Seite 51 - PERSONALquarterly_2013_04

Basic HTML-Version

51
04 / 13 personalquarterly
rung des Rücklaufs. Das heißt, wenn man als Firma nicht viel
Geld ausgeben will und nur kleine Anreize verwenden möchte,
dann sollte man gleich ganz darauf verzichten, die Befragten
zu inzentivieren.
Ganz im Gegensatz dazu der bedingungslose Anreiz. Diese
freundliche Geste des Unternehmens, das Geld im Voraus zu
schicken, führte dazu, dass bei kleinen Geldbeträgen (weniger
als $ 6) bis zu 22 % der Teilnehmer die Umfrage mitgemacht
hat. Diesen merklichen Anstieg im Rücklauf erklären sich die
Forscher damit, dass die Vorauszahlung als freundliche Ges­
te empfunden wird, die die Teilnehmer gerne zurückgeben
möchten. Sie tun dies, indem sie der Bitte des Unternehmens
entsprechen und den Fragebogen vermehrt ausgefüllt zurück-
schicken. Das Bild dreht sich, wenn der Geldbetrag höher ist.
Bei einem Betrag von $ 30 pro Fragebogen ist die Rücklaufquo-
te beim bedingten Anreiz mit 45 % am höchsten.
Die Wissenschaftler ziehen daraus den Schluss, dass 1. An-
reize wirken und den Rücklauf bei Befragungen erhöhen,
2. können bedingungslose kleine Anreize dazu führen, dass
der Rücklauf im Vergleich zu bedingten kleinen Anreizen hö-
her ist. Es ist wahrscheinlich (denn darüber können die For-
scher nur spekulieren), dass die Teilnehmer in der Gruppe mit
bedingungslosen Anreizen das Unternehmen auch in Zukunft
in einem besseren Licht sehen. Ganz nach dem Motto: „Kleine
Geschenke erhalten die Freundschaft.“
Besprochen von
Rainer Michael Rilke,
Seminar für ABWL, Unter-
nehmensentwicklung und Wirtschaftsethik, Universität zu Köln
D
er demografische Wandel und der Fachkräfteman-
gel hat das Interesse von Unternehmen in ein ab-
gestimmtes Talentmanagement verstärkt. Unter
Talentmanagement werden grundsätzlich alle orga-
nisationalen Aktivitäten verstanden, die der Rekrutierung,
Auswahl, Identifizierung, Entwicklung und Bindung der bes­
ten, talentiertesten Personen für das Unternehmen dienen.
Obwohl damit die Aufgaben der Personalabteilung sehr breit
gestreut sind, beschränkt sich das Talentmanagement häufig
auf eine kleinere Mitarbeitergruppe, die mit Blick auf ihre Leis-
tungen und Ergebnisse zu den Besten im Unternehmen zählen
und als sogenannte „Talente“ oder „High Potentials“ gelten.
Unternehmen stehen regelmäßig vor der Frage, ob sie die
eigenen Talente formell darüber informieren sollen oder nicht.
Die Auswirkungen einer offiziellen Identifizierung sind un-
gewiss. Wenn das Unternehmen seine Talente nicht formell
über ihren Sonderstatus informiert, könnten diese Personen
frustriert und demotiviert werden. Umgekehrt könnten Per-
sonen, die nicht auf der Liste der Talente stehen, ebenfalls
frustriert oder demotiviert werden. Deshalb haben die Autoren
die persönlichen Reaktionen von 769 Managern und leitenden
Angestellten in neun multinationalen Unternehmen dahinge-
Sollen wir es unseren
„Talenten“ sagen?
Ingmar Björkman
(Aalto University),
Mats Ehrenrooth
(Hanken
School of Economics),
Kistina Mäkelä
(Aalto University),
Adam
Smale
(University of Vaasa) &
Jennie Sumelius
(Hanken School
of Economics). „Talent or not? Employee reactions to talent iden-
tification”. Human Resource Management, 52(2013), 195-214.
hend untersucht, falls diese formell als Talent identifiziert bzw.
eben nicht als solche identifiziert werden.
Die Ergebnisse: Als Talent identifizierte Personen zeigen ein
höheres Engagement bei gestiegenen Leistungsanforderungen,
unterstützen aktiv die strategischen Prioritäten des Unterneh-
mens, identifizieren sich mehr mit ihrer Geschäftseinheit und
haben eine geringere Kündigungsintention als diejenigen, die
nicht als Talent identifiziert wurden. Diese Ergebnisse bleiben
auch bestehen, wenn die identifizierten Talente mit Personen
verglichen werden, die selbst nicht wissen, ob sie als Talent
identifiziert wurden oder nicht, jedoch mit einer Ausnahme:
der Kündigungsintention. Die Kündigungsintention ist bei
den „wissenden“ und „nicht-wissenden“ Talenten gleich. Dies
spricht dafür, dass die wirklichen Talente ihren eigenen Wert
sehr gut kennen und ihre Bindung an das Unternehmen daran
knüpfen, ob die Wertschätzung durch das Unternehmen ihren
eigenen Erwartungen entspricht. Überraschenderweise gibt es
keine Unterschiede zwischen Personen, die definitiv nicht als
Talent identifiziert wurden und den „Nichtwissenden“. Damit
erzeugt die tatsächliche Information darüber, selbst nicht zu
den Talenten zu gehören, kaum zusätzliche negative Reakti-
onen als es einfach nicht zu wissen. Die Erklärung: Personen,
die nicht als Talent identifiziert wurden, stufen ihren Anspruch
und die Wichtigkeit herab, selbst zur Gruppe der Talente da-
zuzugehören. Folgen für das Personalmanagement: Es ist in
jedem Fall besser, die identifizierten Talente auch formell darü-
ber zu informieren, sofern der Prozess der Talentidentifikation
transparent und fair verläuft und solche Personen, die diesmal
nicht als Talent identifiziert wurden, eine Chance erhalten,
beim nächsten Mal in die Gruppe der Talente aufzusteigen.
Besprochen von
Marius Wehner,
International Business,
Universität Paderborn