Seite 18 - PERSONALquarterly_2013_04

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Schwerpunkt
_internationales personalmanagement
tungsdruck stehen, vernachlässigen sie häufig zu Beginn ihrer
Entsendung den Aufbau einer Eins-zu-Eins-Beziehung.
Um den Identifikationsaufbau und damit Voice-Verhalten zu
erreichen, empfiehlt sich, Zeit zum Kennenlernen und zum
Zuhören zu nehmen; echtes Interesse an dem chinesischen
Mitarbeiter und damit verbunden Wertschätzung und Respekt
zu zeigen; sich als Mensch selbst zu öffnen, auch Kontakt au-
ßerhalb des Büros zu ermöglichen; gemeinsam Themen zu er-
örtern und viel – auch wiederholend - zu erklären und deutlich
kleinschrittiger als in Europa zu delegieren.
Chinesischen Mitarbeitern einen Mehrwert bieten
Darüber hinaus empfiehlt es sich, den chinesischen Mitarbei-
tern einen echten Mehrwert zu bieten, denn das erwarten die
Mitarbeiter häufig von dem gut bezahlten Expatriate. Als Mehr-
wert empfunden werden vor allem praktische Hilfestellungen
bei beruflichen oder privaten Problemen, Mitarbeiterentwick-
lung und Karriereplanung. Der letztgenannte Punkt umfasst
u. a. das Aufzeigen und Besprechen alternativer Karrierewege,
die Unterstützung im Aufbau von persönlichen Netzwerken
oder das Ermöglichen von Praxistraining. In diesen Beispielen
wird deutlich, dass das Thema Mehrwert weit gefasst ist.
Den Unterschied zum Westen hat einer der chinesisch-deut-
schen Experten deutlich zum Ausdruck gebracht:
„(…) Er (der Vorgesetzte) muss sich um mehr kümmern als
nur um die Arbeit, wo man im Westen denken würde, Mensch,
der ist doch ein erwachsener Mensch, vieles, Familiäres oder
Karriererelevantes kann er sich doch alleine drum kümmern,
glaube ich, erwartet ein Chinese gerade, dass ein Chef ihm
sowas aus der Hand nimmt. Wie zum Beispiel, nicht nur an
seine denken, oder an zum Beispiel auch an seine Familie oder
an seine Karriere, wie er sie verbessern könnte, wie er mehr
in dem jetzigen Job lernen könnte. Was für Chancen er hätte,
sich persönlich zu verbessern oder vorwärts zu kommen, oder
mehr zu verdienen, oder in eine höhere Position zu kommen,
ich glaub der Angestellte würde es erwarten, dass sein Chef,
mehr für ihn und über seine Lebensplanung nachdenkt“ (Zitat:
Chinesisch-Westlicher Experte).
Somit umfasst der Aspekt des Mehrwertbringens das Sich-
kontinuierlich-um-den-Mitarbeiter-Kümmern, ohne die in
Deutschland übliche Trennung zwischen Privatem und Beruf-
lichem.
Die genannten Guanxi-Voice-Praktiken sind Beispiele dafür,
wie wichtig es in China für eine westliche Führungskraft ist,
viel zu beobachten und mit verschiedenen Menschen hierar-
chieübergreifend kontinuierlich im Kontakt zu sein.
Einen Dritten als Mittler einsetzen
Best-Practice-Voice-Manager nutzen vielfach dritte Personen,
um Nachrichten von ihren Mitarbeitern zu erfahren oder auch
um bestimmte Nachrichten auszusenden. Daher bauen sie
sich häufig eine vertraute Person auf, die als Mittler agiert. Da
das Kommunizieren über dritte Personen in China üblich ist,
empfiehlt sich dem westlichen Manager, sich dieses Kommuni-
kationsweges bewusst zu werden und diesen Weg in entspre-
chenden Situationen auch zu akzeptieren.
Eine Best-Practice-Voice-Führungskraft hat den Umgang mit
für sich Ungewohntem wie folgt zusammengefasst:
Aspekt
Charakteristika für situativ niedrigen Lokalisierungsgrad
(Zusammenfassende Aspekte aus den Interviews in direkte
Aussagen – aus Perspektive des Vorgesetzten – umgewandelt)
Charakteristika für situativ hohen Lokalisierungsgrad
(Zusammenfassende Aspekte aus den Interviews in direkte
Aussagen – aus Perspektive des Vorgesetzten – umgewandelt)
Selbstverständnis der Präsenz des
westlichen Unternehmens in China
„Wir bringen etwas nach China.“
„Wie kann China für unser Unternehmen passend gemacht
werden?“
„Wir lernen von China.“
„Wie können wir uns an China anpassen?“
Fokusthemen des westlichen
­Vorgesetzten
„Wir konzentrieren uns auf Themen, die wir beeinflussen
können.“
„Wir versuchen Themen zu identifizieren, die uns im spezi-
fischen chinesischen Kontext (Markt etc.) weiterbringen.“
Umgang mit Vorgaben vom
­deutschen Headquarter
„Wir übernehmen den deutschen Weg, z. B. bezüglich Stan-
dards und Prozessen“
„Wir sind offen für Lokalisierung, z. B. durch Anpassung der
Standards und Prozesse an chinesische Bedürfnisse.“
Zusammenstellung des Mitarbeiter-
teams
„Wir bemühen uns, möglichst viele im Ausland studierte
Chinesen für unsere Organisation zu rekrutieren.“
„Wir brauchen Mitarbeiter als „Representatives of a German
company in China“.
„Für uns sind auch „echte“ Chinesen ohne Auslandserfahrung
interessant.“
„Wir brauchen Mitarbeiter als „Representatives of China in a
German company“.
Quelle: Eigene Darstellung
Abb. 3:
Unterscheidung zwischen niedrigem und hohem Lokalisierungsgrad