Seite 42 - PERSONALquarterly_2013_04

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Neue Forschung
_PERSÖNLICHKEITSFRAGEBOGEN
vorliegenden Studie ist es, Aussagen über die Akzeptanz be-
rufsbezogener Persönlichkeitsfragebogen zu treffen, und zwar
sowohl absolut als auch relativ (zu einem Intelligenztest). Nach
Schuler et al. (2007) werden Intelligenztests beispielsweise
von Entscheidern noch kritischer gesehen als Persönlichkeits-
fragebogen. Untersucht werden die Akzeptanz eines berufsbe-
zogenen Online-Persönlichkeitsfragebogens im Vergleich zu
einem numerischen Intelligenztest, der Einfluss unterschied-
licher Akzeptanzdimensionen auf das Akzeptanzgesamturteil
und die Wechselbeziehung zwischen den Akzeptanzdimensi-
onen für verschiedene Instrumente.
Zugrunde liegende empirische Studie
110 mehrheitlich berufserfahrene Personen (vgl. Abb. 1) bear-
beiteten im Rahmen ihres Studiums an der Fernuniversität Ha-
gen
2
online einen berufsbezogenen Persönlichkeitsfragebogen
– das ITB Personality Structure Assessment (ITB-PESA; Beer-
mann, 2011; Beermann/Heilmann, under Review) – und einen
numerischen Intelligenztest (den Teil „Umgang mit Zahlen“ der
Intelligenz-Basis-Faktoren IBF; Ibrahimovic et al., 2006) sowie
einen jeweils passenden Akzeptanzfragebogen (Kersting, 2008).
Die eingesetzte Version des Persönlichkeitsfragebogens
ITB-PESA umfasst 300 Items. Das ITB-PESA ist eine in eng-
lischer und deutscher Sprache vorliegende Testbatterie zur
Erfassung berufsrelevanter Persönlichkeitseigenschaften.
Es basiert auf in Unternehmen verwendeten Kompetenz­
mo­dellen sowie auf dem HEXACO-Modell (u. a. Lee/Ashton,
2004), einem aktuellen Modell zur Beschreibung der Persön-
lichkeit: Erfasst werden 23 Eigenschaften (vgl. Abb. 2), die
sich rational in Kompetenzmodelle eingliedern und psycho-
metrisch den HEXACO-Dimensionen zuordnen lassen. Jede
der 23 Skalen des ITB-PESA umfasst zwischen acht und elf
Items. Die Reliabilitäten
3
liegen zwischen .68 und .90.
Abstract
Forschungsfrage:
Wie beurteilen Teilnehmer berufsbezogene Persönlichkeitsfragebogen?
Methodik:
Empirische Studie und Datenanalyse mittels deskriptiver Statistiken, t-Tests und
linearer Korrelationen.
Praktische Implikationen:
Zahlreiche Teilnehmer erleben berufsbezogene Persönlich-
keitsfragebogen positiv. Das Vorurteil, Persönlichkeitsfragebogen stoßen pauschal auf
Ablehnung, ist nicht haltbar.
Zwischen den Skalen des ITB-PESA und des HEXACO-PI-R
(u. a. Lee/Ashton, 2004) zeigen sich gute konvergente und
diskriminante Validitäten
4
; die Vorhersagekraft des ITB-PE-
SA für berufliche Kriterien ist hoch und übersteigt die des
HEXACO-PI-R deutlich (Beermann/Heilmann, under Review).
Der Subtest „Umgang mit Zahlen“ aus der Intelligenztest­
batterie IBF (Split-half-Reliabilität, Spearman-Brown-korrigiert:
­r
tt
=.88) besteht aus den Aufgabengruppen „Praktisches Rech-
nen“ (r
tt
=.76) und „Zahlenfolgen“ (r
tt
=.83). „Praktisches Rech-
nen“ erfasst deduktives, „Zahlenfolgen“ induktives numerisches
Schlussfolgern (die Korrelation zwischen den Aufgabengruppen
beträgt r =.62).
Im unmittelbaren Anschluss an die Bearbeitung des Per-
sönlichkeitsfragebogens und des Intelligenztests bearbeiteten
die Teilnehmer jeweils einen Akzeptanzfragebogen aus der
Akzept!-Fragebogen-Reihe (siehe
de/Akzeptanzfragebogen.html). Es liegen drei Fragebogen-
Versionen zur Erfassung der Akzeptanz von Persönlichkeits-
fragebogen (Akzept!-P), von Intligenz- und Leistungstests
(Akzept!-L) sowie von Assessment-Centern (Akzept!-AC) vor
5
.
Ergebnisse zur Akzeptanz von Intelligenztests (Kersting, 2008)
sowie von Assessment-Centern (Kersting, 2010) wurden be-
reits publiziert, hier werden erstmalig Akzeptanzurteile über
Persönlichkeitsfragebogen berichtet. Eingesetzt wurden der
Akzept!-P-Fragebogen mit fünf und der Akzept!-L-Fragebogen
mit vier Skalen mit jeweils drei bis vier 6-stufigen Likert-Items
(vgl. Abb. 3, Spalte 1). Drei Skalen sind in beiden Versionen
identisch, sodass unmittelbare Akzeptanzvergleiche gerechnet
werden können (vgl. Abb. 3, Spalten 8-10).
Zudemwurde mit je einem Item nach der Gesamtbeurteilung
der beidenVerfahren, nach der Selbstdarstellungstendenz beim
Persönlichkeitsfragebogen und nach der selbsteingeschätzten
Leistung beim Intelligenztest gefragt. Auf die letzten beiden
Aspekte wird im vorliegenden Artikel nicht eingegangen.
In der vorliegenden Studie war die Messgenauigkeit aller
Akzept!-Skalen zufriedenstellend (vgl. Abb. 3), konfirmato-
rische Faktorenanalysen bestätigten die Konstruktvalidität der
Akzept!-Fragebogen. Die Ergebnisse für den Akzept!-L waren
parallel zu denen von Kersting (2008).
2 Unser Dank für die Unterstützung bei der Datenerhebung geht an Prof. Dr. Karl-Heinz Renner und Timo
Heydasch von der Fernuniversität Hagen.
3 Unter der Reliabilität (r
tt
) einer Skala versteht man ihre Zuverlässigkeit oder Messgenauigkeit. Übli-
cherweise gelten Reliabilitätskoeffizienten über .70 als akzeptabel.
4 Eine Skala hat gute konvergente Validität, wenn sie stark mit anderen Verfahren zusammenhängt, die
Ähnliches erfassen wie die Skala. Gute diskriminante Validität weist eine Skala auf, die nicht oder nur
gering mit Verfahren korreliert, die etwas anderes messen als die Skala.
5 Der Akzept!-Fragebogen steht allen Personen kostenlos zur Verfügung, die einen Rücklauf von aussa-
gekräftigen (anonymisierten) Daten gewährleisten.