Seite 23 - PERSONALquarterly_2015_01

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Die typische Altersstruktur von sachsen-anhaltischen Unter­
nehmen macht eins deutlich: Die Belegschaften der Unterneh­
men bestehen im Durchschnitt aus zwei großen Altersgruppen
(zweigipflige Verteilung), bei denen statistisch gesehen mit
erhöhten Belastungen durch Familienarbeit zu rechnen ist (vgl.
Abb. 4) . Daraus folgt, dass die Gestaltung familienfreundlicher
Arbeitsbedingungen im doppelten Sinne (Bedeutungszuwachs
des Attraktivitätsfaktors Familienfreundlichkeit und Entge­
genwirken von Altersstrukturproblemen) einen besonderen
Stellenwert erhält.
Zusammenfassendmuss die betriebliche Arbeitsgestaltung zu­
nehmend, unter Beachtung der menschlichen Leis­tungsfähigkeit
und Leistungsbereitschaft, die Einflüsse der Individualisierung
berücksichtigen. Dabei nehmen drei personenbezogene Be­
reiche bzw. Einflussgrößen auf die Arbeitsgestaltung Einfluss.
Zu den Eigenschaften und Zuständen einer Person gehören ange­
borene, relativ stabile Konstitutions- und Dispositionsmerkmale,
Qualifikations- und Könnensmerkmale, die lang-, mittel- und
kurzfristig veränderbar und durch Lernprozesse beeinflussbar
sind, sowie Anpassungsmerkmale, die durch Interventionen
kurzfristig modifizierbar sind. Als weitere Einflussgröße zeigen
sich objektive Bedingungen, die sich in persönliche und Lebens­
bedingungen am Wohn- und Arbeitsort aufteilen. Persönliche
Motive, Einstellungen und Ziele stellen die dritte Einflussgröße
dar. Abb. 5 veranschaulicht die drei Bereiche.
Quelle: Personenbezogene Einflussgrößen auf die Arbeitsgestaltung (Schmicker et al. 2013)
Abb. 5:
Personenbezogene Einflussgrößen auf die Arbeitsgestaltung
Objektive Bedingungen
(Ressourcen außerhalb der
Arbeit)­
Eigenschaften
und Zustände
Persönliche Motive / 
Einstellungen / Ziele
Objektive persönliche
Bedingungen
(z. B. Anzahl / Alter der Kinder,
fami­liäre Situation,
soziales Milieu etc.)
Objektive Lebensbedingungen
am Wohn- und Arbeitsort
(z. B. Wohnungsangebot,
gesetzliche und sozio-kulturelle
Rahmenbedingungen)
Konstitutionsmerkmale
Dispositionsmerkmale
Qualifikations- und
Könnensmerkmale
Anpassungsmerkmale
Motive
(z. B. Leistung, Macht,
Anschluss)
Einstellungen und Werte
(z. B. Lebensorientierung, -stile,
Familienmodell, Berufsmodell)
Ziele
(berufliche, persönliche)
Die Vielzahl unterschiedlicher Bedarfe und Wünsche von
Arbeitspersonen lässt sich schwer im betrieblichen Alltag um­
setzen. Aufgrund der Individualisierung finden Standardlö­
sungen und Normative allerdings oft keine Akzeptanz. Ohne
Standardisierung der betrieblichen Prozessabläufe können
betriebswirtschaftliche Ziele jedoch schwer sichergestellt wer­
den. Die Frage nach „Guter Arbeit“ stellt sich, wird aber zuneh­
mend ein Normierungsproblem. Die Arbeitsgestaltung kann
sich nicht allein auf die Erwerbsarbeit beziehen, sondern muss
andere Formen der Arbeit (Familienarbeit, ehrenamtliches En­
gagement) berücksichtigen. Die Arbeitsbedingungen in den
Unternehmen müssen familienfreundlicher, alterns- und al­
tersgerechter und zuletzt individueller gestaltet sein. Das wirft
zusätzliche Fragen der Transparenz und Gerechtigkeit arbeits­
gestalterischer Leistungen auf.
Praktische Relevanz
Welche praktische Relevanz kann daraus abgeleitet werden?
Der Personaleinsatz muss flexibler gestaltet werden. Die Ein­
führung von Instrumenten zur Flexibilisierung der Arbeitszeit
und des Arbeitsorts erfüllen zumindest einige Bedürfnisse der
Generation Y. Im Bereich von Doppelkarrierepaaren gilt es,
intensiv an temporären Teilzeitmodellen nach der Erziehungs­
zeit von Müttern und Vätern sowie Bindemodellen während
der Erziehungszeit zu arbeiten. Für die Pflege von Familien­