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SCHWERPUNKT
_CHANCENGLEICHHEIT
ter einer öffentlichen Einrichtung zu Karriereperspektiven von
Teilzeitmitarbeitern. Die Befragten äußerten häufig, dass Teil-
zeitmitarbeiter aus ihrer Sicht ein niedrigeres „Commitment“
zum Unternehmen zeigen und sich daher erst gar nicht auf
höhere Stellen bewerben sollten. Dies bringt eine geringere Ak-
zeptanz von Teilzeitkräften als Führungskraft zum Ausdruck,
welche die Beförderungswahrscheinlichkeit reduzieren mag.
Zudem ist es denkbar, dass ein Teil der in Teilzeit arbeitenden
Frauen auch weniger ausgeprägte Karriereambitionen hat,
beispielsweise aufgrund von Befürchtungen der gestiegenen
Verantwortung und gleichzeitig den familiären Zielen auf einer
höheren Position weniger gerecht werden zu können. All die-
se Argumente könnten also schwächere Karrierechancen von
Teilzeitarbeitenden begründen.
Es gibt jedoch auch mögliche gegenläufige Effekte. So ist es
durchaus denkbar, dass Teilzeitarbeitende in ihrer kürzeren
Präsenzzeit produktiver sind als Vollzeitarbeitende, da bei-
spielsweise Leerlaufzeiten, Pausen und Ermüdungserschei-
nungen weniger häufig auftreten. Nimmt beispielsweise die
Leistung mit der Anzahl der wöchentlichen Arbeitsstunden
ab, so muss die Durchschnittsproduktivität pro Zeiteinheit bei
Teilzeitarbeitenden höher sein und könnte damit auch einen
positiven Effekt auf die Karriere rechtfertigen.
Welche dieser Effekte überwiegen und wie stark die Unter-
schiede beispielsweise in Beförderungswahrscheinlichkeiten
sind, kann letztlich nur empirisch geklärt werden. Eine kana-
dische Studie von Zeytinoglu and Cooke (2008) konnte bereits
einen signifikant negativen Zusammenhang zwischen Teil-
zeitarbeit und Beförderungswahrscheinlichkeit nachweisen.
In unserer Studie wird der Zusammenhang für Deutschland
untersucht, wobei hier insbesondere ein Fokus auf die Wir-
kung unterschiedlicher Arbeitszeiten gelegt werden soll. Folgt
man der Argumentation der Humankapitaltheorie, sollte mit
niedriger anteiliger Arbeitszeit ein Sinken der Beförderungs-
wahrscheinlichkeit einhergehen. Ist der Humankapitalaufbau
proportional zur geleisteten Arbeitszeit, so sollte aus dieser
Perspektive die Beförderungswahrscheinlichkeit annähernd
linear sinken. Eine Teilzeitkraft mit 80 % der Arbeitszeit einer
Vollzeitkraft sollte dann aber keine so starken Einbußen hin-
nehmen müssen wie eine 50 %-Kraft. Wird Teilzeitarbeit jedoch
direkt benachteiligt, so könnte schon die Reduktion auf 80 %
spürbare Karrierenachteile mit sich bringen.
Wie sich Teilzeit entwickelt hat
Betrachtet man die Entwicklung der Teilzeitarbeit zwischen
1992 bis 2011, so zeigt sich ein deutlicher Anstieg der Nutzung
von Teilzeit und zudem ein Anstieg der gesamten Erwerbsbetei-
ligung von Frauen. Jedoch zeigt sich auch, dass die wachsende
Bedeutung der Teilzeit in der ersten Zeit nach der Einführung
des Teilzeit- und Befristungsgesetzes bis etwa 2007 mit einem
Rückgang von Beschäftigungsverhältnissen in Vollzeit einher-
ging. Erst seit 2007 steigt der Anteil der erwerbstätigen Frauen
in Vollzeitarbeitsverhältnissen wieder an.
Interessant ist auch eine Analyse der Verbreitung der Teil-
zeitarbeit getrennt nach der Art der Tätigkeit. Es wird deutlich,
dass Teilzeitarbeit auf qualifizierteren Positionen immer noch
vergleichsweise wenig verbreitet ist. Bei den einfachen Tätig-
keiten bewegt sich der Anteil der Teilzeitarbeitnehmerinnen
um etwa 50 %; auf der nächsthöheren Ebene sind es rund zehn
Prozentpunkte weniger. Dennoch ist eine Zunahme der Bedeu-
tung von Teilzeitarbeit auf dieser Ebene gut erkennbar. Dagegen
ist ein Trend zur Teilzeitarbeit bei Arbeitnehmerinnen mit einer
hoch qualifizierten Tätigkeit und mit umfassenden Führungs-
aufgaben weniger deutlich. Festzuhalten bleibt an dieser Stelle
also, dass der Anstieg der Teilzeitarbeit bisher vor allem auf
Positionen ohne Führungsverantwortung stattgefunden hat.
Teilzeitarbeit – Kein Weg zurück in Vollzeit?
Nun soll
die Persistenz des Wechsels in Teilzeit untersucht
werden. Denn gerade um die Karrierekonsequenzen von Teil-
zeitarbeit besser zu verstehen, ist es wichtig zu untersuchen,
ob und wie häufig Frauen in Vollzeitarbeitsverhältnisse zu-
rückkehren bzw. ob sie freiwillig oder unfreiwillig in Teilzeit-
arbeitsverhältnissen verharren. Der Anteil derjenigen Frauen,
die einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen und im Folgejahr in
eine Vollzeitstelle wechseln, liegt im Durchschnitt bei lediglich
9 % für den Zeitraum zwischen dem Jahr 2000 und 2011. Zu-
sätzliche Analysen zeigen, dass zwar etwa 27,6 % der teilzeit-
beschäftigten Frauen allgemein ihre vertragliche Arbeitszeit
innerhalb eines Jahres erhöhen, die durchschnittliche Erhö-
hung dann aber nur 11,2 Prozentpunkte einer Vollzeitstelle
beträgt (also etwa 4,54 Stunden). Teilzeit entfaltet also wirklich
einen „Klebeeffekt“. Diese Beobachtung impliziert nun unmit-
telbar die Frage, ob Frauen freiwillig in ihrer Teilzeittätigkeit
bleiben. Denn wie beschrieben, ist zwar das Recht auf Teilzeit-
arbeit gesetzlich verankert, für den umgekehrten Weg zurück
in die Vollzeitarbeit besteht jedoch kein Rechtsanspruch.
Wie schon Wanger (2011) auch anhand von Daten des Sozio­
ökonomischen Panels für das Jahr 2009 zeigt, gibt etwa die
Hälfte der Teilzeit arbeitenden Frauen an, dass sie gerne mehr
arbeiten würden. Wir haben nun diesen Wunsch nach Erhö-
hung erneut untersucht und den tatsächlichen Erhöhungen
gegenübergestellt. Für den betrachteten Zeitraum von 2000 bis
2011 liegt der Anteil der weiblichen Arbeitnehmer in Teilzeit,
die ihre vertraglich vereinbarte Wochenarbeitszeit erhöhen
möchten, bei 35,4 % in der von uns betrachteten Stichprobe.
Diesem Wunsch gegenüber steht der Anteil der
Arbeitneh-
merinnen in Teilzeit, die einen Wunsch nach Erhöhung der
Arbeitszeit im Vorjahr genannt hatten, diesen Wunsch aber
nach einer Arbeitszeiterhöhung im Folgejahr nicht umsetzen
konnten. Dieser durchschnittliche Anteil liegt für den betrach-
teten Zeitraum bei rund 60 %. Nur ein Teil des „Klebeeffekts“