Seite 35 - PERSONALquarterly_2013_03

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zu, 7 = stimme sehr stark zu) als auch zu ihrer subjektiven Ein­
schätzung der Unternehmensleistung befragt. Die Informatio­
nen zu den alterssensiblen Personalmanagementmaßnahmen
wurden von den jeweiligen führenden Personalmanagern jedes
Unternehmens erhoben (drei Fragen insgesamt; Beispielfrage:
„Unser Unternehmen finanziert Seminare undWorkshops zum
Thema Diversität“, 1=stimme gar nicht zu, 7 = stimme sehr
stark zu).
Wie in der ersten Studie wurden Strukturgleichungsmodelle
zur Untersuchung der Fragestellungen verwendet. Als erstes
wichtiges Ergebnis konnten die Resultate aus der vorherigen
Studie auch in diesem neuen Datensatz wiederholt werden.
Altersdiversität hing wiederum positiv mit dem Altersdiskri­
minierungsklima in Unternehmen zusammen, was in der Folge
negative Konsequenzen für die Gesamtunternehmensleistung
hatte.
Altersdiversität schmälert die unternehmerische Leistung
Wir konnten also in beiden Studien zeigen, dass Altersdiver­
sität einen negativen Zusammenhang mit der Gesamtunter­
nehmensleistung hat. Die Ergebnisse aus der ersten Studie
scheinen somit nicht nur zufällig oder aufgrund der spezi­
fischen Zusammensetzung der Unternehmensstichprobe zu­
stande gekommen zu sein, sondern Altersdiversität scheint
wirklich schwerwiegende Auswirkungen auf die Gesamtunter­
nehmensleistung zu haben.
Als zweites wichtiges Ergebnis konntenwir auch diemoderie­
rende Rolle der beiden Rahmenbedingungen nachweisen. Un­
ter der Bedingung von starken Altersvorurteilen der obersten
Führungskräfte war der negative und indirekte Zusammen­
hang zwischen Altersdiversität und Unternehmensleistung
besonders stark ausgeprägt, wohingegen niedrige Altersvorur­
teile zumindest für einen nicht statistisch bedeutsamen Effekt
sorgen. Für die diversitätsfreundlichen Personalmanagement­
maßnahmen ist der Kontexteffekt genau umgekehrt.
Eine starke Ausprägung dieser Maßnahmen in Unterneh­
men führt dazu, dass zumindest kein negativer statistisch
bedeutsamer Zusammenhang zwischen Altersdiversität und
Unternehmensleistung entsteht, wohingegen eine niedrige
Ausprägung den negativen Zusammenhang zwischen Alters­
diversität und Unternehmensleistung noch verstärkt.
Fazit und wichtigste Empfehlungen für die Praxis
Die Ergebnisse der beiden Studien machen vor allem eins
deutlich: Steigende Altersdiversität ist eine zentrale Heraus­
forderung für viele Unternehmen. Entgegen der häufig in der
praktischen Diskussion vertretenen Meinung, dass Altersviel­
falt schon alleine zu besseren Ergebnissen in Teams und Un­
ternehmen führt, macht unsere Studie deutlich, dass dies nicht
der Fall ist. Altersdiversität muss nach den Studienergebnissen
vielmehr aktiv gemanagt werden, um negative Leistungsaus­
wirkungen nicht nur für Teams, sondern für das ganze Unter­
nehmen zu verhindern.
Eine zentrale Rolle kommt hierbei den Einstellungen und
dem Handeln des Top-Managements und der Ausrichtung des
Personalmanagements zu. Unternehmen sollten deshalb als
ersten wichtigen Punkt ihre Top-Führungskräfte dafür sensi­
bilisieren, welche zentrale Rolle ihnen für das Management
von Altersdiversität im demographischen Wandel zukommt. In
Workshops und Trainingsmaßnahmen sollten sie dazu angeregt
werden, ihre Altersbilder zu reflektieren und sich auch darüber
bewusst zu werden, welche Auswirkungen ihr altersbezogenes
Verhalten (z. B. zentrale Rekrutierungsentscheidungen, Füh­
rung und Kommunikation mit ihren Mitarbeitenden) für Al­
tersdiskriminierungsprozesse im ganzen Unternehmen haben
kann. Wenn die Führungskräfte ihre Altersvorurteile reduzie­
ren und diese auch nicht in ihrem Führungsverhalten zeigen,
kann es zumindest gelingen, keine negativen Leistungsimpli­
kationen von Altersdiversität zu haben.
Ebenso sollten Unternehmen darauf achten, dass ihre Per­
sonalmanagementpraktiken auf eine zunehmend vielfältigere
Belegschaft ausgerichtet werden. Allen Mitarbeitern, und ins­
besondere Führungskräften, sollte die Möglichkeit gegeben
werden, an Workshops und Schulungen teilzunehmen, die den
richtigen Umgang mit Diversität in der Unternehmenspraxis
aufzeigen. Diese Maßnahmen dürften nicht nur zu einem po­
sitiven Effekt für den Zusammenhang zwischen Altersvielfalt
und Unternehmensleistung führen, wie wir in unserer Stu­
die gezeigt haben, sondern dürften auch für die Produktivität
für andere unternehmensweite Diversitätsdimensionen, wie
Geschlecht oder kultureller Hintergrund, eine zentrale Rolle
spielen.
Über die konkreten Ergebnisse der beiden Studien hinaus
ist zu vermuten, dass es noch weitere organisationale Rahmen­
bedingungen geben dürfte, die den Zusammenhang zwischen
Altersvielfalt und Unternehmensleistung positiv beeinflussen
können.
Es steht zu vermuten, dass Personalmanagementmaßnah­
men, die nicht nur auf generelle Vielfalt, sondern konkret auf
Altersvielfalt in Unternehmen abgestimmt sind, noch wirk­
samer sein könnten. Solche alterssensiblen Personalmanage­
mentmaßnahmen können beinhalten: z. B. Karrieresysteme,
die auf alle Altersgruppen abgestimmt sind, Fortbildungs­
maßnahmen für alle Altersgruppen, Rekrutierung von allen
Altersgruppen und auch ein Ergonomie- und Gesundheitsma­
nagement, das auf alle Altersgruppen abgestimmt ist (Arm­
strong-Stassen/Templer, 2005; Goebel/Zwick, 2010).
Zukünftige Studien werden zeigen, ob es mit solchen alters­
sensiblen Maßnahmen sogar möglich ist, nicht nur die nega­
tiven Leistungsauswirkungen von Altersvielfalt auszugleichen,
sondern eventuell auch positive Leistungsgewinne durch eine
altersgemischte Belegschaft zu erreichen.