Seite 50 - PERSONALquarterly_2013_04

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personalquarterly 04 / 13
E
videnzbasiertes HR-Management ist auf Daten der
Mitarbeiter angewiesen. Viele Firmen führen daher
regelmäßig Mitarbeiterbefragungen durch. Der ge-
ringe Rücklauf bei Umfragen ist dabei allerdings oft
ein Hindernis, um valide Rückschlüsse für das Management zu
ziehen. Die Wissenschaftler der o. g. Studie haben sich gefragt,
wie man möglichst viele Menschen dazu bringt, an Umfragen
teilzunehmen. Für manchen Ökonomen ist die Antwort schnell
klar: Bezahle Sie!
Ob das immer funktioniert, haben die Forscher in einer Um-
frage mit ca. 8000 Teilnehmern bei einer großen US-amerika-
nischen Handelskette untersucht. In einem Experiment teilten
sie die Befragten zufällig in unterschiedliche Versuchsgruppen
ein. Ein Teil erhielt für das Zurückschicken des Fragebogens
einen gewissen Geldbetrag (bedingter Anreiz). Ein anderer
Teil erhielt bereits mit dem Versand des Fragebogens den
gleichen Geldbetrag in einem Umschlag (bedingungsloser An-
reiz). Neben dieser Unterscheidung zwischen bedingtem und
bedingungslosem Anreiz variierten die Forscher die Höhe des
Geldbetrags, der für das Ausfüllen der Umfrage ausgegeben
wurde von $ 1 bis $ 30. Zur Kontrolle erhielt eine Gruppe gar
keine Anreize. Nicht überraschend führte das zu einer nied-
rigen Rücklaufquote von 7,6 %. Allerdings führte die bedingte
Bezahlung (bei weniger als $ 6) zu keiner merklichen Steige-
Den Rücklauf bei Mitarbei­
ter­befragungen erhöhen
Uri Gneezy
(Rady School of Management) &
Pedro Rey-Biel
(Universitat Autonoma Barcelona). „On the relative efficiency
of performance pay and non-contingent incentives“, Journal of
European Economic Association, forthcoming.
Die „richtigen“
Kandidaten ansprechen
Wendy J. Casper
(University of Texas),
Julie Holliday Wayne
(Wake Forest University) &
Jennifer Grace Manegold
(Universi-
ty of Texas). „Who will we recruit? Targeting deep- and surface-
level diversity with human resource policy advertising“. Human
Resource Management, 52 (2013), 311-332.
F
orschung und Praxis im Bereich der Rekrutierung ha-
ben sich zuletzt besonders auf die oberflächlichenMerk-
male von Personen konzentriert, um gezielt bestimmte
Personengruppen anzusprechen (z. B. Geschlecht einer
Person). Eine gezielte Rekrutierung von bestimmten Personen
sollte aber auch tiefer liegende Werte und Eigenschaften von
Personen ansprechen. Für Unternehmen ist dies wichtig, denn
nur, wenn Werte und Eigenschaften von Personen zur Unter-
nehmensstrategie und zu den -werten passen, kann das Per-
sonal seine ganze Kreativität und Produktivität entfalten und
zum Unternehmenserfolg beitragen. Da sich Kandidaten eher
von Stellenanzeigen und Unternehmen angesprochen fühlen,
die zu ihren eigenen Werten und Bedürfnissen passen, stellt
sich die Frage, ob Unternehmen eher oberflächliche Diversi-
tät oder tiefer liegende Diversität in Form von Eigenschaften
und Werten über Stellenausschreibungen kommunizieren
sollten, um bestimmte Personengruppen anzusprechen. Die
Autoren unterscheiden drei unterschiedliche Personalpolitiken
in Stellenausschreibungen: Arbeits-Familien-Politik, Diversität,
Mitarbeiterqualifizierung bzw. Personalentwicklung. Untersu-
chungsteilnehmer sind 300 Beschäftigte (USA), die mindestens
20 Stunden pro Woche arbeiten. Den Teilnehmern wurden drei
unterschiedliche Szenarien einer fiktiven Stellenausschreibung
präsentiert. Jede Stellenausschreibung betonte eine der drei
oben genannten Personalpolitiken, die das Unternehmen be-
sonders kennzeichnen. Die Ergebnisse zeigen – im US-ame-
rikanischen Kontext –, dass Personalpolitiken und damit die
Stellenausschreibung eher für solche Kandidaten attraktiv war,
bei denen die eigenen tiefer liegendenWerte und Eigenschaften
(z. B. hohe Familienwerte) mit denen des Unternehmens (z. B.
Arbeits-Familien-Politik) übereinstimmten. Oberflächliche
Merkmale (z. B. verheiratet oder ledig, mit oder ohne Kinder,
Geschlecht) hatten keine Auswirkungen auf die Teilnehmer. Für
das Personalmanagement bedeutet dies: Die reine Fokussie-
rung auf oberflächliche Merkmale in Stellenausschreibungen
(z. B. weibliche Kandidaten ansprechen, besondere Kinder-
freundlichkeit unterstreichen) ist nicht sinnvoll, da dies kaum
Auswirkungen auf die Rezipienten solcher Ausschreibungen
hat. Eher sollten tiefer liegende Eigenschaften und Werte, für
die das Unternehmen einsteht, angesprochen werden, damit
die „passenden“ Kandidaten angesprochen werden. Auch kann
eine solche Maßnahme zur Bindung von Talenten geeignet
sein, da diese Personen auch eher im Unternehmen verbleiben
und Loyalität zum Arbeitgeber entfalten, als solche Personen,
die im Nachhinein feststellen, dass ihre eigenen Werte und
Eigenschaften nicht zu denen des Unternehmens passen.
Besprochen von
Marius Wehner,
International Business,
Universität Paderborn