Seite 20 - PERSONALquarterly_2013_04

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personalquarterly 04 / 13
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Schwerpunkt
_INTERNATIONALES PERSONALMANAGEMENT
D
ie Notwendigkeit internationaler Zusammenarbeit zur
Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit, die starke Ex-
portorientierung und die vielfältigen internationalen
Verflechtungen von Unternehmen machen den grenz-
überschreitenden Personaleinsatz auch in deutschsprachigen
Ländern zu einem häufig anzutreffenden Phänomen. Die klas-
sische Auslandsentsendung (Harris/Brewster/Erten, 2005) von
Expatriates ist daher in der Unternehmenspraxis dieser Länder
fest verankert. Diese dauert üblicherweise zwischen einem und
fünf Jahren und erfordert eine Verlegung des Lebensmittel-
punkts in das Gastland.
Prozessual orientiert sie sich an typischen Phasen wie Aus-
wahl, Vorbereitung, Einsatz im Ausland und Rückkehr ins Hei-
matland (Repatriierung). Über diese Form des internationalen
Arbeitens gibt es einen umfangreichen Wissensstand in Praxis
und Forschung (Demel, 2010).
Neben Expatriation (vgl. Abb. 1) treten in den letzten Jahren
auch vermehrt alternative Formen des internationalen Arbei-
tens auf (z. B. Andresen/Al Ariss/Walther, 2012; vgl. im Über-
blick Mayrhofer/Reichel/Sparrow, 2012). Dazu gehören z. B.
kurzfristige Entsendungen, selbst-initiiertes Arbeiten im Aus-
land oder häufiges internationales Reisen. Letzteres umfasst
Vielfliegen und internationales Pendeln und wird häufig unter
dem Begriff Flexpatriation (vgl. Abb. 1) zusammengefasst.
Zwei Faktoren sind für das Auftreten dieser neuen Formen
von besonderer Bedeutung: Mit Bezug auf die Entsandten
wichtig sind hohe Entsendungskosten und Fluktuationsraten,
Anpassungs- und Repatriierungsprobleme sowie Herausfor-
derungen rund um das persönliche Umfeld, vor allem bei sog.
Dual Career Couples durch die erforderliche Abstimmung
von zwei eigenständigen Karrieren. Mit Bezug auf das Ein-
satzfeld sind vor allem Veränderungen in den äußeren Rah-
menbedingungen zu nennen. Dazu gehören technologische
Entwicklungen wie deutlich verbesserte Informations- und
Kommunikationstechnologien, stark ausgebaute Flugverbin-
dungen vor allem innerhalb Europas und die neuen Märkte in
Zentral- und Osteuropa imGefolge der Veränderungen seit dem
Fall des Eisernen Vorhangs in 1989/90.
Unser Beitrag greift eine der neu entstehenden Formen in-
ternationaler Arbeit – Flexpatriation – auf und stellt die Frage,
inwieweit sich Flexpatriates in ihren individuellen Karriere­
erfolgsdimensionen von klassischen Expatriates unterschei-
den. Die qualitative Analyse baut auf einer Studie von je 20
Expatriates und Flexpatriates auf, die je zur Hälfte in Ländern
West- und Osteuropas beruflich tätig sind (vgl. ausführlicher
Demel, 2010).
Die Ergebnisse der Studie helfen der Personalarbeit in drei-
facher Hinsicht.
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Sie unterstützen die Personaleinsatzplanung und Anreiz-
gestaltung durch Hinweise auf Motivation und individuelle
Aspirationen von Flex- und Expatriates.
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Sie helfen im Bereich der Personalentwicklung durch eine
vertiefte Einsicht in die Erwartungsstruktur der Betroffenen.
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Schließlich liefert die Studie Hinweise für die persönliche
Karriereplanung von Beschäftigten, da sie von Erfahrungen
von konkret Betroffenen berichtet.
Karriere und Karriereerfolg von Ex- und Flexpatriates
Die Dualität von subjektiver und objektiver Karriere ist ein
zentrales und viel behandeltes Thema in der Karriereforschung
(siehe auch Mayrhofer/Meyer/Steyrer, 2005).
Die objektive Karriere umfasst von außen beobachtbare,
messbare Positionsabfolgen im Berufsverlauf. Sie umfassen
meist Bewegungen innerhalb der Hierarchie von Unternehmen
oder Organisationen und sind klar erkennbar und nachvoll-
ziehbar.
Demgegenüber bezieht sich die subjektive Karriere auf
individuelle, rollenbezogene Erfahrungen und persönliche
Verarbeitungsprozesse, die von Außenstehenden nur er-
schlossen, nicht aber beobachtet werden können. Diese im
Laufe des Lebens gesammelten Eindrücke sind die Grundlage
für individuelle Bewertungen der eigenen Karriere (Peiperl/
Gunz, 2007).
Nicht nur Karriere, sondern auch Karriereerfolg beinhal-
tet die Zweiteilung in objektiv und subjektiv. Der objektive
Karriere­erfolg ist direkt messbar. Er bezieht sich v. a. auf Positi-
onen, Beförderungen, Ränge und Status(symbole). Subjektiver
Erfolg ist die individuelle, intern verankerte Auffassung und
Bewertung der eigenen Karriere entlang all jener Dimensionen,
die für das Individuum von Bedeutung sind ­(u. a. Heslin, 2005).
Dimensionen des Karriereerfolgs: Wie sich
Flexpatriates von Expatriates unterscheiden
Von
Dr. Barbara Demel
und
Prof. Dr. Wolfgang Mayrhofer
(Wirtschaftsuniversität Wien)