Seite 19 - PERSONALquarterly_2013_02

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gewissermaßen unsichtbare Kosten, die nicht in direkten Zu-
sammenhang mit dem Ressourcenverbrauch gebracht werden.
Die Personalkosten der Meetingteilnehmer fallen beispielswei-
se unabhängig von den Meetings an und die Entscheidung zur
Entlohnung ist nicht ursächlich mit den Meetings verbunden.
Es muss weder ein Antrag gestellt werden, noch müssen Bud-
getmittel konkret für das Abhalten eines Meetings freigegeben
werden. Personalkosten sind meist ebenso „sunk costs“, d. h.
sie sind bereits angefallen und können ohne grundlegende or-
ganisatorische Veränderungen nicht rückgängig gemacht wer-
den. Auch Ausstattungskosten (z. B. Meetingraum, technische
Ausstattung) sind häufig ohnehin schon vom Unternehmen zu
tragen und es wird daher vernachlässigt, dass diese Ressour-
cen in den Meetings verbraucht bzw. verschwendet werden.
Was kann nun getan werden, um diese „unsichtbaren“, aber
für den Unternehmenserfolg höchst relevanten Kosten zu ver-
hindern oder zumindest zu senken?
Face-to-face-Meetings: Ja oder nein?
Sowohl in der Praxis als auch in der wissenschaftlichen For-
schung wird immer wieder diskutiert, Face-to-Face-Meetings
abzuschaffen oder durch alternative Meeting-Methoden zu
ersetzen. Moderne Meetingformen sind beispielsweise Stand-
up-Meetings und Scrums. Beide werden im Stehen abgehal-
ten, wobei Scrums regelmäßig im Team stattfinden (z. B. 15
Minuten zu Beginn eines Arbeitstags) und Teilaufgaben eines
komplexen Projekts zum Inhalt haben. Als Alternativen zu
klassischen Face-to-Face-Meetings werden Video-Konferenzen
über Web oder Telefon und spezielle Software-Lösungen vorge-
schlagen. Microsoft nutzt beispielsweise eine hauseigene Soft-
ware, über die Mitarbeiter chatten und Dokumente gemeinsam
bearbeiten können. Wesentliche Vorteile liegen in der Ortsun-
gebundenheit und in der automatischen Dokumentation des
Besprochenen. Nachteilig sind allerdings der unpersönlichere
Kontakt und das eingeschränkte oder gänzlich fehlende Feed-
back in Form von Mimik und Gestik. In vielen Fällen ist das
klassische Face-to-Face-Meeting daher nach wie vor die beste
Methode, z. B. wenn es um Vertrauensbildung geht, wenn es
negative Nachrichten oder Veränderungen gibt, wenn rascher
Informationsaustausch, Brainstorming oder schnelle Entschei-
dungen notwendig sind, wenn die Zusammenarbeit gefördert
oder Konsens erreicht werden soll oder wenn es um ein heikles
und komplexes Thema geht. Außerdem haben Menschen von
Natur aus das Bedürfnis nach sozialer Interaktion. Face-to-
Face-Meetings ermöglichen persönliche, unvermittelte Kom-
munikation, so dass Mitarbeiter stärker involviert werden, eher
Verständnis und Vertrauen entwickeln und größeres Commit-
ment zeigen. Abbildung 2 zeigt zusammenfassend, welche Vor-
teile Manager einer Studie zufolge in Face-to-Face-Meetings
sehen.
Tipps für mehr Effektivität und Effizienz von Meetings
Die Abschaffung klassischer Face-to-Face-Meetings ist somit
nicht die Antwort auf das Verschwendungsproblem. Face-to-
Face-Meetings sind schlicht notwendig und fester Bestandteil
der Unternehmenskultur, allerdings müssen sie effizienter
durchgeführt werden. Es gibt wohl ebenso viele Ratgeber für
„gute Meetings“ wie es Horrorstories über schlechte Meetings
gibt (Daoust, 2010). In der sogenannten How-To-Literatur wird
in Form von Büchern, Broschüren, Online-Ressourcen etc.
angeregt, durch die Anwendung von Manualen und Check-
listen sowie durch das Beherzigen einiger einfacher Regeln
die Effizienz und den Nutzen von Meetings zu steigern. So
wird beispielsweise geraten, kein Meeting ohne Agenda abzu-
halten, Zielvorgaben und Verantwortlichkeiten gleich zu Be-
ginn des Meetings zu formulieren und zu visualisieren, den
Zeitplan einzuhalten, Feedback von den Teilnehmern einzu-
holen und getroffene Vereinbarungen schriftlich festzuhalten.
Da der Umsetzungserfolg umso größer ist, je konsequenter
und reflektierter feste Besprechungsregeln angewandt und
weiterentwickelt werden, können unterstützend gezielte Füh-
rungskräfte- und Kommunikationstrainings eingesetzt werden
(Mast, 2007). In diesen werden Hilfsmittel, Techniken und Stra-
tegien gelehrt, umMeetingteilnehmer fokussiert und engagiert
Abb. 2:
Vorteile von Face-to-Face-Meetings
Erhöhung des Erinnerungswerts
52
Überwindung von sprachlichen
und kulturellen Barrieren
53
Senkung des Zeitaufwands bei
Entscheidungen
62
Steigerung der Diskussionspro-
duktivität
65
Detaillierungsgrad bei Erklärungen
71
Erhöhung der Verantwortlichkeit
75
Erleichterung von Verhandlungen
75
Förderung des Verständnisses
76
Vorbeugung und Minderung von
Konfusion und Missverständnissen
81
Persönliche Interaktion
87
Vertrauensbildung
90
Quelle: RoperASW & Tandberg, 2003.
Angaben der befragten Manager in Prozent