Seite 15 - PERSONALquarterly_2015_01

Basic HTML-Version

01 / 15 PERSONALquarterly
15
W
ie sich Beruf und Privatleben vereinbaren lassen,
ist in den vergangen Jahren zu einemzentralen ge-
sellschaftlichen Thema geworden. Daher steht die
Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zuneh-
mend auch im Fokus der Wissenschaft. Ein zentraler Befund der
Forschung ist, dass der Versuch, berufliche und außerberufliche
Rollen zu koordinieren, zu Rollenkonflikten (Work-Life-Konflikt)
führen kann (Kopelman et al. 1983). Diese liegen dann vor, wenn
die Erfüllung einer Rolle die Erfüllung einer anderen negativ be-
einflusst. Ein wesentlicher Grund für diese Konflikte ist es, dass
Zeit und Energie des Einzelnen erschöpfbare Ressourcen darstel-
len (Aryee 1992). Greenhaus und Beutell (1985) differenzieren
drei Dimensionen des Work-Life-Konflikts: „time-“, „strain-“ und
den (in diesem Beitrag nicht weiter berücksichtigten) „behavior-
based conflict“. Der zeitbezogene Konflikt („time“) liegt dann vor,
wenn mehrere Rollen um die begrenzte Zeit des Rollenerfüllers
konkurrieren. Zeit, die für die Erfüllung der Arbeitsrolle ver-
wendet wird, steht nicht mehr für außerberufliche Tätigkeiten
zur Verfügung. Einflussfaktoren auf diese Konfliktart sind z.B.
die Länge und die Flexibilität der Arbeitszeit an sich. Eine an-
dere Form des Interrollenkonflikts, der „strain-based conflict“,
entsteht durch Belastungen, die bei der Erfüllung einer Aufga-
be hervorgerufen werden und somit die Ausführung anderer
Rollen beeinträchtigen. Sogenannte „work stressors“ führen zu
Gefühlen wie Angst, Müdigkeit, Depression, Teilnahmslosigkeit
und Sorgen. Da die zugrunde liegende Ursache für die Konflikt­
dimensionen unterschiedlich ist, liegt es nahe, dass sie auch un-
terschiedliche Einflussfaktoren besitzen.
Ziel des vorliegenden Beitrags ist es zu zeigen, welche Fak-
toren jeweils relevanten Einfluss auf die zwei genannten Kon-
fliktdimensionen ausüben. Die Untersuchung erfolgt dabei im
spezifischen Arbeitskontext der Unternehmensberatung. Die-
se Branche zeigt aufgrund ihrer charakteristischen Arbeitsbe-
dingungen, wie Projektarbeit und extrem lange Arbeitszeiten,
typische Voraussetzungen für ein hohes Konfliktpotenzial,
welches die Berater zwischen der beruflichen und privaten Do-
mäne empfinden könnten. Da jedoch der Work-Life-Konflikt in
dieser Branche erst in wenigen Studien analysiert wurde (z.B.
Kaiser et al. 2010), setzt sich die in diesem Beitrag dargestellte
Untersuchung spezifisch mit den Bedingungen bei Unterneh-
Work-Life-Konflikt: Erkenntnisse zu
­Einflussgrößen in Beratungsunternehmen
Von
Prof. Dr. Stephan Kaiser
(Universität der Bundeswehr München),
Dr. Martin Stolz
(Kienbaum Management Consultants),
Corinna Behr
und
Dr. Arjan Kozica
(Universität der Bundeswehr München)
mensberatungen auseinander. Dabei wird auch zu prüfen sein,
inwieweit sich die Untersuchungsergebnisse von anderen, be-
reits vorliegenden Studien unterscheiden.
Hypothesen zu Einflussfaktoren auf den Work-Life-Konflikt
Ein erster situationsbezogener Einflussfaktor auf den Work-
Life-Konflikt ist die Arbeitszeit. Der typischerweise überdurch-
schnittlichenArbeitszeit des Beraters ist Beachtung zu schenken,
da bekannt ist, dass ausgedehnte zeitliche Verpflichtungen am
Arbeitsplatz den Konflikt zwischen Beruf und Privatleben ver-
stärken (Greenhaus et al. 1987). Es ist anzunehmen, dass sich
eine steigende Arbeitszeit positiv (also konfliktverstärkend)
sowohl auf den zeit- als auch den stressbedingten Work-Life-
Konflikt auswirkt (Hypothese 1a). Dabei wird jedoch vermutet,
dass sich die Arbeitszeit aufgrund der direkten Einwirkung des
Zeitempfindens auf den Einzelnen stärker auf den zeitbedingten
als auf den stressbedingten Konflikt auswirkt (Hypothese 1b).
Ein zweiter situationsbezogener Einflussfaktor ist die Un-
ternehmenskultur. Eine, in diesem Kontext wünschenswerte,
Unternehmenskultur zeichnet sich durch Normen und Werte
aus, denen zufolge Manager gegenüber privaten Verpflich-
tungen der Mitarbeiter sensibilisiert sind, das Privatleben der
Mitarbeiter respektieren und aktiv zur Nutzung von Work-Life-
Balance-Initiativen ermuntern (Major et al., 2008). Wichtige
Teilbereiche der Unternehmenskultur, die ein unterschiedlich
großes Gewicht auf die Verminderung von Rollenkonflikten
haben, sind der Management-, Supervisor- und Co-Worker-
Support (Kinman/Jones 2008). In zahlreichen Studien wur-
de bestätigt, dass der Work-Life-Konflikt in Organisationen
geringer ausgeprägt ist, wenn in diesen ein hohes Maß an
Unterstützung des Managements, des Vorgesetzten und/oder
der Kollegen festgestellt wurde (Kinman/Jones 2008; Taylor
et al. 2009). Daraus ergibt sich die Annahme, dass sich eine
Work-Life-Balance-freundliche Unternehmenskultur, mit den
Teilbereichen des Management-, Supervisor- und Co-Worker-
Supports negativ (also konfliktvermindernd) auf den zeit- und
stressbedingten Konflikt auswirkt (Hypothese 2).
Zu den personenbezogenen Faktoren zählen wir Persön-
lichkeitsmerkmale, die auch in anderen Studien als Einfluss-
faktoren auf den Konflikt zwischen Beruf und Privatleben