Seite 17 - PERSONALquarterly_2013_02

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Abstract
Forschungsfrage:
Wie effizient und effektiv sind Face-to-Face-Meetings und was kosten
sie? Wie kann ihr Nutzen erhöht werden?
Methodik:
Empirische Untersuchung und Literaturrecherche.
Praktische Implikationen:
Meetings verursachen hohe und facettenreiche Kosten,
deren Notwendigkeit häufig fraglich ist. Die Erfassung und Bewusstmachung sowohl der
Kosteneinflussfaktoren als auch des Nutzens von Meetings können dazu beitragen, diese
effizienter und effektiver zu gestalten.
vielfach Reibungspunkte und Konfliktpotenziale beinhalten
(Rausch, 2008). Warum Meetings unproduktiv sind und worin
sich die Unproduktivität äußert, zeigen empirische Studien.
Empirische Ergebnisse zur Unproduktivität von Meetings
Einer internationalen Studie zufolge haben 70 % der Mana-
ger das Gefühl, dass die von ihnen so häufig besuchten Mee-
tings nicht produktiv sind (Belkin, 2007). Die unproduktive
Zeit beträgt bis zu 40-50 % der Meetingzeit (Schell Marketing
Consulting, 2008). Außerdem ist fast die Hälfte der Angestell-
ten in Führungspositionen der Meinung, dass ihre Mitarbei-
ter viel produktiver wären, wenn Meetings nur für einen Tag
pro Woche aus dem Unternehmen verbannt werden würden
(Office­Team, 2009). Je größer das Unternehmen ist, desto mehr
Meetings finden statt und desto größer ist der Anteil an unpro-
duktiv empfundener Zeit (Schell Marketing Consulting, 2008).
Ursachen unproduktiver Meetings
Die Ursachen für die Unproduktivität von Meetings sind man-
nigfaltig. Sowohl in empirischen Studien (Rausch, 2008; Schell
Marketing Consulting, 2008) als auch in Berichten von Prak-
tikern finden sich dabei immer wieder dieselben Gründe für
ineffiziente Meetings. Bei fast der Hälfte der Meetings gibt es
entweder gar keine Tagesordnung oder die Tagesordnung wird
nicht zeitgerecht verteilt oder als ungeeignet wahrgenommen.
Folglich herrscht zu Beginn des Meetings häufig keine Einig-
keit darüber, was bis zum Ende erreicht werden soll. Wichtige
Teilnehmer wurden möglicherweise gar nicht eingeladen und
von jenen, die teilnehmen, sind bis zu 60 % unvorbereitet.
Die Produktivität von Meetings leidet zudem darunter, dass
die Entscheidungen und Problemlösungen nicht in klare Auf-
gabenpakete (To-Do-Listen) überführt werden oder die Aufga-
ben und Verantwortungen hinsichtlich der Umsetzung unfair
verteilt werden (Rausch, 2009; Schell Marketing Consulting,
2008). In fast drei Viertel der Meetings werden Follow-Ups
unklar kommuniziert und es fehlen weitere Termine, Umset-
zungskontrollen und Verantwortungszuweisungen.
In mehr als der Hälfte der Fälle sind aber auch die man-
gelnden Qualitäten der Teilnehmer (z. B. kommunikative und
soziale Kompetenz, Aufnahme- und Konzentrationsfähigkeit,
Kritikfähigkeit) für die schlechte Produktivität von Meetings
verantwortlich (Schell Marketing Consulting, 2008).
Was sind die Störfaktoren?
Die Analyse von erfolgsrelevanten Verhaltensweisen der
Meetingteilnehmer und von Störfaktoren in Meetings war Ge-
genstand einer empirischen Längsschnittuntersuchung der
Abteilung Controlling und strategische Unternehmensfüh-
rung an der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt (Rausch, 2008,
2009). Befragt wurden 300 Manager und leitende Angestellte
eines international tätigen Unternehmens mit Hauptsitz in Ös-
terreich. Die Ergebnisse dieser Untersuchung zeigen mehrere
kritische Erfolgsfaktoren in Meetings auf. Hohe Bedeutung
wird neben der Informationsbasis und dem Erfahrungsstand
der Intuition, der Ausbildung und dem Moderationstalent der
Teilnehmer zugeschrieben. Wichtig sind darüber hinaus eine
breite Vertrauensbasis, ein offener, lösungsorientierter Um-
gang mit Konflikten und das Zuhören und Eingehen auf die
Meinung anderer.
Wie inAbbildung 1 dargestellt werden als Störfaktoren an ers­
ter Stelle das Dominanzverhalten und der Profilierungsdrang
einzelner Meetingteilnehmer genannt. Das heißt, Meetingteil-
nehmer nutzen das Meeting als Bühne zur Selbstdarstellung,
setzen sich selbst in Szene und führen Monologe. Kritisiert
wird außerdem häufig, dass durch die vorherrschende „Scheu-
klappenmentalität“ und das Abteilungsdenken Diskussionen
stark von den Meinungen und Präferenzen Einzelner geprägt
sind und der Blick auf das Unternehmen als Gesamtheit ver-
loren geht. Es wird zu wenig in Prozessen und abteilungs-
übergreifend gedacht und gehandelt. Besonders frustrierend
ist für viele Teilnehmer, dass in mehr als einem Drittel der
Meetings „optimistisch herumgeredet“ wird, anstatt die wah-
ren Probleme beim Namen zu nennen und Problemlösungen
konsequent zu erarbeiten. Bemängelt wird ebenfalls, dass tri-
viale Fragen in den Meetings üblicherweise genauso viel Zeit
einnehmen wie wichtige Fragen. Die Prioritätensetzung in der
Themenbehandlung wird von ca. 30 % der Meetingteilnehmer
als unausgeglichen oder ungerechtfertigt empfunden. Störend
sind zudem Unterbrechungen durch Telefonanrufe, das zuwei-
len hektische Suchen nach Unterlagen und die mangelhafte