Seite 52 - PERSONALquarterly_2013_04

Basic HTML-Version

52
Essentials
_Rezensionen
personalquarterly 04 / 13
F
lexible Arbeitsgestaltungsmaßnahmen wie Home Of-
fice oder flexible Arbeitszeiten werden häufig einge-
setzt, umMitarbeitern die Vereinbarkeit von Beruf und
Familie zu erleichtern und fähige Arbeitskräfte zu hal-
ten. Wenn diese Maßnahmen wirken, können sie Konflikte zwi-
schen beruflichen und privaten Verpflichtungen verhindern.
Die bisherigen Forschungsbefunde dazu sind allerdings ge-
mischt. Um dies zu klären, haben Allen und Kollegen eine Me-
taanalyse zu 58 bisherigen Studien durchgeführt. Insgesamt
enthielt die Stichprobe der Metaanalyse 112.834 Mitarbeiter.
Wie die Ergebnisse zeigen, fällt der positive Effekt flexibler
Arbeitszeiten und Arbeitsorte auf die Vereinbarkeit von Beruf
Mitarbeiter mit Familien
sinnvoll entlasten
Tammy D. Allen
,
Ryan C. Johnson
,
Kaitlin M. Kiburz
(Uni-
versity of South Florida) &
Kristen M. Shockley
(Baruch
College): „Work-family conflict and flexible work arrangements:
Deconstructing Flexibility“. Personnel Psychology, 66 (2013),
345-376.
und Familie eher gering aus. Außerdem ist der Zusammen-
hang komplex und hängt davon ab, aus welchem Blickwinkel
die Vereinbarkeit von Beruf und Familie betrachtet wird.
Die Ergebnisse zeigen einerseits, dass flexible Arbeitsge-
staltung hilft, familiäre Konflikte aufgrund beruflicher Ver-
pflichtungen zu reduzieren. Andererseits konnten berufliche
Konflikte aufgrund familiärer Verpflichtungen durch flexible
Arbeitsgestaltungsmaßnahmen nicht bedeutsam verringert
werden. Dabei ist anzumerken, dass Mitarbeiter deutlich
häufiger über familiäre Konflikte durch berufliche Verpflich-
tungen berichten, als andersherum.
Als praktische Implikation der Befunde diskutieren die
Autoren, dass Organisationen eher auf Unterstützung als auf
flexible Arbeitsgestaltung setzen sollten, um Mitarbeiter mit
Familien zu entlasten. Dabei sind vor allem die Vorgesetzten
gefordert.
Hier könnten spezifische Trainings ansetzen, die Führungs-
kräfte in Unternehmen für familienfreundliches Verhalten
und Unterstützung sensibilisieren.
Besprochen von Dr.
Nale Lehmann-Willenbrock,
VU Amster-
dam, Department of Social & Organizational Psychology
W
arum arbeiten Männer und Frauen oft in unter-
schiedlichen Bereichen (und warum verdienen
Männer dabei häufig mehr)? Eine Ursache liegt
in der Personalauswahl für bestimmte Stellen.
Die bisherige Forschung und zahlreiche Rechtsfälle zeigen,
dass Frauen seltener als Führungskraft eingestellt werden,
weil Arbeitgeber (unbewusste) Vorurteile hegen oder „Män-
nerdomänen“ aufrechterhalten wollen. Eine weitere Ursache
betrifft aber möglicherweise auch das Verhalten von Frauen,
nicht nur bei der Auswahl des Ausbildungswegs oder Studien-
fachs, sondern auch bei der Stellensuche.
Um dieser Frage nachzugehen, haben die Autoren 1255
MBA-Studenten in der Bewerbungsphase befragt. Die Ergeb-
Weibliche Präferenzen
bei der Stellensuche
Roxana Barbulescu
(McGill University) &
Matthew Bidwell
(The Wharton School): „Do women choose different jobs from
men? Mechanisms of application segregation in the market for
managerial workers“. Organization Science, 24 (2013), 737-756.
nisse liefern Hinweise dafür, dass die weiblichen Bewerber
tatsächlich andere Präferenzen bei der Stellensuche haben.
Die weiblichen Absolventen bewarben sich eher für allgemei-
ne Management-Positionen als für Stellen in der Finanz- oder
Unternehmensberatungsbranche.
Gründe dafür liegen teilweise in einer Präferenz für Stellen,
bei denen Frauen eine bessere Work-Life-Balance vermuten.
Aber auch die geringe Identifikation mit stereotypisch mas-
kulinen Jobs sowie die Annahme, als Frau für diese Jobs nicht
ausgewählt zu werden, spielen eine Rolle.
Die Autoren finden keine Hinweise dafür, dass die weib-
lichen MBA-Absolventen seltener für bestimmte Job-Bereiche
ausgewählt werden.
Was können Arbeitgeber tun? Barbulescu und Bidwell disku-
tieren, dass Organisationen daran arbeiten sollten, Stereotype
zu „maskulinen“ oder „femininen“ Jobs abzubauen.
Auch das Angebot familienfreundlicher Maßnahmen kann
dazu beitragen, dass Frauen sich eher vorstellen können, in
denselben Positionen zu arbeiten wie Männer und sich ent-
sprechend bewerben.
Besprochen von
Dr. rer. Nat. Nale Lehmann-Willenbrock,
VU
Amsterdam, Department of Social & Organizational Psychology