Seite 14 - PERSONALquarterly_2013_04

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personalquarterly 04 / 13
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Schwerpunkt
_internationales personalmanagement
C
hina hat im letzten Jahrzehnt erheblich an Bedeutung
in der Weltwirtschaft gewonnen. Nachdem westliche
Unternehmen China zunächst aufgrund von Kosten-
vorteilen als attraktiven Zuliefer- und Produktions-
standort betrachtet haben, entwickelte sich über die Jahre
zunehmend Interesse an China als Absatzmarkt und neuer-
dings auch als innovationstreibender Standort. International
agierende Unternehmen mit deutschen Wurzeln (sowohl Whol-
ly Foreign Owned Enterprises als auch Joint Ventures) entsen-
den deutsche Expatriates in ihre Niederlassungen nach China
(z. B. asiatische Headquarter, Produktionswerke, Handelsnie-
derlassungen).
Dabei lässt sich in der Praxis folgendes Dilemma beobachten:
die deutschen Expatriates werden als „Wissende“ entsandt,
um einen Know-How-Aufbau und Know-How-Transfer von
Deutschland nach China zu sichern. Die Expatriates werden
von chinesischen Kollegen auch entsprechend als ‚„Wissende“
positioniert. Vor Ort in China sind diese Expatriates allerdings
in vielen Bereichen die „Unwissenden“, die dringend auf Wis-
sen und Input, z. B. in Bezug auf den chinesischen Markt und
die kulturellen Gepflogenheiten angewiesen sind. Dabei stellen
die Mitarbeiter wichtige Quellen für Informationen und Per-
spektiven für globale Unternehmenstätigkeiten dar.
Im unternehmerischen Alltag gestaltet sich das Erlangen
von Wissen und Input von chinesischen Mitarbeitern als He-
rausforderung, denn deutsche Manager beschreiben vielfach
das Problem „meine chinesischen Mitarbeiter sprechen nicht“
Folgen sind Verlust wertvoller Zeit und Verschwendung von
Ressourcen. Ein verstärktes „Aussprechen“ („Voice“-Verhalten)
chinesischer Mitarbeiter gegenüber deutschen Führungskräf-
ten in internationalen Unternehmen in China bietet ein Poten-
zial für Effizienzsteigerungen.
Erfolgreiche Führung im interkulturellen Kontext gewinnt
somit an Bedeutung und beeinflusst zunehmend den Erfolg
international agierender Unternehmen.
Ziel dieser empirischen Studie ist einerseits, einen prak-
tischen Beitrag für die Kommunikationsverbesserung zwi-
schen chinesischen Mitarbeitern und deutschen Vorgesetzten
zu liefern und andererseits dazu beizutragen, die unten
dargestellte Forschungslücke über das „Warum“ und die Be-
China schweigt – Wie westliche Expatriates
erfolgreich mit Chinesen kommunizieren
Von
Annette Metz
und
Prof. Dr. Marjaana Gunkel
(
Leuphana Universität Lüneburg)
dingungen rund um das Voice-Verhalten in dem spezifisch
chinesisch-westlichen Kontext weiter zu schließen.
Voice-Verhalten in der unternehmerischen Praxis
Die Aktualität des Themas „Aussprechen“ (Voice) in der un-
ternehmerischen Praxis hat in den vergangenen Jahren auch
das Interesse der Wissenschaftler verstärkt geweckt, es wird
zusehends mehr zu dem Konstrukt „Voice“ geforscht. Dabei
liegt der Fokus in bisherigen Studien vielfach auf dem „Wer“
ausspricht und „Wann“ ausgesprochen wird sowie auf den Ein-
flussfaktoren und Auswirkungen von Voice und Silence (De-
tert/Burris, 2007), weniger dagegen auf dem „Warum“ und
„Wie“ (Morrison, 2011). Liu/Zhu/Yang (2010) unterscheiden
zwischen „speaking up“, gegenüber Vorgesetzten, und „spea-
king out“ gegenüber Kollegen. Im „speaking up“-Bereich un-
tersuchen sie den Einfluss der persönlichen Identifikation des
Mitarbeiters mit der Führungskraft auf das Voice-Verhalten.
Dieser Aspekt erscheint in dem gegebenen interkulturellen
Kontext als interessanter Ansatzpunkt, um das Voice-Verhalten
zwischen dem einzelnen Mitarbeiter und einer spezifischen
Führungskraft besser zu verstehen.
Die theoretische Fundierung für diese Studie stellen die Self-
Concept Based Motivational Theory (Shamir et al., 1993; Sha-
mir, 1991) sowie die Identity Theory (Stryker, 1980) und die mit
ihr eng verbundene Social Identity Theory (Tajfel/Turner, 1979)
dar. In der Self-Concept Based Motivational Theory werden
Einflüsse von Führungsverhalten auf das Mitarbeiterverhalten
durch Effekte auf das Selbstkonzept des Mitarbeiters erklärt.
Menschen sind motiviert, ihr Self-Esteem, ihr Selbstwertgefühl
auszuweiten. Dieses geschieht, indem der Sinn für Self-Consis­
tency erweitert wird. Die Self-Concepts setzen sich in Teilen
aus Identitäten zusammen und somit ist die Identifikation mit
der Führungskraft ein Element in der Zusammenarbeit, das
weiteres Mitarbeiterverhalten beeinflusst (Shamir, 1991; Sha-
mir et al., 1993; Stryker, 1980). Die Identity Theory und die
Social Identity Theory erklären die Wichtigkeit von Identität
als Motivationsquelle für Aktionen. Die Identität definiert „wer
ich bin“, sie hilft der Selbstkategorisierung. Die Hierarchie der
Identitäten entscheidet letztendlich, welche Identität aktiviert
ist und somit, welches Verhalten in welcher Situation gewählt