Seite 18 - PERSONALquarterly_2013_02

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personalquarterly 02 / 13
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Schwerpunkt
_meetings
Zeitdisziplin der Teilnehmer. Meetingteilnehmer kommen zu
spät, gehen früher, überschreiten das Zeitlimit bei einzelnen
Tagesordnungspunkten, schweifen vom Thema ab oder arbei-
ten nicht mit. Die Qualität von Meetings wird außerdem da-
durch beeinträchtigt, dass Verhaltensnormen („Spielregeln“)
nicht eingehalten werden. Überprüfungen des regelkonformen
Verhaltens und Sanktionen bei Regelverletzungen fehlen aber
fast gänzlich.
Die Ergebnisse dieser und vorangehender Studien zeigen,
dass die Betroffenen die mangelhafte Produktivität von Mee-
tings durchaus erkennen. Die Kosten, die für das Unternehmen
durch insbesondere unproduktive Meetings entstehen, sind
allerdings meist nicht bekannt.
Welche Kosten Meetings verursachen
Alleine bei der Betrachtung der „verschwendeten“ Arbeitszeit
in Meetings ist von beachtlichen nicht notwendigen Kosten
auszugehen (Siegert, 2007). In erster Linie sind das Personal-
kosten, in geringerem Ausmaß Sach- und Fremddienstkosten
wie beispielsweise Aufwendungen bei der Meetingvorberei-
tung, Reisekosten, Kosten für Einrichtungen und Anlagen, für
die Bewirtung, für Sprecher und Moderatoren und für die Ver-
wendung audiovisueller Medien und sonstiger Hilfsmittel. Es
wird geschätzt, dass in den USA jährlich insgesamt 231 Mrd.
EUR aufgrund ineffizienter Kommunikation verlorengehen.
Das sind je betroffenem Mitarbeiter 3.300 EUR (RoperASW/
Tandberg, 2003). Umgerechnet auf deutsche oder österrei-
chische Verhältnisse sind unnötige Kosten von mehr als 1 Mio.
EUR pro Jahr anzusetzen.
Bei diesen Hochrechnungen sind Opportunitätskosten und
Folgekosten meist noch unberücksichtigt. Opportunitätskosten
entstehen dadurch, dass Nutzen entgeht, weil Ressourcen nur
einmal verwendet und nicht gleichzeitig mehreren Zwecken
zugeführt werden können. Wenn ein Meeting abgehalten wird,
dann wird die bedeutendste Ressource eines Unternehmens
genutzt - oder verschwendet - nämlich die Zeit des Personals,
die der Erreichung der eigentlichen Unternehmensziele dient.
Indem Mitarbeiter und Manager Zeit für Meetings aufwen-
den, können sie andere Aufgaben, die vielleicht profitabler
gewesen wären, nicht erledigen. Somit müssen die entgangene
Produktivität und die nicht verrichtete Arbeit ebenfalls mit­
einbezogen werden. Je wertvoller und erfolgreicher die Mitar-
beiter und Manager sind und/oder je höher ihre Position im
Unternehmen ist, desto höher werden die Opportunitätskosten
eingeschätzt, denn mit einer höheren Hierarchieebene steigen
nicht nur die Gehaltskosten, sondern auch der Zeitaufwand,
der für Meetings anfällt. So wie die Opportunitätskosten und
die Personalkosten steigen mit der Führungsebene auch die
Folgekosten, die aufgrund von Fehlentscheidungen und De­
motivation entstehen können. Je höher die Führungsebene,
in der die Meetingteilnehmer tätig sind, desto größer sind die
Verantwortung, die Einflussmöglichkeiten und damit die Trag-
weite der Handlungen (Rausch, 2009).
Meetingkosten sind schwer mess- und wahrnehmbar
Problematisch sind diese Meetingkosten in zweierlei Hinsicht,
nämlich hinsichtlich der Messung und hinsichtlich der Wahr-
nehmung.
Die Messung von Meetingkosten gestaltet sich als schwierig,
weil Meetingkosten nur schwer erfassbar und abgrenzbar sind.
Opportunitäts- und Folgekosten schlagen sich beispielsweise
weder unmittelbar in Ausgaben noch in Aufwendungen nieder.
Personalkosten sowie Sachmittel- und Fremddienstkosten sind
kaum meetingbezogen abgrenzbar. Die Vielgestaltigkeit der
Kosten verdeutlicht, dass Meetingkosten keine eigenständige
Kostenart darstellen, sondern vielmehr Kostenkategorien, de-
nen die einzelnen Kostenbestandteile nach dem Prinzip der
Zurechenbarkeit zugeordnet werden. Die Erfassungs- und Ab-
grenzungsprobleme machen eine aktuelle, zeit- und einfluss-
gerechte Operationalisierung der Meetingkosten allerdings
kaum möglich.
Hinsichtlich der Wahrnehmung von Meetingkosten ergeben
sich Probleme, weil es sich beim Großteil dieser Kosten um
„soft costs“ und/oder „sunk costs“ handelt. „Soft costs“ sind
Abb. 1:
Störfaktoren in Meetings
Unklarheit über Ziele
13
Rechtfertigungszwang
22
Fachausdrücke und missverständ-
liche Sprache
23
langwierige Anfangsdiskussionen
bis zur Themenbearbeitung
25
Verspätungen und vorzeitiges
Verlassen des Meetings
28
Schuldzuweisungen und fehlende
Lösungsorientierung
31
falsche Prioritätensetzung in der
Themenbehandlung
32
Unterbrechungen durch Telefon­
anrufe, Unterlagensuche etc.
34
„optimistisches Herumgerede“
36
„Scheuklappenmentalität“ und
Abteilungsdenken
39
Dominanzverhalten und Profi­
lierungsdrang
42
Quelle: Rausch, 2009.
Angaben der befragten Manager in Prozent