Seite 46 - PERSONALquarterly_2013_04

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State of the art
_Arbeitszufriedenheit
U
nter der Überschrift „Stimmung Kollegen“ berichtet
„Die Zeit“ am 25. Juli 2013 von unternehmerischen
Initiativen zur Mitarbeiterbindung. Im Zentrum
steht das neue Berufsfeld des „Feel-Good-Managers“,
der für das Wohlbefinden der Mitarbeiter zuständig ist.
Die Arbeitszufriedenheit ist eine im Personalmanagement
zentrale Größe, auch wenn sie durch neuere Konzepte wie
Commitment und Engagement ergänzt oder sogar ersetzt wur-
de und somit etwas an Bedeutung verlor. Dennoch wird die
Arbeitszufriedenheit in der Regel bei Mitarbeiterbefragungen
erfasst und auch gewerkschaftsnahe Initiativen wie der „DGB-
Index Gute Arbeit“ stellen die Messung der Zufriedenheit der
Beschäftigten weiterhin in den Vordergrund.
Wir wollen uns im Folgenden wichtigen wissenschaftli-
chen Befunden zur Arbeitszufriedenheit zuwenden und eine
evidenzbasierte Übersicht wichtiger Folgen von Arbeitszu-
friedenheit sowie möglicher Maßnahmen zur Steigerung von
Arbeitszufriedenheit liefern. Einen ersten Schwerpunkt set-
zen wir auf den in der personalwirtschaftlichen Forschung
zentralen Zusammenhang zwischen Arbeitszufriedenheit und
Leistung. Anschließend diskutieren wir weitere Faktoren, die
mit Arbeitszufriedenheit in Zusammenhang stehen, bevor wir
letztlich auf Maßnahmen zur Steigerung der Arbeitszufrieden-
heit eingehen.
Beziehung zwischen Arbeitszufriedenheit und Leistung
Erste Analysen des Zusammenhangs zwischen Arbeitszufrie-
denheit und Leistung wurden bereits in den 1920er-Jahren im
Rahmen der Hawthorne-Studien durchgeführt, aus dem sich
der Human-Relations-Ansatz in der Personalforschung entwi-
ckelte. Ein Grundgedanke dieses Ansatzes war der vermutete
positive Effekt, den Arbeitszufriedenheit auf die Leistung ha-
ben sollte.
Mitarbeiter sind nur dann sehr produktiv, wenn sie zufrie-
den sind, es wirkt also die Arbeitszufriedenheit auf die Lei-
stung (siehe Modell 1 in Abb. 1). Diese grundlegende Logik ist
bis heute in einer Vielzahl theoretischer Modelle verankert, die
einen Einfluss von Arbeitszufriedenheit und anderen Arbeits-
einstellungen auf das Verhalten der Mitarbeiter und so letztlich
auf die Unternehmensleistung annehmen.
Zufriedene Mitarbeiter sind gute Mitarbeiter?
Ist ein „Feel-Good-Manager“ überflüssig? Denn der unmittelbare Einfluss ­
der Mitarbeiterzufriedenheit auf die Produktivität ist eher gering.
Von
Prof. Dr. Torsten Biemann
(Universität Mannheim)
und
Prof. Dr. Heiko Weckmüller
(FOM Bonn)
Die Mitarbeiter-Kunden-Profit-Kette von Rucci und Kollegen
(1998) zum Beispiel besagt, dass im Dienstleistungsbereich
Einstellungen gegenüber Job und Unternehmen in einem ers­
ten Schritt das Verhalten der Mitarbeiter positiv beeinflussen.
Zufriedene Mitarbeiter verkaufen mehr Ware und liefern einen
besseren Service, was wiederum die Zufriedenheit der Kunden
erhöht, die dem Geschäft treu bleiben und es weiterempfehlen.
Diese hohe Kundenzufriedenheit wirkt sich letztlich positiv auf
Unternehmensgewinne aus.
Neben dieser intuitiven Logik, die Arbeitszufriedenheit als
Ursache annimmt, wurden verschiedene Ansätze entwickelt,
die teilweise entgegengesetzte Wirkbeziehungen vermuten.
Im motivationstheoretischen Ansatz von Porter und Law-
ler beispielsweise wird Arbeitszufriedenheit als Folge der
Leistung konzeptualisiert. Mitarbeiter sind zufrieden, wenn
sie gute Leistungen erbracht haben und entsprechend belohnt
wurden (Modell 2 in Abb. 1).
Weitere Ansätze nahmen einen wechselseitigen Zusammen-
hang zwischen Arbeitszufriedenheit und Leistung an (Modell 3­
in Abb. 1) oder vermuteten Einflussfaktoren, die auf beide Kon-
zepte wirken, ohne dass ein kausaler Zusammenhang zwischen
Arbeitszufriedenheit und Leistung bestehen muss.
Eine alternative Konzeption der Arbeitszufriedenheit stammt
von Frederick Herzberg, der Ende der 1950er-Jahre zwei von-
einander unabhängige Dimensionen der Arbeitszufriedenheit
vorschlug. Erstens gibt es Motivatoren wie z. B. Anerkennung
und Erfolgserlebnisse, die zu einer höheren Arbeitszufrieden-
heit führen. Zweitens führen Hygienefaktoren wie z. B. das
Gehalt und Arbeitsbedingungen zur Vermeidung von Unzufrie-
denheit bei der Arbeit.
Empirische Überprüfung der theoretischen Ansätze
Inzwischen wurde in einer Vielzahl empirischer Studien über-
prüft, welche Bedeutung die Arbeitszufriedenheit der Mitar-
beiter im Unternehmen hat und wie diese in Beziehung zur
Leistung steht.
Für das Modell von Herzberg wurde schnell klar, dass seine
Ergebnisse ein Methodenartefakt darstellen (z. B. House/Wick-
dor, 1967). Er befragte Mitarbeiter nach kritischen Ereignissen
bei der Arbeit, die besonders positiv oder negativ auf deren