Seite 48 - PERSONALquarterly_2013_04

Basic HTML-Version

personalquarterly 04 / 13
48
State of the art
_Arbeitszufriedenheit
Biemann/Sliwka/Weckmüller in PERSONALquarterly, 10/2011).
Zweitens sollte die Arbeitszufriedenheit in einen größeren
Kontext eingebettet werden, der neben der Leistung weitere
relevante Konzepte beinhaltet.
Im folgenden Abschnitt möchten wir auf diese Konzepte nä-
her eingehen, bevor wir anschließend Maßnahmen zur Verbes-
serung der Arbeitszufriedenheit betrachten.
Einfluss auf Gesundheit und Lebenszufriedenheit
Im vorherigen Abschnitt wurde erläutert, dass Arbeitszufrie-
denheit mit der individuellen Arbeitsleistung nur schwach kor-
reliert ist. Auch bezüglich der Mitarbeiterbindung besteht nur
ein schwacher Zusammenhang zwischen Arbeitszufriedenheit
und Kündigungsverhalten (Griffith et al., 2000). Allerdings ist
es wegen der Komplexität individueller Kündigungsentschei-
dungen ungleich schwerer, starke Zusammenhänge zu identi-
fizieren. Verlässt man beispielsweise das Unternehmen, weil
man unzufrieden ist, weil man woanders mehr verdient oder
weil der Partner in eine andere Stadt zieht?
Über die unmittelbare Produktivitäts- oder Bindungswir-
kung hinaus hat Arbeitszufriedenheit jedoch einen Einfluss
auf weitere betriebswirtschaftlich relevante Variablen.
Gesundheit:
Ein substanzieller Zusammenhang besteht
hier zur Gesundheit der Arbeitnehmer und hier insbesonde-
re zu psychischen Erkrankungen. Der stärkste Zusammen-
hang zeigt sich zwischen Arbeitszufriedenheit und Burnout
(r=0,48) sowie Depressionen (r=0,43) (Faragher et al., 2005).
Allgemeine Lebenszufriedenheit:
Verlässt man die enge
rein betriebswirtschaftliche Betrachtung, so zeigt sich eine ho-
he Korrelation (r=0,48) zwischen der Arbeitszufriedenheit und
der allgemeinen Lebenszufriedenheit (Bowling et al., 2010).
Dies ist zunächst nicht weiter überraschend, da die Ar-
beitszeit einen beträchtlichen Anteil an der Gesamtlebens-
zeit einnimmt. Allerdings besteht auch hier das bereits oben
diskutierte Kausalitätsproblem: Hohe Zufriedenheitswerte in
einzelnen Lebensbereichen wirken nicht nur additiv, sondern
beeinflussen die empfundene Zufriedenheit in anderen Be-
reichen positiv. Aggregiert ist der kausale Effekt der Lebens-
zufriedenheit auf die Arbeitszufriedenheit dabei größer als die
umgekehrte Kausalitätsrichtung, wobei die Interdependenzen
im Einzelfall komplex sein können.
So untersuchte beispielsweise Yannis Georgellis mit Kol-
legen die Auswirkungen bedeutender Lebensereignisse wie
Heirat und die Geburt des ersten Kindes auf die Arbeitszufrie-
denheit (Georgellis et al., 2012). Dabei zeigt sich ein nachhal-
tig negativer Effekt der Geburt auf die Arbeitszufriedenheit.
Die Autoren interpretieren dieses Ergebnis dahingehend, dass
die finanziellen und zeitlichen Einschränkungen und die be-
grenzten Möglichkeiten, Arbeit und Berufsleben in diesen
Situationen in Einklang zu bringen, negativ auf die Arbeitszu-
friedenheit wirken.
Die Verbindung zwischen betriebswirtschaftlicher For-
schung zur Arbeitszufriedenheit mit dem allgemeineren Kon-
zept der Lebenszufriedenheit wird in der Wissenschaft gerade
erst hergestellt.
Schon jetzt zeigt sich aber schon zweierlei: In der aktuellen,
eher volkswirtschaftlich geprägten Diskussion zur Wohl-
standsmessung mit Hilfe alternativer Indikatoren neben dem
Bruttoinlandsprodukt dürfen arbeitsbezogene Indikatoren
nicht vernachlässigt werden.
Zum anderen müssen innerbetriebliche Maßnahmen zur
Förderung von Arbeitszufriedenheit auch die individuellen
oder gruppenbezogenen externen Faktoren mit berücksichti-
gen. Es verwundert somit nicht, dass arbeitnehmer- und gesell-
schaftsbezogene Gruppierungen wie Gewerkschaften stärker
auf zufriedenheitsbezogene Konzepte an Stelle von „Engage-
ment“ setzen.
Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitszufriedenheit
Die Betrachtungen oben haben deutlich gemacht, dass zahl-
reiche Ereignisse auf die Arbeitszufriedenheit wirken, die
jenseits der Kontrolle betrieblicher Personalpolitik liegen. Da-
rüber hinaus wird die Arbeitszufriedenheit durch feststehende
Eigenschaften bestimmt. So lässt sich ein stabiler Zusammen-
hang zwischen den Big-Five-Persönlichkeitseigenschaften
(Neurotizismus, Extraversion, Offenheit für Erfahrungen, Ver-
träglichkeit und Gewissenhaftigkeit) und der Arbeitszufrieden-
heit herstellen (Judge et al., 2002). Ebenfalls ist das Lebensalter
zu berücksichtigen: Mit zunehmendem Alter nimmt die Ar-
beitszufriedenheit zu (Ng/Feldmann, 2010).
Welche Maßnahmen können Unternehmen vor diesem Hin-
tergrund zur Förderung der Arbeitszufriedenheit umsetzen?
Geld ist hier nicht die Antwort. Der Zusammenhang zwi-
schen Entgelthöhe und Arbeitszufriedenheit ist vergleichswei-
se gering (r=0,15; Judge et. al., 2010).
Effektiv sind vor allem zwei Handlungsstränge, in denen den
Führungskräften eine hohe Bedeutung zukommt.
Sinnhaftigkeit und Wertschätzung:
Ein erster Zusammen-
hang lässt sich herstellen zwischen der empfundenen Sinnhaf-
tigkeit und Wertschätzung der Aufgabe und deren Erfüllung.
Dies ist wesentlich durch die konkreten Arbeitsplatzeigen-
schaften bestimmt und lässt sich in fünf Dimensionen unter-
teilen (Hackman/Oldham, 1980; Judge/Klinger, 2012: 109):
1. Task identity: Ausmaß, in dem ein Arbeitsprozess ganzheit-
lich abgewickelt werden kann
2. Task significance: Bedeutung der Arbeitsergebnisse
3. Skill variety: Vielfältigkeit der Aufgabenstellung
4. Autonomie: Grad der Selbständigkeit der Aufgabenerfüllung
5. Feedback: Zufriedenheit, die unmittelbar durch das Ar-
beitsergebnis erzeugt wird.
Die Betrachtung der Faktoren macht deutlich, dass diese stark
durch die konkreten Arbeitsinhalte und die Aufgabenorganisa-