Seite 52 - PERSONALquarterly_2013_03

Basic HTML-Version

52
Essentials
_Rezensionen
personalquarterly 03 / 13
W
ennMitarbeiter das Unternehmen verlassen, neh-
men sie ihre individuelle Expertise und Arbeits-
erfahrung mit. Inwiefern schadet es eigentlich
dem Unternehmen, wenn Mitarbeiter kündigen?
Einige Studien finden, dass sich Mitarbeiterfluktuation ne-
gativ auf den Unternehmenserfolg auswirkt, andere finden
keinen oder sogar einen positiven Effekt. Die Autoren klären
diese widersprüchlichen Befunde mit ihrer aktuellen Meta­
analyse mit einer Gesamtstichprobe von über 300.000 Mitar-
beitern. Grundsätzlich zeigt sich ein negativer Zusammenhang
zwischen Mitarbeiterfluktuation und Unternehmens­erfolg.
Wenn Mitarbeiter kündigen, ist dies also tendenziell schädlich
für das Unternehmen. Dieser Effekt fällt aber relativ gering
aus und tritt nur auf, wenn es sich um freiwillige Kündigungen
Fluktuation schadet dem
Unternehmenserfolg
Tae-Youn Park
(Vanderbilt University) &
Jason D. Shaw
(University of Minnesota): „Turnover rates and organizational
performance: A meta-analysis“. Journal of Applied Psychology,
98 (2013), 268-309.
von Mitarbeiterseite handelt, wobei einschränkend die sehr
geringe Anzahl der verfügbaren Studien zu den Auswirkungen
unfreiwilliger Kündigungen erwähnt sei. Außerdem fiel der
negative Effekt in den USA stärker aus als in europäischen
Studien. Die Autoren argumentieren, dass viele Unternehmen
in einer Wettbewerbssituation mit überwiegend festen Kosten-
strukturen agieren und versuchen, den Unternehmenserfolg
(und -gewinn) durch Optimierung in Bereichen wie etwa der
Qualität des eigenen Personals zu erzielen. Unter diesen Um-
ständen können schon kleine Einbußen in der Mitarbeiter-
produktivität, die bei Mitarbeiterfluktuation entstehen, über
Gewinn oder Verlust des Unternehmens entscheiden. Unter-
nehmen sollten die eigene Mitarbeiterfluktuation im Blick
haben und sich bewusst machen, dass hier ein Risikofaktor
für die eigene Workforce und den finanziellen Unternehmens­
erfolg liegt. Branchen-, länder- und situationsübergreifend
zeigen die Ergebnisse, dass eine geringere Mitarbeiterfluk-
tuation besser für das Unternehmen ist. Die strategische Un-
ternehmensausrichtung sollte dies aktiv berücksichtigen und
Maßnahmen anstreben, um die eigenen Mitarbeiter zu halten.
Besprochen von
Dr. rer. Nat. Nale Lehmann-Willenbrock,
Vrije
Universiteit Amsterdam, Department of Social and Organizatio-
nal Psychology
J
e besser die wahrgenommene Beziehung zwischen Füh-
rungskraft und Mitarbeiter, desto eher fühlt sich letzterer
zu einer positiven Arbeitseinstellung und guter Leistung
verpflichtet. Unklar ist bisher, welche Rolle der Teamkon-
text dabei spielt. Hu und Liden argumentieren, dass Mitar-
beiter durch tägliche Interaktion, informelle Gespräche und
gemeinsame Erfahrungen im Team die eigene Beziehung
zur Führungskraft mit der Beziehung der Kollegen zur Füh-
rungskraft vergleichen. So könnte die eigene Beziehung zur
Führungskraft durch die Beziehung ihrer Kollegen zu dieser
Führungskraft geprägt werden. Die Autoren haben 35 Teams
bei einem Getränkehersteller untersucht.
Kollegen prägen den
Bezug zum Vorgesetzten
Jia Hu
(University of Notre Dame) &
Robert C. Liden
(University
of Illinois, Chicago): „Relative leader-member exchange within
team contexts: How and when social comparison impacts indivi-
dual effectiveness“. Personnel Psychology, 66 (2013), 127-172.
Das Ergebnis: Die positiven Effekte einer guten Mitarbeiter-
Führungskraft-Beziehung auf die Arbeitseinstellung und Mitar-
beiterleistung hängen davon ab, wie Mitarbeiter ihre Beziehung
zur Führungskraft im Vergleich zur Beziehung "Teamkollegen-
Führungskraft" sehen. Vermittelnder Faktor ist das Ausmaß,
in dem Mitarbeiter auf die eigenen Fähigkeiten bei der Bewälti-
gung von Aufgaben vertrauen: individuelle Selbstwirksamkeit.
Diese ist bei einer positiven Beziehung zur Führungskraft stär-
ker und fördert die Mitarbeiterleistung.
Die Implikationen für die Praxis: Führungskräfte sollten da-
rauf achten, soziale Vergleichsprozesse im Team zu reduzieren.
Führungskräfte können gemeinsame Herausforderungen und
Ziele im Team betonen, den Zusammenhalt stärken und ein
Klima der gegenseitigen Unterstützung und Hilfsbereitschaft
fördern, statt Einzelne zu bevorzugen. Auch gezielte Teament-
wicklung kann helfen, soziale Vergleiche zu reduzieren und
stattdessen die Selbstwirksamkeit und letztlich die Leistung
aller Teammitglieder zu erhöhen.
Besprochen von
Dr. rer. Nat. Nale Lehmann-Willenbrock,
Vrije
Universiteit Amsterdam, Department of Social and Organizatio-
nal Psychology