Seite 21 - PERSONALquarterly_2013_04

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Abstract
Forschungsfrage:
Inwieweit unterscheiden sich Flexpatriates bezüglich zentraler
Dimensionen des Karriereerfolgs von klassischen Expatriates?
Methodik:
40 teilstrukturierte Interviews mit österreichischen Flex- und Expatriates
in West- und Osteuropa; qualitative Inhaltsanalyse mit induktiver Kategorienbildung.
Praktische Implikationen:
Aufbau von allgemeinem und organisationsspezifischem
Wissen um besondere Anforderungen an Ex- und Flexpatriates, Beachtung eines guten
Kompetenz-Anforderungs-Fit, ganzheitliche Vergütung, Etablierung von Maßnahmen zur
Abfederung der spezifischen, teils extremen Belastungen von Ex- und Flexpatriates.
Festzuhalten bleibt jedoch, dass Karriere immer beide Seiten
umfasst. Beide Zugänge – „wer ich bin“ (subjektiv) und „was
ich mache“ (objektiv) – sind für das Gesamtbild der Karriere-
konzeption als gleichwertig zu betrachten (Parker, 2002).
Für Expatriates stellt die vorliegende Forschung eine Reihe
von Einsichten zu karrierebezogenen Erwartungen an die-
se Form der Arbeitstätigkeit bereit (Stahl/Miller/Tung, 2002;
Kühlmann, 2004; Doherty/Dickmann/Mills, 2008; Dickmann/
Doherty/Mills/Brewster, 2008).
Dazu gehören vor allem die Einnahme von Führungspositi-
onen, Weiterentwicklung und berufliche Herausforderungen,
Zunahme an Verantwortung, Erfahrungsaufbau, bessere Kar-
rieremöglichkeiten/Karriereentwicklung, Zunahme an Status
sowie Gewinn an (internationalem) Karrierekapital, einen er-
weiterten Aufgaben- und Verantwortungsbereich sowie den Ein-
satz erworbener Fähigkeiten auch nach der Rückkehr.
Für Flexpatriates ist deutlich weniger bekannt. Einzelne Er-
gebnisse weisen auf positive Aspekte wie Abwechslung und
Neuheit, Aufregung, Vielfliegen als Lebensstil, Persönlich-
keitsentwicklung, persönliche Kontakte und Netzwerke sowie
Reisen als Erholungspause vom alltäglichen Umfeld hin. Dazu
kommen Probleme wie Trennung von Familie, Reisestress in-
klusive Gesundheits- und Sicherheitsbelange sowie zu hohe
Arbeitsanforderungen und zu großes Arbeitspensum.
Details zur durchgeführten Studie
Die Studie untersuchte je 20 österreichische Flexpatriates und
Expatriates (8 Frauen, 32 Männer) mit Tätigkeitsschwerpunkt
in Rumänien und Bulgarien bzw. in Großbritannien und Spa-
nien. Ihr Durchschnittsalter war 34 Jahre. Flexpatriates reis­
ten im Schnitt rund 5 Mal pro Monat für etwa drei Tage ins
Ausland. Expatriates waren bereits mindestens ein Jahr im
Ausland (Durchschnittsdauer: 2,8 Jahre).
Auf Basis eines Interviewleitfadens führte die Erstautorin
persönliche Interviews mit einer Durchschnittsdauer von 50
Minuten. Die Interviews wurden digital aufgezeichnet und voll-
ständig transkribiert. Die Auswertung erfolgte auf Basis einer
von Mayring (2007) vorgelegten Variante der qualitativen In-
haltsanalyse. Das Material der Interviewtranskripte wurde in
einer zusammenfassenden Inhaltsanalyse induktiv zu einem
mehrstufigen Kategoriensystem verdichtet. Zur Erhöhung der
Analysequalität wurden im mehrmonatigen Abstand zentrale
Teile der Interviews von zwei anderen Personen erneut kodiert,
um die Übereinstimmung mit der Erstcodierung zu überprü-
fen. Es ergab sich für alle angesprochenen Bereiche eine zufrie-
denstellende Inter-Coder-Übereinstimmung (r ≥ .80)
1
.
Dimensionen von Karriereerfolg
Die Darstellung der Ergebnisse erfolgt in zwei Schritten. Nach
der Darstellung der sowohl von Expatriates als auch Flexpa-
triates verwendeten Charakterisierungen von Karriereerfolg
arbeiten wir die Besonderheiten bei Flexpatriates heraus (siehe
ausführlicher dazu Demel, 2010).
Abb. 1:
Charakteristika Expatriates und Flexpatriates
Quelle: Eigene Darstellung
Expatriates
Flexpatriates
Einsatzort
Gastland
Gastland/Gastländer
und Heimatland
Dynamik
Klassischer Zyklus von
Auswahl-Vorbereitung-
Entsendung-Rückkehr
Unregelmäßig;
häufige Mikro-Zyklen
Partner/in, Familie Oft im Gastland
Im Heimatland
Geographische
Distanz
Unbestimmt
Oft in der Nähe des
Heimatlands
Belastungen
Tendenziell punktuell,
v. a. am Anfang und am
Ende der Entsendung
Tendenziell permanent
Erforderliche
Flexibilität
Tendenziell mittel
Tendenziell hoch
Soziale und berufliche
Integration
Im Gastland
Multiple Orte
1 Als Richtwert für Reliabilität gilt vorliegend der Reliabilitätskoeffizient (r) nach Holsti (1969: 140).
Dieser misst die Übereinstimmung von Codierungen zwischen mehreren, meist zwei, Codierern. Der
Wert r liegt zwischen 0 und 1, wobei der empfohlene Schwellenwert
0.80 ist.