personalquarterly 02/ 13
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Schwerpunkt
_meetings
antwortliche für die Umsetzung bestimmt werden – nur so
können besprochene Inhalte der Meetings in der alltäglichen
Arbeit wirksam werden (Kauffeld/Lehmann-Willenbrock,
2012). Dies bedeutet aber auch, dass Meetings durch neue Auf-
gaben für Mitarbeiter auch über die in Meetings verbrachte
Zeit hinaus zu einer weiteren zeitlichen Belastung führen. Die-
ser Zeitverlust kann zu einem erhöhten Stresserleben führen
(Allen et al., 2012), sodass die Teilnahme an Meetings auch zu
einem gesundheitlichen Risiko führt (Luong/Rogelberg, 2005).
Meetings stellen jedoch auch eine wichtige zusätzliche Res-
source im Arbeitsalltag dar: Meetings, in denen beispielsweise
Probleme gelöst, wichtige Kontakte hergestellt oder relevante
Informationen ausgetauscht werden, können einen hohen in-
dividuellen Nutzen für die Beteiligten darstellen (Allen et al.,
2012). Ob Meetings durch ihren unterbrechenden und zeitin-
tensiven Charakter als „tägliche Ärgernisse“ und Quelle der
Frustration erlebt werden (Rogelberg/Scott/Kello, 2007) oder
ob Meetings als hilfreiche Interaktion unter Kollegen mit po-
sitiven Gefühlen einhergehen (Cohen et al., 2011), hängt u. a.
von der Gestaltung der Meetings ab.
Erste Forschungsbefunde weisen auf die Bedeutung von
Meetings für die Gesundheit der Mitarbeiter hin. Luong und
Rogelberg (2005) berichten von einem signifikant positiven
Zusammenhang zwischen der Anzahl besuchter Meetings und
der subjektiven Erschöpfung nach einem Arbeitstag sowie der
subjektiven Arbeitsbelastung der Mitarbeiter. In einer weite-
ren Studie wurde die Rolle der wahrgenommenen Effektivität
im Zusammenhang mit der verbrachten Zeit in Meetings und
der Gesundheit der Mitarbeiter aufgezeigt: Die in Meetings
verbrachte Zeit wirkte sich nur negativ auf die Gesundheit aus,
wenn die Meetings als wenig effektiv wahrgenommen wurden
(Rogelberg et al., 2006). Inwiefern sich die Art der Kommunika-
tion in Meetings auf die Gesundheit der Mitarbeiter auswirkt,
wurde nach Kenntnisstand der Autorinnen bisher noch nicht
untersucht.
Einfluss der dysfunktionalen Kommunikation
Ziel der vorliegenden Studie ist es, diese ersten Befunde zu
Gesundheitsrisiken durch Meetings zu erweitern, indem wir
die Rolle der dysfunktionalen Kommunikation in Meetings ge-
nauer betrachten. Zur dysfunktionalen Kommunikation gehört
dabei z. B. das Verlieren in Details und Beispielen, das Tadeln
und Abwerten anderer Personen, Seitengespräche, harsche Un-
terbrechungen, das Jammern über den negativen Ist-Zustand,
das Ablehnen von Verantwortung oder die Suche nach Schul-
digen (siehe Abb. 1).
Zentrale Fragen sind:
Welchen Effekt hat die dysfunktio-
nale Kommunikation in Meetings auf die Gesundheit der Mit-
arbeiter? Inwiefern wird dieser Effekt durch die in Meetings
verbrachte Zeit sowie durch die wahrgenommene Meeting-
Effektivität beeinflusst? Wenn die dysfunktionale Kommuni-
kation in Meetings einen Einfluss auf die Gesundheit hat, wie
kann dann das Meeting-Design genutzt werden, um die Kom-
munikation zu verbessern?
Aufgestellte Hypothesen
Die Bedeutung des Meeting-Designs für die Gestaltung erfolg-
reicher Meetings ist gut belegt. Der Einsatz einer Agenda, das
Einhalten vereinbarter Zeiten (Pünktlichkeit), das Aufstellen
und Einhalten von Besprechungsregeln und angemessene
Räumlichkeiten steigern die wahrgenommene Effektivität von
Meetings (Cohen et al., 2011; Leach/Rogelberg/Warr/Burn-
field, 2009). Auch die Kommunikation in Meetings kann von
Meeting-Designaspekten profitieren: Führt beispielsweise ein
Vorgesetzter anhand einer vorher festgelegten Agenda durch
ein Meeting, ermöglicht dies eine lösungsfokussierte Kommu-
nikation. Sollten einzelne Personen von den Themen abweichen
oder jammern, kann der Vorgesetzte wieder auf die Agenda
verweisen und daran erinnern, die vorgegebene Zeit zur Ent-
wicklung von Lösungen zu nutzen. Somit können Meeting-
Designaspekte helfen, dysfunktionale Äußerungen wie das
Jammern zu verhindern (u. a. Kauffeld, 2007). Daher sollte eine
bewusste Ausgestaltung des Meeting-Designs (z. B. Erstellen ei-
ner Agenda und Zeitmanagement während des Meetings) einen
negativen, also hemmenden Einfluss auf die dysfunktionale
Kommunikation in Meetings haben (siehe. Abb. 2, H1).
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Hypothese 1:
Gutes Meeting-Design hemmt die dysfunk-
tionale Kommunikation in Meetings.
In Meetings mit überwiegend funktionaler Kommunikation wer-
den Lösungen entwickelt und konkrete Maßnahmen geplant,
sodass diese die Arbeit der Teilnehmer positiv beeinflussen
und somit als hilfreich empfunden werden sollten. Meetings
mit überwiegend dysfunktionaler Kommunikation hingegen
unterbrechen andere Arbeiten, ohne dass die Mitarbeiter ih-
re Probleme klären können. Vielmehr führen dysfunktionale
Meetings, in denen überwiegend darüber gejammert wird, wie
Abb. 2:
Zusammenhang zwischen Meeting-Design,
Kommunikation & Gesundheit
Angenommene Zusammenhänge zwischen dem Meeting-Design, der dysfunktionalen Kommuni-
kation in Meetings und der Gesundheit der Mitarbeiter unter Berücksichtigung der moderierenden
Funktion der in Meetings verbrachten Zeit und der wahrgenommenen Meeting-Effektivität.
Quelle: Eigene Darstellung.