Seite 28 - PERSONALquarterly_2013_04

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Schwerpunkt
_Internationales Personalmanagement
ckeln können, wie diese in verschiedenen Situationen han-
deln und reagieren werden.
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Verhaltensanpassung:
Darüber hinaus müssen sich Mitar-
beiter so ausdrücken können, dass sie für andere verständ-
lich sind. Das heißt, dass sie das Verhalten der anderen
praktizieren (imitieren) müssen, um ihre Ziele zu erreichen.
Bei der Umsetzung der Interpretationen in das Handeln wird
die praktische Tauglichkeit der Interpretationen erprobt.
Aufgrund der Komplexität von mentalen Modellen sind nicht
alle Interpretationen unmittelbar praktisch hilfreich. Es sind
daher Revisionen zu erwarten, die nach und nach zu ange-
messenerem Verhalten führen.
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Lass-Los- und Nimm-an-Strategie:
Mitarbeiter müssen sich
dafür sensibilisieren, in welchen Situationen ihre bisherigen
und in welchen Situationen neue mentale Modelle angemes-
sen sind (Osland, 2000).
Solange diese Faktoren nicht erfüllt sind, ist der Umgang mit
anderen von hoher Vorsicht und Unsicherheit geprägt. Sind
diese Voraussetzungen hingegen gegeben, können sich soziale
Kontakte entwickeln und Mitarbeiter sich der Aufgabenerfül-
lung widmen. Nachfolgend diskutieren wir, inwieweit Trai-
nings den oben skizzierten Anpassungsprozess unterstützen.
Unterstützung der kognitiven Anpassung durch Trainings
Eine Vielzahl von Studien beschäftigt sich mit der Gestaltung
von interkulturellen Trainings (u. a. Black/Mendenhall, 1990;
Earley/Peterson, 2004). Aufbauend auf Gudykunst et al. (1996)
diskutieren wir, ob und wie die gegensätzlichen Konzepte der
kulturvermittelnden und kultursensibilisierenden Trainings
den oben gezeigten kognitiven Anpassungsprozess unterstüt-
zen können. Abbildung 1 zeigt eine Gegenüberstellung der
zentralen Charakteristika der zwei Konzepte aus dem Blick-
winkel des kognitiven Anpassungsprozesses.
Kulturvermittelnde Trainings
Das Ziel kulturvermittelnder Trainings ist es, den Mitarbeitern
rezeptartiges Wissen in Bezug auf andere Kulturen zu vermit-
teln (u. a. Osland/Bird, 2000). Die Grundannahme ist, dass da-
durch Unsicherheit und Ängstlichkeit vor dem interkulturellen
Setting abgebaut werden sollen. Allerdings zeigen sich einige
Schwächen dieser Form des Trainings in Bezug auf den Prozess
der kognitiven Anpassung.
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Die reine Vermittlung von Werten einer Kultur reicht nicht
aus, um menschliches Verhalten vorherzusagen und darauf
angemessen reagieren zu können (Fink/Neyer/Kölling, 2006).
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Die Vermittlung rezeptartigen Wissens erlaubt den Umgang
mit der Komplexität und dem Auftreten von unerwartetem
Verhalten nur in beschränktem Maße. Das kann sogar dazu
führen, dass Mitarbeiter aufgrund ihres rezeptartigen Wis-
sens Stress in der globalen Teamarbeit ausgesetzt werden,
wenn in einer Arbeitssituation eine Diskrepanz zwischen
dem vermittelm Wissen über eine Kultur und dem tatsäch-
lichen Verhalten auftreten.
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Das Beibehalten des vermitteltenWissens (“Ich habe schließ-
lich für dieses Wissen bezahlt”) kann gerade in Situationen,
in denen die kognitive Anpassung vonnöten wäre, zu einer
Steigerung der Fehlkommunikation und dem damit verbun-
denen Entstehen von Misstrauen unter den Teammitgliedern
führen (u. a. Richards, 1996).
Kultursensibilisierende Trainings
Unter dem Gesichtspunkt der kognitiven Anpassung sind da-
her kultursensibilisierende Trainings zu bevorzugen. Sie zie-
len darauf ab, den Mitarbeitern die Fähigkeiten zu vermitteln,
die sie brauchen, um mit Unsicherheit und Ängstlichkeit im
interkulturellen Setting umgehen zu können. Das Hauptau-
genmerk liegt dabei nicht auf der Vermittlung kulturspezi-
fischen Wissens, sondern vielmehr in der Unterstützung bei
der Entwicklung der eigenen „Achtsamkeit“, d. h. der Offenheit
für neue Informationen und dem Bewusstsein für alternative
Perspektiven (Gudykunst, 1998).
Im Folgenden erläutern wir, wie kultursensibilisierende
Trainings die kognitive Anpassung in drei Schritten unterstüt-
zen können (siehe Abb. 2):
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Reorganisation der mentalen Modelle durch Akzeptanz
von Unsicherheit:
Den Mitarbeitern wird vermittelt, dass
sie immer wieder – in einfachen wie auch in komplexen
Arbeitssituationen - mit Unsicherheit in der multinationalen
Teamarbeit konfrontiert werden können. Dieses Wissen hilft
zu verstehen, dass Unsicherheit etwas Normales ist, etwas
zu dem man nicht nur stehen darf, sondern stehen muss,
um die eigenen Denkmuster neu zu ordnen, wenn es die
Situation erfordert.
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Verhaltensanpassung durch Wissen:
Die Mitarbeiter ler-
nen Methoden, wie sie ihr eigenes Verhalten kritisch re-
flektieren können, um so Lösungen in und für ungewisse
Situationen zu finden. Sie erfahren, welche unterstützenden
Ressourcen und Instrumente ihnen zur Verfügung stehen,
um ein angemessenes Verhalten zu entwickeln. Dies beinhal-
tet u. a. die kritische Reflexion des Umgangs mit Unsicherheit
in Form von Self-Assessments oder aber auch den Einbezug
von Instrumenten, etwa Coaching, die zum Verständnis der
eigenen Rolle und zur Stärkung des Selbstvertrauens beitra-
gen (u. a. Mendenhall/Stahl, 2000).
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Lass-Los- und Nimm-an-Strategie durch Neugierde:
Die
Bereitschaft der Offenheit für Neues ist die Grundvorausset-
zung für die Lass-Los- und Nimm-an-Strategie im Zuge des
kognitiven Anpassungsprozesses. Diese Bereitschaft muss
gelehrt und gelernt werden. Es gilt, die Neugierde auf neue
Kulturen zu wecken, um aufbauend auf dieser Neugierde die
Geduld und Bereitschaft mitzubringen, verschiedene Ansät-
ze und Methoden imAustausch mit anderen auszuprobieren,