Seite 24 - PERSONALquarterly_2014_02

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PERSONALquarterly 02 / 14
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SCHWERPUNKT
_NETZWERKEN
D
ie zentrale Funktion von sozialen Netzwerken bei der
Stellensuche und Besetzung ist inzwischen unbestrit-
ten. Aktuelle Zahlen des Instituts für Arbeitsmarkt-
und Berufsforschung weisen darauf hin, dass sowohl
die Suche über reale informelle Kontakte (Familie, Freunde,
Kollegen) als auch die Suche über soziale Netzwerke im Inter-
net am häufigsten bei der Stellensuche genannt werden (Dietz
et al., 2013).
Es zeigt sich, dass die Suche über Netzwerke nennenswerte
Vorteile wie Zeiteffizienz und Kostenersparnis sowie die Opti-
mierung des Matching-Prozesses zwischen Bewerberpool und
zu besetzender Stelle mit sich bringt (Fernandez et al., 2000).
Daher werden Netzwerke sowohl für die Stellensuche als auch
für die Personalsuche genutzt. Für Unternehmen ergeben sich
nachhaltige Vorteile, wenn schon bei der Rekrutierung die
Strukturen und Funktionen der Beziehungsnetzwerke der
Bewerber mithilfe der sozialen Netzwerkanalyse analysiert
und ihr potenzieller Nutzen für das Unternehmen in Hinblick
auf Wissenserwerb und mögliche Kooperationen untersucht
werden.
Die Bedeutung sozialer Netzwerke für die Arbeitsplatzsuche
ist heute durch die soziale Netzwerkanalyse sehr gut unter-
sucht. Dabei haben insbesondere die Arbeiten Mark Grano-
vetters (Granovetter, 1973; 1995) herausgehobene Beachtung
erfahren. Er stellte die Bedeutung sozialer Netzwerke sowohl
für den Berufsfindungsprozess als auch für den Karrierever-
laufsprozess heraus, die bis heute einen zentralen Gegenstand
netzwerkanalytischer Forschung bilden. Seine drei zentralen
Thesen wollen wir zunächst für die Arbeitnehmer vorstellen
und daran anschließend auf die Arbeitgeberseite übertragen.
Für die Arbeitgeberseite liegen bisher wenige repräsentative
Studien vor, welche Potenziale die Analyse und Nutzung der
sozialen Netzwerkbeziehungen von Bewerbern für Unterneh-
men bieten können. Dies ist insofern verwunderlich, als dass
der Zugang zu externem Wissen über informelle und formelle
Netzwerkbeziehungen heute einer der wettbewerbsentschei-
denden Faktoren ist (Anderson et al., 2001). Wenn Unterneh-
men die Struktur der Netzwerkbeziehungen des Bewerbers
also schon bei der Rekrutierung bewusst wäre, könnte dieser
Wissenszugang ausgewertet und strategisch genutzt werden.
Von
Katharina Gerlach
,
Dr. Dirk Fornahl
und
Lutz Richter
(Universität Bremen)
Soziale Netzwerkanalyse als Instrument
der erfolgreichen Personalauswahl
Es stellt sich die Frage, warum nur wenige Unternehmen diese
Chance bislang nutzen.
Such- und Findungsprozess erleichtern
Arbeitnehmer suchen und finden ihre Arbeitsplätze häufiger
über soziale Beziehungen als über formale Suchkanäle (Bren-
ke/Zimmermann, 2007). Soziale Beziehungen funktionieren
dabei als Kanäle, durch die berufsbezogene Informationen be-
reitgestellt werden, was wiederum Suchkosten reduziert und
die durchschnittliche Dauer der Suche verringert.
Quelle: In Anlehnung an Dietz, Röttger & Szameitat 2011, 2 ff.
Abb. 1:
Suchwege, Besetzungswege und Erfolgs­-
quoten deutscher Unternehmen 2011
Suchwege
Besetzungs­
wege
Erfolgs­
quoten
Persönliche Kontakte
39,7
24,9
62,7
Eigene Inserate
42,1
23,5
55,9
Auswahl aus Leiharbeitern
2,8
1,4
50,7
Interne Praktika
2,8
1,2
42,0
Private Arbeits­vermittlung
7,6
2,8
36,3
Arbeitsagentur
42,8
15,3
35,8
Initiativbewerbungen
29,3
9,8
33,5
Stellenangebote im
Internet
42,4
14,1
33,3
Auswahl aus
Auszubildenden
2,8
0,8
27,7
Interne Stellen­
ausschreibungen
22,6
3,2
14,4
Antwort auf Inserate
Arbeitssuchender
5,6
0,7
12,6
Angaben in Prozent