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PERSONALquarterly 01 / 15
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SCHWERPUNKT
_WORK-LIFE-BALANCE
ABSTRACT
Forschungsfrage:
Wie wirken sich situationsbedingte und personenbezogene Faktoren auf
zeit- und stressbedingte Konflikte zwischen Beruf und Privatleben aus?
Methodik:
Auf Basis von Umfragedaten aus der Unternehmensberatungsbranche und
mittels einer hierarchischen Regressionsanalyse wurden unterschiedliche Einflussfaktoren
bezüglich ihrer Relevanz untersucht.
Praktische Implikationen:
Für eine Vermeidung von Konflikten ist auf die Unterstützung
durch das Management zu achten und die Auswahl von emotional stabilen Mitarbei-
tern. Zudem ist es wichtig, Konflikte zwischen Beruf- und Privatleben branchenspezifisch
handzuhaben.
betrachtet wurden (bspw. Kinnunen et al. 2003). Die hier dar-
gestellten personenbezogenen Faktoren beziehen sich auf die
Persönlichkeitsmerkmale des Fünf-Faktoren-Modells (Big Five):
Emotionale Stabilität, Extraversion, Verträglichkeit, Gewissen-
haftigkeit und Offenheit für Erfahrung (McCrae/John 1992).
Aufbauend auf den Ergebnissen bisheriger Studien (z.B. Ran-
tanen et al. 2005) wird der emotionalen Stabilität ein negativer
Einfluss auf den zeit- und stressbedingten Konflikt zugeschrie-
ben (Hypothese 3). Bezüglich der vier anderen verbleibenden
Dimensionen des Fünf-Faktoren-Modells gibt es noch keine
eindeutigen Ergebnisse hinsichtlich des Einflusses auf den
Work-Life-Konflikt (Wayne et al. 2004). Im Folgenden gehen
wir davon aus, dass Extraversion einen negativen Einfluss auf
den zeit- und stressbedingten Konflikt aufweist (Hypothese 4).
Ebenso wird ein negativer Einfluss des Persönlichkeitsmerk-
mals Verträglichkeit auf den zeit- und stressbedingten Konflikt
erwartet (Hypothese 5). In Übereinstimmung mit Wayne et al.
(2004) ergibt sich ferner die Annahme, dass Gewissenhaftigkeit
ebenfalls einen negativen Einfluss auf den zeit- und stressbe-
dingten Konflikt hat (Hypothese 6). Bezüglich der Offenheit
für Erfahrungen wird ein negativer Einfluss auf den zeit- und
stressbedingten Konflikt angenommen (Hypothese 7).
Work-Life-Konflikt in Unternehmensberatungen:
Das Untersuchungsdesign
Die vorgestellten Ergebnisse basieren auf einer Datenerhebung
(Online-Umfrage) unter hoch qualifizierten „Professionals“,
also Wissensarbeitern in Unternehmen wie Wirtschaftsprü-
fungen, Wirtschaftskanzleien, Unternehmensberatungen und
Ingenieursdienstleistern. Da in der vorliegenden Untersu-
chung spezifisch Unternehmensberatungen untersucht wer-
den sollen, wurde die Stichprobe bereinigt und enthält nur die
Daten der Unternehmensberater (220 Teilnehmer). Über die
Hälfte der Befragten war zwischen 23 und 30 Jahren alt, mit
einem Mittelwert von 31,8 und einer Standardabweichung von
5,41. Der jüngste Teilnehmer war 23 Jahre, der älteste 55 Jahre
alt. Diese Altersstruktur ist für Unternehmensberatungen auf-
grund ihrer pyramidalen Struktur nicht überraschend. Mehr
als drei Viertel der Befragten waren Männer (79,5%), 74,5% der
Befragten lebten in einer festen Beziehung bzw. waren verhei-
ratet, 25,5% waren alleinstehend bzw. ledig. Die überwiegende
Mehrheit der Teilnehmer hatte keine Kinder (85%). Von den Be-
fragten arbeiteten 15,9% auf dem Einstiegslevel, 35,5% befan-
den sich zwischen dem Einstiegs- und mittlerem Level, 29,1%
arbeiteten auf dem mittleren Level, 13,2% waren zwischen die-
sem und dem Partnerlevel angesiedelt und 6,4% arbeiteten auf
der höchsten Ebene im Unternehmen, dem Partnerlevel. Die
mittlere Arbeitszeit betrug in der Stichprobe 59,35 Stunden
pro Woche, die maximale wöchentliche Stundenzahl 80. Die
überwiegende Mehrheit der Berater in der Stichprobe arbeitete
60 und mehr Stunden pro Woche (64,1%).
Die situationsbedingten Einflussfaktoren umfassten in die-
ser Arbeit die Arbeitszeit und die Unternehmenskultur, hier
repräsentiert durch den Management-, Supervisor- und Co-
Worker-Support. Die Erhebung der wöchentlichen Arbeitszeit
erfolgte durch die Stellung der offenen Frage: „Meine durch-
schnittliche Wochenarbeitszeit beträgt ...“ Die Unterstützung
des Managements, der direkten Vorgesetzten und der Kolle-
gen wurde durch die Items von Dikkers et al. (2007) erfasst,
die wiederum ursprünglich aus den Skalen zur Messung der
Organisationkultur stammen. Persönlichkeitsbezogene Ein-
flussfaktoren wurden mithilfe des Fünf-Faktoren-Modells (Big
Five) ermittelt. Jedes dieser Merkmale wurde durch zwei Items
erfragt, die auf dem „Ten-Item Personality Inventory (TIPI)“ von
Gosling et al. (2003) basierten.
Der Work-Life-Konflikt als abhängige Variable wurde in
zeit- und stressbasierenden Konflikt unterteilt und getrennt
voneinander auf mögliche Einflussfaktoren untersucht. Die ver-
wendeten Items basieren auf Carlson et al. (2000). Der zeitbezo-
gene Konflikt des Berufs- auf das Privatleben wurde durch drei
Items erfasst. Eine der drei Fragen lautete: „Meine Arbeit hält
mich mehr von meinen privaten Aktivitäten ab, als mir lieb ist.“
Die zweite Form des Work-Life-Konflikts, der stressbedingte
Konflikt, wurde ebenfalls durch die Auswahl von drei Items
gemessen. Ein Beispiel hierfür ist: „Nach der Arbeit bin ich oft
zu ausgelaugt, um privaten Verpflichtungen nachzukommen.“