Seite 32 - PERSONALquarterly_2013_04

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personalquarterly 04 / 13
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Schwerpunkt
_Internationales Personalmanagement
präsentieren, sind daher auch in inhaltlicher Hinsicht für viele
Unternehmen interessant.
Mehr als um die konkreten inhaltlichen Ergebnisse – die
genau genommen nur für die Kombination Österreich-Bosnien
gelten, die jedoch mit kleineren Einschränkungen auch für
andere Kulturräume verallgemeinert werden können – geht es
uns in diesem Beitrag allerdings um die Methode, die zu diesen
Ergebnissen geführt hat.
Daher bezieht sich der Abschnitt, in dem wir die Implika-
tionen der mittels der Kulturstandardmethode gewonnenen
Informationen für das Internationale Personalmanagement
diskutieren, wiederum nicht ausschließlich auf Österreich und
Bosnien, sondern generell auf die Zusammenarbeit von Men-
schen aus zwei unterschiedlichen Kulturräumen.
Am Ende des Beitrags nehmen wir eine zusammenfassende
Bewertung der Kulturstandardmethode vor, und wir geben
Empfehlungen für ihren Einsatz im Internationalen Personal-
management.
Definition und Ermittlung von „Kulturstandards“
Der Begriff „Kulturstandard“ wurde insbesondere von Alexan-
der Thomas, der auch eine Methode zur praktischen Identifizie-
rung dieser Standards vorgeschlagen hat, geprägt. Ähnlich wie
bei kulturellen Werten oder Verhaltensnormen handelt es sich
auch bei Kulturstandards um individuelle kognitive Schemata,
die das Verhalten von Menschen, die mit Menschen aus einem
anderen Kulturraum interagieren, prägen.
Thomas (2005, S. 25) versteht darunter „Arten des Wahrneh-
mens, Denkens, Wertens und Handelns, die von der Mehrzahl
der Mitglieder einer bestimmten Kultur für sich und andere als
normal, typisch und verbindlich angesehen werden“. Kulturstan-
dards bieten Orientierung; sie regulieren eigenes Verhalten und
helfen, das Verhalten des fremden Gegenübers zu verstehen.
Um Kulturstandards zu ermitteln, werden Situationen, in
denen zwei Personen aus unterschiedlichen Kulturräumen in-
teragiert haben, analysiert (ausführlich: Fink/Kölling/Neyer,
2005; Romani/Primecz/Topçu, 2011; Thomas, 2005). Dabei
geht es vor allem um solche Situationen, in denen mindestens
einer der beiden Interaktionspartner auf eine unerwartete und
nicht erklärbare Verhaltensweise des Gegenübers trifft, wo-
durch es zu Konflikten kommen kann.
Die Kulturstandardmethode zielt darauf ab, mittels ausführ-
licher Interviews mit Personen, die längere Zeit im fremden Kul-
turraum verbracht haben, solche „kritischen“ und gleichzeitig
prototypischen Situationen zu beschreiben und die unterschied-
lichen Kulturstandards, die in den jeweiligen Interaktionen
handlungswirksam geworden sind, zu identifizieren. Die Me-
thode basiert im Wesentlichen auf der sogenannten „Critical
Incident Technique“ nach Flanagan (1954), die ihren Ursprung
in der psychologischen Erfolgsfaktorenforschung hat und seit ei-
niger Zeit auch in der Forschung zum interkulturellen Manage-
ment verstärkt angewendet wird. Die Stärke der Critical Incident
Technique liegt insbesondere darin, dass sie auf tatsächlich er-
lebte Interaktionen aus der Sicht der Beteiligten fokussiert und
damit im Vergleich zu herkömmlichen Einstellungsmessungen
weniger anfällig für Verzerrungen aufgrund von sozialer Er-
wünschtheit, Vorurteilen und Stereo­typen ist – im Gegenteil:
eine sorgfältige Durchführung und Analyse der Interviews kann
gerade auch diese Aspekte sichtbar machen und damit das Bild
der fremden Kulturstandards aus Sicht der interviewten Person
um den Einfluss des eigenen Zutuns der interviewten Person in
der interkulturellen Interaktion ergänzen.
In Abbildung 1 ist der Ablauf der Kulturstandardmethode
schematisch dargestellt (vgl. zu den einzelnen methodischen
Schritten auch Nienhüser/Krins, 2005). Im folgenden Ab-
schnitt erläutern wir die einzelnen Schritte am Beispiel un-
serer eigenen Untersuchung von Kulturstandards in Bosnien
aus der Sichtweise von österreichischen Managern.
Kulturstandards in Bosnien und Herzegowina
Unsere Analyse fokussiert auf Kulturstandards, die für das
Geschäftsleben in Bosnien relevant sind (Hirt/Ortlieb, 2012).
Abstract
Forschungsfrage:
Wie lässt sich Wissen über fremde Kulturen im Unternehmen generie-
ren und für die Verbesserung der Zusammenarbeit von Menschen aus zwei unterschied-
lichen Kulturen nutzen?
Methodik:
Es wird anhand eines konkreten Beispiels gezeigt, wie mittels der Kulturstan-
dardmethode kritische Interaktionssituationen im Rahmen von Interviews erhoben und
analysiert sowie darauf aufbauend effektive HR-Maßnahmen abgeleitet werden können.
Praktische Implikationen:
Erfahrungswissen der Mitarbeiter kann Ex- und
Repatriierungsprozesse positiv unterstützen, interkulturelle Synergiepotenziale aufdecken
und somit Wettbewerbsvorteile schaffen.