört beispielsweise, Versuchungen
zu widerstehen oder Gewohnheiten zu durchbrechen. Selbst-
kontrollkapazität befähigt also dazu, sich einer veränderlichen
Umwelt anzupassen, indem eigene Ziele und Präferenzen in
den Hintergrund gerückt werden, eine Fähigkeit, die sowohl
im beruflichen wie im privaten Kontext von hoher Bedeutung
sein dürfte.