Seite 50 - PERSONALquarterly_2014_02

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ESSENTIALS
_REZENSIONEN
PERSONALquarterly 02 / 14
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ergleiche bestimmen unseren Arbeitsalltag. Die
Fragen „Wie viel Gewinn machen unsere Wettbe-
werber?“, „Wie arbeitet mein Chef?“ oder auch: „Wie
viel verdient mein Kollege?“ scheinen nicht nur die
Boulevardmedien, sondern auch die Mitarbeiter regelmäßig
zu interessieren. Inwieweit das Wissen um eine Veränderung
des Lohns der Kollegen die Arbeitsleistung beeinflusst, ist der
Kern der o. g. Studie. Die Forscher stellen sich die Frage, inwie-
weit eine Lohnreduktion die Arbeitsleistung des Betroffenen
beeinflusst und wie seine nichtbetroffenen Kollegen reagieren.
Üblicherweise sind Lohnkürzungen selten zu beobachten
und noch seltener besteht die Möglichkeit, in einem Experi-
ment deren Effekte zu untersuchen. Eine besondere Gelegen-
heit nutzten die Forscher in einem einmaligen Feldexperiment:
Die Forscher arbeiteten mit einer Firma zusammen, die Mit-
gliedskarten für Bars und Diskotheken verkauft. Für eine
Werbeaktion dieser Mitgliedskarten rekrutierten die Forscher
zusammen mit der Firma Arbeitskräfte, die unwissentlich Teil
eines Experiments waren.
Bei diesem Feldexperiment ließen sie die Arbeitnehmer
zunächst in Zweiergruppen für einen fixen Stundenlohn von
12 EUR pro Stunde arbeiten. Nach dieser einwöchigen Ein-
gewöhnungsphase wurden die Teilnehmer des Experiments
in drei Untersuchungsbedingungen eingeteilt. In der ersten
Bedingung blieb der Stundenlohn unverändert bei 12 EUR pro
Lohnkürzungen: Geteiltes
Leid ist halbes Leid?
Alain Cohn
(Universität Zürich),
Ernst Fehr
(Universität Zürich),
Benedikt Herrmann
(European Commission) &
Frédéric Schnei-
der
(Universität Zürich): „Social Comparison and Effort Provision:
Evidence from a Field Experiment“. Erscheint 2014 in der Zeit­
schrift Journal of the European Economic Association).
D
ie Zusammenstellung von Arbeits- bzw. Projektteams
stellt häufig eine Herausforderung für Personalmana-
ger dar. Neben Teamgröße und fachlicher Qualifikation
kann auch die Geschlechterkomposition eine wichtige
Rolle für die Teamproduktivität spielen. Auch stellt sich die Fra-
ge, ob leistungsabhängige (Team-)Anreize unterschiedlich auf
Frauen bzw. Männer wirken. Empirische Studien zeigten bisher,
dass Wettbewerb Männer deutlich stärker anspornt als Frauen.
Um weitere Evidenz zu diesen Fragestellungen zu erhalten,
hat das niederländische Forscherteam ein Feldexperiment
durchgeführt. Dazu kooperierten sie mit 128 Filialen einer
Modekette. Die Hälfte der Geschäfte wurde von Frauen gelei-
tet, die andere Hälfte von Männern. Der Frauenanteil unter
den durchschnittlich zwölf Verkäufern in den Filialen variierte
zwischen 50-100 %. Immer zwischen fünf zusammengestell-
ten Geschäften wurden Wettbewerbsanreize eingeführt. Die
Filiale, die das höchste Umsatzwachstum (Zeitraum von sechs
Wochen im Vorjahresvergleich) erzielte, gewann das „Turnier“.
Jedes Team erhielt über eine Rangliste wöchentlich Rückmel-
dung über ihren aktuellen Stand innerhalb der Fünfergruppe.
Als Prämie wurde jedem Mitarbeiter der Siegerfiliale ein Bo-
nus von 75 EUR versprochen, den Zweitplatzierten 35 EUR.
Als Kontrollgruppe wurde in diversen Filialen kein Wettbe-
werb durchgeführt. Das Ergebnis: Die Turnieranreize wirkten.
Durchschnittlich stieg das Umsatzwachstum um 5 %, signifi-
kant mehr als in der Kontrollgruppe, unabhängig davon, ob die
Filiale von einer Frau oder einem Mann geleitet wurde.
Es zeigte sich aber, dass frauengeführte Teams mit hohem
Frauenanteil in der Verkäuferbelegschaft deutlich erfolgreicher
waren als Teams mit ausgeglicheneren Geschlechteranteilen.
Auch schnitten männergeführte Teams mit mehrheitlich männ-
lichen Verkäufern signifikant besser ab als gemischte Teams.
In einer Zusatzuntersuchung wurde auf monetäre Anreize ver-
zichtet. Die positive Wirkung auf das Umsatzwachstum blieb
allerdings bestehen, ebenso wie die „Geschlechter-Effekte“.
Die Erklärungen der Forscher: 1. Die kommunikative Vermitt-
lung des Wettbewerbs durch die Filialleitung funktioniert bei
Mitarbeitern des gleichen Geschlechts besser. 2. Da die Wett-
bewerbsanreize stark auf die Teamleistung abzielen, erscheint
es plausibel, dass Teamleiter des gleichen Geschlechts wie die
Mehrheit des Verkäuferteams effektiver in der Motivation sind.
Dass Frauen die Wettbewerbssituation generell weniger moti-
viert als Männer konnte nicht gezeigt werden. Interessant ist:
Wettbewerbe mit rein symbolischer Wirkung, ohne monetäre
Anreize, reichen schon aus, um Mitarbeiter zu motivieren.
Besprochen von
Julian Conrads
, Seminar für ABWL, Unterneh-
mensentwicklung und Wirtschaftsethik, Universität zu Köln
Die richtige Teamkom-
position zahlt sich aus
Josse Delfgaauw
,
Robert Dur
,
Willem Verbeke
(Erasmus Univer­
sity Rotterdam) &
Joeri Sol
(University of Amsterdam): „Tourna­
ment Incentives in the Field: Gender Differences in the Workplace”.
Journal of Labor Economics, 2013, Vol. 31, No. 2, pp. 305-326.