Seite 11 - PERSONALquarterly_2013_04

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Diese Zielgruppe gilt als besonders relevant, da ihr das GPM-
System sowohl aus der Perspektive des Beurteilenden als auch
aus der Sicht des Beurteilten bekannt ist, wodurch ein höchst-
möglicher Grad an Vertrautheit mit dem System angenom-
men werden kann. Neben dem Standort und dem Geschlecht
wurden das Alter, die Erfahrung mit dem GPM-System, die
internationale Erfahrung sowie die Funktion der Abteilung
der Befragten als weitere mögliche Einflussfaktoren erhoben.
Es wurde ein Fragebogen erstellt, der nach höchsten wissen-
schaftlichen Standards entwickelt wurde und der die Anforde-
rungen der interkulturellen Vergleichsforschung erfüllt, um
die Praktiken und Präferenzen im Global Performance Manage-
ment gegenüberzustellen.
Ein vollständiger Überblick zur Entwicklung dieser Methode
sowie der Fragebogen selbst sind zu finden bei Festing, Knap-
pert und Kornau (im Druck). Abbildung 2 gibt einen Überblick
über die erhobenen Charakteristika der GPM-Elemente, zu de-
nen jeweils die angewandten Praktiken und die Präferenzen
abgefragt wurden. Insgesamt wurden 241 beantwortete Fra-
gebögen ausgewertet, davon 39 % von weiblichen Teilnehmern.
Präferenzen der Mitarbeiter werden missachtet
Zunächst war festzustellen, dass von den erhobenen möglichen
Einflussfaktoren lediglich der länderspezifische Kontext und
Kriterien
3
Qualifikationen/Ausbildung
3
Vorherige Beurteilungen
3
Zielerreichung
(i.S.v. Zahlen, Umsatz)
3
Soziales Netzwerk
3
Expertise
3
Befähigung anderer
3
Teamfähigkeit
Akteure
3
Der Vorgesetzte
3
Kollegen („peers“)
3
Mitarbeiter („subordinates“)
3
Kunden
3
Der Beurteilte selbst
3
Individueller versus Teamfokus
Methode
3
Explizitheit
Feedback
3
Direkt
3
Partizipativ
Konsequenzen/
Interventionen
3
Vergütung
3
Beförderung
3
Entwicklung
3
Motivation
3
Aufbau/Verbesserung
der Beziehung
3
Commitment
Abb. 2:
Die erhobenen Charakteristika der
GPM-Elemente im Überblick
Quelle: Eigene Darstellung
das Geschlecht der Befragten einen signifikanten Effekt auf
die Varianzen von Praktiken und Präferenzen haben. Im Detail
zeigen die Ergebnisse, dass in der Praxis insbesondere bei der
Wahl der Akteure sowie bei der Gestaltung von Interventionen
und Konsequenzen der Beurteilung länderspezifische Faktoren
zumAusdruck kommen. So zeigte sich in dieser Stichprobe bei-
spielsweise, dass in China und Deutschland der Beziehungs­
aspekt von hoher Bedeutung bei der Beurteilung ist, während
dieser in den USA nur eine untergeordnete Rolle spielt.
Ähnlich sind die Länderunterschiede bezüglich der Beurtei-
lung durch Mitarbeiter und Kollegen – diese ist in China und
Deutschland von größerer Bedeutung als in den USA. Über alle
drei Länder hinweg stellt das Individuum den Fokus der Beur-
teilung dar (und nicht das Team). Auf der Seite der Präferenzen
zeigen zwar US-amerikanische und südafrikanische Befragte
unserer Stichprobe eine höhere Präferenz für individuelle
Beurteilungen, ihre deutschen und chinesischen Kollegen
hingegen würden jedoch die Beurteilung von Teamleistungen
bevorzugen. Diese lokalen Besonderheiten sollten bei der glo-
balen Gestaltung von PM-Systemen berücksichtig werden, um
die Chance auf Akzeptanz und Zufriedenheit bei den Nutzern
des Systems zu erhöhen. Einen detaillierten Überblick zu den
länderspezifischen Ergebnissen geben Festing und Knappert
(im Druck).
Im Vergleich von angewandten Praktiken mit den von der
Literatur vorgeschlagenen Standards und „Best Practices“ zeigt
sich, dass in der Praxis tatsächlich viele dieser Standards län-
derübergreifend zur Anwendung kommen, wie beispielsweise
das Eins-zu-Eins-Beurteilungsgespräch durch den Vorgesetz-
ten, Output-orientierte Kriterien und direktes, partizipatives
Feedback.
Die Anwendung dieser „Best Practices“ in vorliegender
Stichprobe unterstreicht die Annahme, dass Praktiker tat-
sächlich Standards und Richtlinien als Orientierung nutzen,
wenn PM-Systeme gestaltet werden. Interessanterweise zei-
gen sich jedoch auf der Ebene der Präferenzen ganz andere
Schwerpunkte für GPM-Systeme. Hier geben die Befragten
in China, Deutschland, den USA und Südafrika Vorlieben für
Expertise und Teamfähigkeit als Beurteilungskriterien sowie
entwicklungsorientierte Interventionen und Motivation als we-
sentlichen Zweck des Systems an. Korrespondierend zu den
angewandten Praktiken und der „Best Practices“-Literatur wer-
den weiterhin die Beurteilung durch den Vorgesetzten sowie
interaktives und partizipatives Feedback präferiert.
Diese „weichen“ Elemente des GPM-Systems, die sich hier
in den Präferenzen der Mitarbeiter spiegeln, wurden mit Blick
auf hoch internationalisierte Unternehmen bereits als ver-
nachlässigt beschrieben (Fee/McGrath-Champ/Yang, 2011).
Die Präferenzen der Mitarbeiter werden jedoch nicht nur aus
den angewandten Praktiken ausgeklammert, sondern offenbar
auch aus der „Best Practices“-Literatur, die bei der Gestaltung