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Neue Forschung
_zuwanderung
Zuwanderung kein Selbstläufer: Konkurrenz vorhanden
Diejenigen Europäer, die darüber nachdenken auszuwandern,
landen nicht zwingend in Deutschland, dessen Attraktivität
auf einer Skala von 1 (sehr niedrig) bis 7 (sehr hoch) durch-
schnittlich mit 5,39 eingestuft wurde. Großbritannien (5,54)
und die USA (5,47) standen höher im Kurs, die Schweiz lag
fast auf gleicher Höhe (5,35). Dahinter folgten Kanada (5,20),
Schweden (5,11) und Norwegen (4,82). Analysiert man ge-
nauer die Angaben der Studierenden aus den Ländern, aus
denen zuletzt vermehrt Personen nach Deutschland einge-
wandert sind, ergibt sich ein differenzierteres Bild. Bei den
Rumänen, Spaniern, Griechen und Bulgaren war Deutschland
als Beschäftigungsland signifikant attraktiver als Großbri-
tannien und die anderen Konkurrenten. Die Studierenden,
die aus Polen stammten, reizten die Schweiz, USA und Groß-
britannien deutlich mehr als die Bundesrepublik. Groß-
britannien und die USA haben bei den Studierenden aller
Fachrichtungen eine Spitzenposition eingenommen. Deutsch-
land hat bei angehenden Ökonomen (5,43) und Ingenieuren
(5,48) etwas besser abgeschnitten als in der Gesamtstichpro-
be. Die Schweiz genoss bei den Wirtschaftswissenschaftlern
(5,56) ein etwas höheres Ansehen.
Beim Wettbewerb um gute Fachkräfte ist nicht nur die Kon-
kurrenz unter den Ländern, die an Zuwanderung interessiert
sind, zu beachten. Auch die Heimatländer der vermeintlichen
Emigranten werden infolge des eigenen demografischen Wan-
dels nicht tatenlos zusehen, wie es ihre Talente ins Ausland
zieht. Die Anzahl der Auswanderer aus osteuropäischen Staa-
ten dürfte daher deutlich zurückgehen. Erfolg versprechende
Alternativen sind gefragt. Diese könnten z. B. in Nordafrika
oder auch im Nahen Osten zu finden sein (Walter, 2011).
Wie Deutschland wahrgenommen wird
Das beschriebene Szenario lässt erkennen, dass die deutschen
Firmen erhebliche Anstrengungen unternehmen werden
müssen, um ihren Fachkräftebedarf national und internatio-
nal abdecken zu können. An einer Präsenz auf dem internatio-
nalen Arbeitsmarkt wird für viele Arbeitgeber kein Weg mehr
vorbeiführen (Beechler/Woodward, 2009). Ihnen muss dabei
bewusst sein, dass 76,2 % der in dieser Studie Befragten die
allgemeine Anziehungskraft eines Landes als wichtig für die
Beurteilung der Attraktivität einschätzten, dort zu arbeiten.
Für die deutschen Arbeitgeber, die im Ausland rekrutieren
wollen, bedeutet dies, dass sie zunächst einmal wissen müs-
sen, welche Aspekte die Attraktivität eines Landes beeinflus-
sen und wie Deutschland in dieser Hinsicht wahrgenommen
wird. Die Abbildung 2 hilft hier weiter und zeigt auf, dass es
insbesondere auf die hier lebenden Menschen und die Ar-
beitsbedingungen ankommt. Bei einigen Attraktivitätsdeter-
minanten gab es geschlechtsspezifische Unterschiede. Frauen
Abb. 2:
Determinanten der allgemeinen Attraktivität eines Landes und
Einschätzung Deutschlands durch europäische Studierende
Quelle: Eigene Darstellung.
Skalierung: Bedeutung: 1 = völlig unwichtig, 7 = sehr wichtig; Einschätzung Attraktivität: 1 = sehr niedrig, 7 = sehr hoch (N = 4.909 bzw. 4.839)
Attraktivitätsdeterminanten
eines Landes
Bedeutung aus Sicht
Attraktivität
Deutschlands
Alle
Befragten
Bulgaren
(n = 112)
Griechen
(n = 251)
Polen
(n = 217)
Rumänen
(n = 79)
Spanier
(n = 149)
Menschen
6,19
6,21
6,33
6,30
6,38
6,09
4,83
Arbeitsbedingungen
5,97
6,30
6,42
6,23
6,57
5,99
5,47
Sicherheit
5,87
6,09
6,14
5,90
6,15
5,63
5,81
Offenheit gegenüber anderen Kulturen 5,78
5,86
5,93
5,75
6,06
5,76
4,86
Kulturelle und Freizeitmöglichkeiten 5,78
5,68
5,86
5,62
5,91
5,71
5,25
Gute Verkehrsanbindungen
5,78
5,79
6,02
5,80
6,14
5,72
5,79
Allgemeine Infrastruktur
5,53
5,69
5,60
5,57
5,90
5,53
5,89
Wohnsituation
5,51
5,62
5,69
5,71
5,99
5,41
5,44
Landschaft
5,50
5,35
5,63
5,17
5,57
5,30
4,98
Integrationsaktivitäten für Ausländer
5,25
5,73
5,47
5,18
6,20
5,41
4,92
Klima
4,85
5,03
5,04
4,86
4,96
4,95
4,39
Essgewohnheiten
4,76
4,31
4,65
4,38
4,82
4,99
4,44
Entfernung zur Heimat
3,97
4,78
4,40
4,27
4,53
4,10
5,38