Seite 31 - PERSONALquarterly_2013_04

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ine der zentralen Herausforderungen im Internatio-
nalen Personalmanagement ist es, eine möglichst
reibungslose Zusammenarbeit von Mitarbeitern mit
unterschiedlichem kulturellen Hintergrund zu unter-
stützen. Gelingt eine solche reibungslose Zusammenarbeit,
dann trägt dies entscheidend zu einem Wettbewerbsvorteil
bei. So betont etwa der ressourcenbasierte Ansatz des Ma-
nagements nach Barney (1991), dass spezielle Fähigkeiten und
Kenntnisse der Mitarbeiter, die für das Unternehmen oder ein
Produkt wichtig, nicht ersetzbar und nicht imitierbar sind,
Wettbewerbsvorteile schaffen.
Während nun kein Zweifel an der großen Bedeutung von
interkulturellen Kompetenzen und Kenntnissen besteht, stellt
sich die Frage, wie diese von den Mitarbeitern erworben wer-
den können. Im einfachsten Fall hätten die Mitarbeiter diese
bereits durch längere Aufenthalte in anderen Kulturräumen
erworben, wie zum Beispiel erfahrene Expatriates oder auch
Personen mit einem entsprechenden Migrationshintergrund
(Ortlieb/Sieben, 2008, 2013).
Wenn es jedoch darum geht, neue interkulturelle Kompe-
tenzen und Kenntnisse über fremde Kulturräume zu erwer-
ben, so sind zielgerichtete Weiterbildungskonzepte notwendig.
Diese wiederum setzen voraus, dass genügend Informationen
über den entsprechenden Kulturraum verfügbar sind, wobei
sich diese Informationen nicht nur auf die institutionellen Rah-
menbedingungen, sondern auch auf ganz konkrete Verhaltens-
weisen der Menschen in diesem Kulturraum beziehen sollten
(Schneider/Hirt, 2007, S. 135ff.).
Eine Fülle von Ratgebern leistet hier gute Dienste – zumin-
dest, wenn es sich um vergleichsweise „gängige“ Länder wie et-
wa Japan, China oder die USA handelt. Anders dagegen verhält
es sich mit Ländern und Kulturräumen, mit denen bislang nur
schwächere Wirtschaftsbeziehungen bestehen, die vergleichs-
weise klein und unbedeutend sind oder die in der jüngeren
Vergangenheit starke Veränderungen erfahren haben, wie zum
Beispiel die baltischen Staaten oder auch die Staaten, die aus
dem ehemaligen Jugoslawien hervorgegangen sind. Hier sind
entsprechende Informationen kaum verfügbar.
Wie kann ein Unternehmen solche Informationen über ei-
nen fremden Kulturraum, speziell über Verhaltensweisen von
Kulturstandardmethode: Interkulturelles
Wissen verschafft einen Wettbewerbsvorteil
Von
Dr. Christian Hirt
und
Prof. Dr. Renate Ortlieb
(Karl-Franzens-Universität Graz)
Menschen, mit denen im Rahmen von Managementaktivitäten
interagiert wird, selbst generieren?
In diesem Beitrag stellen wir mit der sogenannten Kultur-
standardmethode ein Instrumentarium vor, das wir dafür als
besonders gut geeignet halten.
In den folgenden Abschnitten beschreiben wir zunächst die
Grundzüge der Methode und erläutern die einzelnen Schritte
am Beispiel einer empirischen Studie, in der wir Kulturstan-
dards in Bosnien und Herzegowina (im Folgenden kurz: Bos-
nien) aus der Sicht von österreichischen Managern untersucht
haben. Südosteuropäische Staaten sind nicht nur für Öster-
reich wichtige Handelspartner, sondern auch für viele andere
europäische Länder. Die Ergebnisse, die wir in diesem Beitrag
Quelle: In Anlehnung an Fink/Kölling/Neyer (2005). Abweichend von der dort vorgeschlagenen
Vorgehensweise, nach der im vierten Schritt ein weiterer Vergleich der ermittelten Kultur-
standards mit den Ergebnissen anderer Untersuchungen vorgesehen ist, haben wir als vierten,
eigenständigen Schritt die Interpretation der Situationsbeschreibungen und die Ableitung zentraler
Kulturstandards definiert. Diese Aufgaben sind bei Fink/Kölling/Neyer in Schritt 3 integriert.
Abb. 1:
Ablauf der Kulturstandardmethode
1
Erhebung kritischer Interaktionssituationen im Rahmen
von Interviews mit Personen, die über Erfahrung im
fremden Kulturkreis verfügen
Schritt 1
Transkription der Interviews und qualitative Inhaltsanalyse
Prüfung der Situationsbeschreibungen auf Plausibilität,
Klarheit und Vollständigkeit unter Einbeziehung von
weiteren Experten
Interpretation der Situationsbeschreibungen und Ableitung
zentraler Kulturstandards
Schritt 2
Schritt 3
Schritt 4
Schwerpunkt
_Internationales Personalmanagement