Seite 36 - PERSONALquarterly_2013_04

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Neue Forschung
_ARBEITGEBERVERSPRECHEN
D
ie Forderung, sich als Arbeitgeber im „War for ta-
lents“ nicht nur um die Präsenz und Bekanntheit,
sondern vor allem um seine Attraktivität bemühen
zu müssen, ist allgegenwärtig. Denn nur so könne
man die knappen Spitzenkräfte für sich begeistern. Folglich
steht für die Rekrutierungsverantwortlichen der 1.000 größ-
ten deutschen Unternehmen die Entwicklung des Employer
Branding bzw. der Aufbau eines Arbeitgeberimages weit oben
auf der Aufgabenliste (Weitzel et al., 2011, S. 6). Konkret be-
deutet das, dass sich Unternehmen als attraktiver Arbeitge-
ber positionieren und vom Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt
abheben sollten. Gefragt sind also Alleinstellungsmerkmale
des Arbeitgebers, welche auch als Employer Value Proposition
(EVP) bezeichnet werden. Sie kommunizieren Versprechen –
bzw. genauer das sogenannte Arbeitgeberversprechen – an
aktuelle und potenzielle Arbeitnehmer, um dadurch ihre Al-
leinstellungsmerkmale als Arbeitgeber in den Vordergrund zu
stellen (Trost, 2009, S. 16, 54; Schnetzler/Trost, 2009, S. 111).
Ein erster Blick auf die Karrierewebsites oder in die Hoch-
glanz-Recruiting-Broschüren von Unternehmen erweckt al-
lerdings den Eindruck, dass die getätigten Versprechen sich
ähnelnwie ein Ei demanderen. Scheinen also die Entwicklung
und Kommunikation von EVPs zu einer Art Modeerscheinung
geworden zu sein? Befinden sich Arbeitgeber in einem Rat-
tenrennen, in dem sie sich quasi gezwungen sehen, eine EVP
zu erarbeiten und zu kommunizieren, um keine Nachteile bei
der Rekrutierung zu erleiden? Die Alleinstellungsmerkmale
würden als solche ihre Funktion verlieren und somit nicht nur
interne Ressourcen vergeudet, sondern auch die gewünschte
Wirkung im „War for talents“ verfehlt werden. Es stellt sich
also die Frage, ob und ggf. wie die entwickelten und kommu-
nizierten Arbeitgeberversprechen sich unterscheiden, sodass
sich Arbeitgeber voneinander abgrenzen und abheben kön-
nen, oder ob alle Unternehmen in etwa dasselbe versprechen.
Rolle der Employer Value Proposition
Mit Employer Branding wird die Bildung und Führung der
Arbeitgebermarke bezeichnet (Trost, 2009, S. 13 f.). Dabei ist
die Arbeitgebermarke ein in der Psyche des aktuellen und po-
tenziellen Arbeitnehmers fest verankertes, unverwechselbares
… wie ein Ei dem anderen? Ein empirischer
Vergleich von Arbeitgeberversprechen
Von
Dr. Christoph Brast
(Westfälische Wilhelms-Universität, Münster) und
Julia Hendriks
(UNITY AG)
Vorstellungsbild von einem Unternehmen als Arbeitgeber. Die
Arbeitgebermarke soll aus Arbeitnehmersicht für Orientie-
rung bei der Entscheidungsfindung im Bewerbungsprozess
sorgen (Andratschke/Regier/Huber, 2009, S. 16 f.). Aus Sicht
der Arbeitgeber werden durch die Arbeitgebermarkenführung
sowohl die Gewinnung von Mitarbeitern als auch die Erhöhung
der Mitarbeiterloyalität und -bindung verfolgt (Stritzke, 2010,
S. 4; Andratschke/Regier/Huber, 2009, S. 12 ff.; Burmann,
2007, S. 60 f.). Eine positiv vom Durchschnitt abweichende
Arbeitgebermarke ist erfolgreich und verschafft Vorteile bei
der Rekrutierung guter Kandidaten (Bernauer/Hesse/Laick/
Schmitz, 2011, S. 21).
Employer Branding folgt idealtypischerweise einem Pro-
zess (Bernauer/Hesse/Laick/Schmitz, 2011, S. 24; Trost, 2009,
S. 17 ff.). Der Startpunkt dieses Prozesses besteht zunächst in
einer strategischen Ist-Analyse der Situation des Unterneh-
mens hinsichtlich der übergreifenden Unternehmensstrategie,
der Zielgruppendefinition, des eigenen Arbeitgeberimages, der
Arbeitgebereigenschaften und des Wettbewerbsumfelds. Auf
dieser Analyse beruhend wird die EVP als Kern der Arbeitge-
bermarkenstrategie festgelegt. In der EVP sind alle Eigenschaf-
ten enthalten, die ein Unternehmen von den Wettbewerbern
auf dem Arbeitsmarkt abheben (Trost, 2009, S. 24 f.). Sie stellt
also die Alleinstellungsmerkmale eines Arbeitgebers dar und
nimmt die inhaltliche Positionierung der Arbeitgebermarke
im Branding-Prozess vor. Wichtig ist, dass die Alleinstellungs-
merkmale von der Zielgruppe authentisch, differenzierend und
attraktiv wahrgenommen werden und tatsächlich eine Beson-
derheit darstellen (Parment, 2009, S. 134). Nutzen zahlreiche
Unternehmen dasselbe Alleinstellungsmerkmal, verliert es an
Bedeutung und erfüllt seine Funktion als solches nicht mehr.
Was Arbeitgeber (am liebsten) versprechen
Um den großen Umfang und die Vielzahl an Arbeitgeberver-
sprechen zu strukturieren, wurden die Arbeitgeberverspre-
chen von 142 Unternehmen analysiert und die Versprechen,
die Ähnlichkeit aufweisen, zu einer Kategorie zusammenge-
fasst. Das Ergebnis dieser qualitativen Inhaltsanalyse ist ein
Katalog von 18 Hauptkategorien von Arbeitgeberversprechen.
Die Hauptkategorien beinhalten jeweils zwei bis fünf Unterka-