Seite 51 - PERSONALquarterly_2013_03

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6.400 Teilnehmer aus acht unterschiedlichen Alterskategorien
ausgewählt wurden. Die Ergebnisse unterstreichen die be-
kannten positivenWirkungen über alle Altersgruppen hinweg,
sowohl von Förderungs- als auch Präventionsmaßnahmen auf
das subjektive Wohlbefinden. Gleichzeitig zeigen sich die un-
terstellten Veränderungen des Zusammenhangs zwischen Per-
sonalmaßnahmen und Wohlbefinden mit zunehmendem Alter.
Der Zusammenhang zwischen Fördermaßnahmen undWohl-
befinden ist demnach bei jüngeren Arbeitnehmern stärker und
zwischen Präventionsmaßnahmen und Wohlbefinden schwä-
cher als bei älteren Arbeitnehmern. Auch zeigt sich, dass der
positive Zusammenhang zwischen Fördermaßnahmen und der
eigenen, subjektiven Leistung bei älteren Arbeitnehmern stär-
ker ist als bei jüngeren Arbeitnehmern.
Die Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass Personalmaßnah-
men nicht „generell“ positive Effekte für die Beschäftigten und
die Organisation entfalten, im Sinne eines „one size fits all“-
Prinzips. Vielmehr verändert sich die Wichtigkeit von Förder-
und Präventionsmaßnahmen mit dem Alter der Beschäftigten,
ähnlich wie sich auch die Bedürfnisse und Erwartungen an
die Arbeit mit zunehmendem Alter ändern. Dies ist vor dem
Hintergrund des demografischen Wandels für Organisationen
von besonderer Bedeutung, um künftig die Personalmaßnah-
men einer sich ändernden Altersstruktur anzupassen und den
Bedürfnissen der Belegschaft in Zukunft gerecht zu werden.
Besprochen von
Marius Wehner,
International Business,
Universität Paderborn
B
eurteilungen durch Vorgesetzte sind ein verbreitetes
Mittel, Mitarbeitern Informationen über ihre Leis­
tung mitzuteilen und zu motivieren. Oft verfügen
Beurteilungen über Anreizcharakter: Sie können Be-
förderungsentscheidungen beeinflussen und auch direkten
Lohnbezug haben. Studien zeigen, dass Vorgesetzte dazu nei-
gen, eher nachsichtig bei der Beurteilung ihrer Mitarbeiter zu
sein. Das untere Spektrum einer Beurteilungsskala wird selten
ausgenutzt und zwischen Top- und Low-Performern wird oft
nicht hinreichend unterschieden. Diese „Verzerrungen“ in den
Beurteilungen können dazu führen, dass sich ihre Anreizeffekte
abschwächen. Einige Unternehmen haben daher sog. „Forced
Distribution“-Systeme etabliert, die Vorgesetzte verpflichten, die
Skala voll auszuschöpfen, um zwischen ihren Mitarbeitern zu
differenzieren.
Die Studie der Autoren hat die Folgen von Beurteilungssyste-
men mit Forced Distribution untersucht: Versuchsteilnehmer
wurden in Vierer-Gruppen eingeteilt. Zufällig übernahm ein
Proband die Vorgesetzten-, die anderen die Mitarbeiterolle. Die
Aufgabe der Mitarbeiter war es, einen abstrakten Arbeitsauf-
trag zu erfüllen. Der Vorgesetzte konnte die Arbeitsleistung
Leistungsbeurteilung
erhöht Produktivität
Johannes Berger
(Universität zu Köln),
Christine Harbring
(RWTH Aachen) &
Dirk Sliwka
(Universität zu Köln): „Perfor-
mance Appraisals and the Impact of Forced Distribution – An
Experimental Investigation“. Management Science, Vol. 59, Nr.
1, January 2013, pp. 54–68.
jedes Mitarbeiters beobachten. Die Arbeitsergebnisse aller
Mitarbeiter bestimmten den Lohn des Vorgesetzten. Die Löhne
der Mitarbeiter wurden durch die Beurteilung des Vorgesetz-
ten determiniert, der die Leistung auf einer Notenskala von
1-5 beurteilte. Die Bewertung „1“ führte zu einer Bezahlung
von 10 EUR, „5“ führte zu keiner Entlohnung. In der ersten
Versuchsanordnung war es dem Vorgesetzen freigestellt, wie
häufig er welche Note vergab. In der zweiten Anordnung war
der Vorgesetzte gezwungen, jede Note nur einmal zu vergeben.
Die Mitarbeiter wurden vor Arbeitsbeginn darüber informiert,
nach welchen Vorgaben der Vorgesetzte sie beurteilte.
In der ersten Anordnung wurden die bekannten Verzer-
rungen beobachtet: Die Vorgesetzten waren nachsichtig in ih-
ren Beurteilungen, differenzierten selten zwischen Top- und
Low-Performern. Die Mitarbeiter erhielten häufig die bestmög-
liche Bewertung und damit den höchsten Bonus. Im Vergleich
waren die Probanden in der zweiten Anordnung jedoch im
Schnitt 6-12 % produktiver. Forced Distribution führte hier zu
deutlich stärkeren Leistungsanreizen. In einer Kontrollunter-
suchung hatten die Mitarbeiter zusätzlich die Möglichkeit, ihre
zwei anderen Kollegen zu sabotieren, indem sie deren Arbeits-
prozess über eine Computerverbindung stören konnten. Unter
der Forced Distribution ging die Produktivität nun deutlich
zurück. UmVerzerrungen in subjektiven Beurteilungen zu ent-
gegnen, können Forced Distributions also hilfreich sein. Als
Haupttreiber des Produktivitätsanstiegs kann der gesteigerte
Wettbewerb zwischen den Mitarbeitern betrachtet werden.
Aber: Als Nebeneffekt können Konkurrenzdruck und un­
ethische Verhaltensweisen entstehen.
Besprochen von
Julian Conrads,
Seminar für ABWL, Unterneh-
mensentwicklung und Wirtschaftsethik, Universität zu Köln