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Die typische Altersstruktur von sachsen-anhaltischen Unter
nehmen macht eins deutlich: Die Belegschaften der Unterneh
men bestehen im Durchschnitt aus zwei großen Altersgruppen
(zweigipflige Verteilung), bei denen statistisch gesehen mit
erhöhten Belastungen durch Familienarbeit zu rechnen ist (vgl.
Abb. 4) . Daraus folgt, dass die Gestaltung familienfreundlicher
Arbeitsbedingungen im doppelten Sinne (Bedeutungszuwachs
des Attraktivitätsfaktors Familienfreundlichkeit und Entge
genwirken von Altersstrukturproblemen) einen besonderen
Stellenwert erhält.
Zusammenfassendmuss die betriebliche Arbeitsgestaltung zu
nehmend, unter Beachtung der menschlichen Leistungsfähigkeit
und Leistungsbereitschaft, die Einflüsse der Individualisierung
berücksichtigen. Dabei nehmen drei personenbezogene Be
reiche bzw. Einflussgrößen auf die Arbeitsgestaltung Einfluss.
Zu den Eigenschaften und Zuständen einer Person gehören ange
borene, relativ stabile Konstitutions- und Dispositionsmerkmale,
Qualifikations- und Könnensmerkmale, die lang-, mittel- und
kurzfristig veränderbar und durch Lernprozesse beeinflussbar
sind, sowie Anpassungsmerkmale, die durch Interventionen
kurzfristig modifizierbar sind. Als weitere Einflussgröße zeigen
sich objektive Bedingungen, die sich in persönliche und Lebens
bedingungen am Wohn- und Arbeitsort aufteilen. Persönliche
Motive, Einstellungen und Ziele stellen die dritte Einflussgröße
dar. Abb. 5 veranschaulicht die drei Bereiche.
Quelle: Personenbezogene Einflussgrößen auf die Arbeitsgestaltung (Schmicker et al. 2013)
Abb. 5:
Personenbezogene Einflussgrößen auf die Arbeitsgestaltung
Objektive Bedingungen
(Ressourcen außerhalb der
Arbeit)
Eigenschaften
und Zustände
Persönliche Motive /
Einstellungen / Ziele
Objektive persönliche
Bedingungen
(z. B. Anzahl / Alter der Kinder,
familiäre Situation,
soziales Milieu etc.)
Objektive Lebensbedingungen
am Wohn- und Arbeitsort
(z. B. Wohnungsangebot,
gesetzliche und sozio-kulturelle
Rahmenbedingungen)
Konstitutionsmerkmale
Dispositionsmerkmale
Qualifikations- und
Könnensmerkmale
Anpassungsmerkmale
Motive
(z. B. Leistung, Macht,
Anschluss)
Einstellungen und Werte
(z. B. Lebensorientierung, -stile,
Familienmodell, Berufsmodell)
Ziele
(berufliche, persönliche)
Die Vielzahl unterschiedlicher Bedarfe und Wünsche von
Arbeitspersonen lässt sich schwer im betrieblichen Alltag um
setzen. Aufgrund der Individualisierung finden Standardlö
sungen und Normative allerdings oft keine Akzeptanz. Ohne
Standardisierung der betrieblichen Prozessabläufe können
betriebswirtschaftliche Ziele jedoch schwer sichergestellt wer
den. Die Frage nach „Guter Arbeit“ stellt sich, wird aber zuneh
mend ein Normierungsproblem. Die Arbeitsgestaltung kann
sich nicht allein auf die Erwerbsarbeit beziehen, sondern muss
andere Formen der Arbeit (Familienarbeit, ehrenamtliches En
gagement) berücksichtigen. Die Arbeitsbedingungen in den
Unternehmen müssen familienfreundlicher, alterns- und al
tersgerechter und zuletzt individueller gestaltet sein. Das wirft
zusätzliche Fragen der Transparenz und Gerechtigkeit arbeits
gestalterischer Leistungen auf.
Praktische Relevanz
Welche praktische Relevanz kann daraus abgeleitet werden?
Der Personaleinsatz muss flexibler gestaltet werden. Die Ein
führung von Instrumenten zur Flexibilisierung der Arbeitszeit
und des Arbeitsorts erfüllen zumindest einige Bedürfnisse der
Generation Y. Im Bereich von Doppelkarrierepaaren gilt es,
intensiv an temporären Teilzeitmodellen nach der Erziehungs
zeit von Müttern und Vätern sowie Bindemodellen während
der Erziehungszeit zu arbeiten. Für die Pflege von Familien